"Engel der Kulturen" rollt durch die Stadt
Der „Engel der Kulturen“ rollte am Samstag, begleitet von den Stadtradlern auf ihrer abschließenden Tour, durch die Doppelstadt. Zum Abschluss der Kunstaktion wurde eine Intarsie im Boden verlegt.
„Wir leben in einer Welt. Wir lassen einander zu und geben uns gegenseitig Raum zur Entfaltung. Mitmenschlichkeit und Achtung vor der Schöpfung prägen die von allen gebildete Mitte. Wir sind einander verbunden und werden nur gemeinsam und friedlich die Zukunft gestalten können.“ Diesen Grundsätzen und Werten fühlt sich das Kunstprojekt „Engel der Kulturen“ der bildenden Künstler Gregor Merten und Carmen Dietrich verpflichtet. Die Aktion soll die interkulturelle Begegnung fördern und ein klares Signal gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rechtsextremismus und Fundamentalismus setzen.
Die beiden Künstler legen Wert darauf, dass sie nicht alleine die Skulptur verlegen, sondern stets unter der Teilnahme und Mithilfe der Bevölkerung. Neben Erwachsenen nahmen auffällig viele Kinder teil, was bei der Aktion ausdrücklich erwünscht ist. Zahlreiche Religionsgemeinschaften, Schulen und Vereine der Doppelstadt leisteten mit Gedichten, Liedern, Predigten, Vorträgen, Videos oder Aktionen ihren Beitrag zu einem gelungenen Nachmittag.
„Wir leben in Mörfelden-Walldorf friedlich und tolerant miteinander“, so Bürgermeister Heinz-Peter Becker (SPD) beim Auftakt in Mörfelden. Becker enthüllte am dortigen Alten Rathaus einen „Engel der Kulturen“ als Wandobjekt. Die Kunstaktion symbolisiert das friedliche Miteinander der drei großen abrahamitischen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam in einer kreisförmigen Skulptur mit Davidstern, Kreuz und Mondsichel.
Starke Symbolik
„Wer eines der drei Symbole beschädigen oder entfernen will, der beschädigt die gesamte Skulptur“, wies Merten auf eine starke Symbolik hin. Engel kennen übrigens alle drei Religionen. Mertens Ehefrau Carmen Dietrich betonte in ihrer Ansprache: „Der Engel der Kulturen appelliert an die gemeinsame Verantwortung der Menschen für ein friedliches Miteinander.“ Sie betonte, dass gerade heute, wo Rassismus, Antisemitismus, Rechtsextremismus und Fundamentalismus wieder zugenommen hätten, der „Engel der Kulturen“ noch zusätzlich an Bedeutung gewonnen habe. Die drei religiösen Symbole wurden, eingefasst in ein Rad aus Edelstahl, vom Alten Rathaus in Mörfelden bis zum Bahnhof Walldorf durch die Stadt gerollt.
Die Engels-Skulptur wurde an jeder Station als Symbol hinterlassen – entweder als temporärer Sandabdruck oder mit Kreide auf die Straße gemalt. An allen sieben Stationen half die Bevölkerung fleißig mit. „Respekt und Achtung vor dem Anderen sind das Wichtigste in einer Gesellschaft“, betonte Bürgermeister Becker über das Symbol. Im Rahmen des sehr gut besuchten Abschlussfestes am Bahnhof Walldorf endete die bewegende Veranstaltung mit mehreren Höhepunkten. Diverse Religionsvertreter sprachen ein multireligiöses Friedensgebet. Die in Köln für Mörfelden-Walldorf angefertigte Engels-Skulptur – in der Domstadt hatte die Aktion zuvor Station gemacht – wurde auf dem Bahnhofsvorplatz in Walldorf als Intarsie im Boden verlegt. Als letzter Programmpunkt wurde ein neues Kunstwerk für Wuppertal angefertigt, der nächsten Station der Aktion. Die beim Ausbrennen jeder Skulptur entstehenden Formen werden in einer Säule aufgeschichtet, die 2020 in Jerusalem aufgestellt werden soll.
Ausklang Stadtradeln
Im Rahmen des „Engels der Kulturen“ machten die Stadtradler am letzten Tag des diesjährigen Stadtradelns ihre letzte Radtour. Um 13 Uhr war auf dem Dalles in Mörfelden das Auto von „Stadtradelstar“ Thomas Otterbein, der in den letzten drei Wochen mehr als 1000 Kilometer geradelt ist, symbolisch wieder „ausgemottet“ worden. „Sowohl die sportlichen Herausforderungen, aber auch die gemütlichen Touren mit Kindern, haben großen Spaß gemacht“, so Otterbein, der ein großes Pensum absolvierte. In den vergangenen drei Wochen sind in der Doppelstadt 732 Radler fast 150.000 Kilometer gefahren, womit sich Norman Krieg, der lokale Koordinator des Stadtradelns, sehr zufrieden zeigte. Einer der Stadtradler von 2018 war Georg („Geo“) Schöneberger, der „Stadtradelstar“ von 2017. Nach 1900 Kilometern im Vorjahr schaffte der 73-Jährige nun 1500 Kilometer, alles ohne E-Bike., und verriet: „Ein Leben ohne Fahrrad ist möglich – aber sinnlos!“