Das neue Jahr bringt den Straßenbeitrag mit sich
Seit dem 1. Januar ist die umstrittene Straßenbeitragssatzung in Mörfelden-Walldorf in Kraft. Was bedeutet das für die Bürger der Doppelstadt? In dieser Zeitung werden fünf rechtliche Fragen behandelt, in der nächsten Ausgabe folgen fünf politische Fragen.
Was ist die gesetzliche Grundlage für Straßenbeiträge? Es gibt hierfür mehrere gesetzliche Grundlagen seitens Bund und Land. Die wichtigste ist für Hessen das 2013 vom Landtag verschärfte Kommunale Abgabengesetz (KAG). Kommunen sind seitdem verpflichtet, eine Straßenbeitragssatzung einzuführen. Das hat Mörfelden-Walldorf über Jahre nicht getan, was den großen Druck des Regierungspräsidiums auf die Doppelstadt im Jahr 2017 bis zur beschlossenen Einführung erklärt. Die Verschärfung des KAG wird mit der sogenannten Schuldenbremse begründet, die mit großer Mehrheit von den Wählern 2011 in die Landesverfassung in einer Volksabstimmung aufgenommen wurde.
Es ist unwahrscheinlich, dass der Landtag das KAG vor der Wahl im Herbst 2018 ändern wird. Nach der Wahl ist das aber nicht ausgeschlossen, denn die Straßenbeiträge sind bereits Wahlkampfthema.
Welche Straßenbeiträge kommen 2018 auf die Bürger zu? Voraussichtlich keine. Beitragspflichtige Investitionen – hierunter fallen beispielsweise grundhafte Sanierungen von Straßen – sind derzeit in Mörfelden-Walldorf weder beschlossen noch geplant. Laut Bürgermeister Heinz-Peter Becker (SPD) gilt das auch für die nächsten Jahre. Zudem muss die Stadtverwaltung noch Details der Satzung ausarbeiten, besonders die komplizierten Abrechnungsgrundlagen. Die Satzung könnte daher im Moment noch gar nicht angewendet werden. Für die Jahre 2018 und 2019 sind jeweils 500 000 Euro zur Instandhaltung von Straßen in den Haushalt eingestellt.
Grundhafte Sanierungen von Straßen sollen so möglichst vermieden oder wenigstens länger hinauszögert werden. Regelmäßig anfallende Reparaturen an Straßen – wie das Ausbessern von Schlaglöchern – oder Kanalsanierungen fallen nicht unter die Satzung. Allgemein gilt: Die Instandhaltung der Straßen ist nicht beitragspflichtig, sondern nur umfassende Investitionen.
Müssen „wiederkehrende“ Beiträge jährlich bezahlt werden? Nein. Der Begriff „wiederkehrend“ legt eine Beitragspflicht pro Monat, Quartal oder Jahr nahe. Genau das ist aber nicht der Fall. Zunächst muss eine beitragspflichtige Investition durchgeführt werden, die von der Stadtverwaltung abgerechnet werden kann. Erst dann können Beitragsbescheide an die Bürger versendet werden.
Das Wort „wiederkehrend“ meint, dass in einem Abrechnungsgebiet „Beitragsfälle“ wiederkehren können. Bei diesem Modell wird die Stadt in Abrechnungsgebiete eingeteilt. Haus- und Grundbesitzer müssen für beitragspflichtige Investitionen in „ihrem“ Gebiet bezahlen. Das andere Modell ist die „einmalige“ Straßenbeitragssatzung. Hier müssen nur die unmittelbaren Straßenanlieger mit Grundbesitz für „ihre“ Straße bei einer beitragspflichtigen Investition aufkommen. Dieses Modell erfordert kaum Verwaltungsaufwand. Es ist jedoch unsozial, hier können echte Härtefälle entstehen.
Daher entschied sich Mörfelden-Walldorf für das System „wiederkehrender“ Beiträge. Dieses sei solidarischer, da sich die zu zahlenden Beiträge auf wesentlich mehr Köpfe verteilen und dadurch pro Person viel niedriger ausfallen.
Sind Straßenbeiträge verfassungskonform? Straßen und Bürgersteige werden von allen Bürgern genutzt, ob nun als Fußgänger, Auto- oder Fahrradfahrer oder Fahrgast in einem Bus. Das legt den logischen Schluss nahe, Straßen nur aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu bezahlen. Doch das Bundesverfassungsgericht hat Straßenbeiträge für Haus- und Grundstückseigentümer 2014 ausdrücklich für zulässig erklärt. Eine wesentliche rechtliche Grundlage für diese Entscheidung war der Artikel 14, Absatz 2 des Grundgesetzes: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
Wie werden die Beiträge ermittelt? Die Beiträge bemessen sich nach Fläche, Nutzung und Bebaubarkeit des Grundstücks. Im Allgemeinen stimmt daher die Gleichung: Je höher der Grundstückswert, umso mehr Straßenbeiträge müssen im Beitragsfall vom Grundstücksbesitzer bezahlt werden. Straßenbeiträge dürfen von Vermietern im Gegensatz zur Grundsteuer B nicht auf die Mieter umgelegt werden.