Wut über DHL: Tausende Briefe mit Geld verschwunden

Mehrere Briefe mit Geld, die in Nauheim über DHL verschickt wurden, kamen nie an. Anstatt die Gründe dafür zu erklären, revanchiert sich die Post mit Briefmarken.
Nauheim - Die Nauheimerin Karola Heil ist nicht die einzige, die sich darüber beklagt, dass mit DHL verschicktes Geld nicht ankommt. Inzwischen haben sich weitere Personen gemeldet, die von einem Betrugsfall mit 2000 bis 3000 verschwundenen Briefen betroffen sein könnten. Andere nehmen die Post in Schutz.
Ärger mit DHL: Geld-Geschenk im Brief komm nicht an – Kundin sauer
Karola Heil hatte Mitte Oktober in der Nauheimer DHL-Filiale ein Einschreiben mit 80 Euro und einen Brief mit 20 Euro aufgegeben. Das Geld habe nie die Adressaten erreicht, berichtete sie im Oktober nach ihrer Anzeige. Von der Polizei erfuhr sie, dass ein mutmaßlicher Diebstahl mit einem laufenden Strafverfahren zusammenhängen könnte, bei dem es um 3000, nicht nur in Nauheim verschwundene Briefe gehe. Eine Sammelklage sei am Laufen.
Ellen Scheer aus Schlangenbad hat im Internet davon gelesen. Sie lebte mit ihrem Mann viele Jahre in Nauheim, berichtet sie. Noch immer seien sie Kunden der Volksbank Darmstadt-Südhessen, die in Nauheim eine Filiale betreibt. Jahrelang sei es kein Problem gewesen, dorthin wichtige Briefe und Unterlagen zu schicken. Vor rund drei Jahren sei allerdings erstmals ein Brief mit Überweisungen nicht angekommen.
Nauheim: Kunden bekommen nach DHL-Ärger Briefmarken zur Wiedergutmachung
Nachforschung bei der Post hätten nichts ergeben - „außer als Wiedergutmachung ein paar Briefmarken“. Im Januar 2018 habe ein Brief aus Schlangenbad, adressiert an die Nauheimer Voba-Filiale, beschädigt im Briefkasten der Familie Scheer gelegen. Unter der angegebenen Adresse sei der Empfänger nicht erreichbar, lautete ein Vermerk auf dem Briefumschlag. Im September 2019 sei erneut ein Brief mit Überweisungen in Nauheim nicht angekommen. Der bislang letzte Fall sei im Juni 2020 passiert. Ihre erneute Beschwerde bei DHL habe sie auch an die Bundesnetzagentur gerichtet. „Nach wochenlanger, angeblicher Suche erhielt ich am 24. Juli die übliche Entschuldigung“, berichtet Scheer. Weil ihr „außer Ärger kein Schaden entstanden“ sei, habe sie von einer Anzeige abgesehen.
Rosemarie Pitzen aus Nauheim erfuhr nach dem Tod ihres Mannes Anfang Oktober, dass eine Freundin aus Mainz-Bretzenheim mit dem Kondolenzbrief Geld für die Grabpflege geschickt habe. „Die Trauerkarte mit 30 Euro ist nie angekommen“, erzählt sie. Nach aufreibenden Versuchen, den Verlust telefonisch bei den DHL-Servicestellen zu melden, habe sie aufgegeben. „Da ist kein Durchkommen. Nach dem Todesfall hatte ich Wichtigeres zu tun, aber für meine Freundin tut es mir leid“, sagt sie.
Nach Ärger in Nauheim: Nicht alle DHL-Kunden haben Kritik
Über Facebook kommentierte der Grünen-Gemeindevertreter Marco Müller, dass nach seinen Erfahrungen ankomme, was er bei der Post aufgebe. Zufrieden mit DHL äußern sich Bernd Schwenger („Die Post ist deutlich besser als ihr Ruf“) und Gemeindebrandinspektor Christian Hartmann, der „fast täglich geschäftliche Post“ über die örtliche DHL-Poststelle im Einkaufszentrum Wolfsberg verschicke. Der frühere Vorsitzende des Musikförderkreises, Andreas Gafke, berichtet hingegen von einem im Juni aufgegebenen Brief mit einem Geldgeschenk. Der zerrissene Brief sei kürzlich mit dem Hinweis auf polizeiliche Ermittlungen zugestellt worden - ohne Geld.
Björk Eimer informiert auf Facebook über drei Glückwunsch- und Trauerkarten, die mit und ohne Geld verschickt worden seien und die „leider nicht bei dem Empfänger ankamen“.Aus seinem privaten Umfeld berichtet Siegfried Günter Steinmetz von einem nicht angekommenen Beileidsschreiben mit Geld. Absender von Briefen müssten zumindest so viel Vertrauen zur Post voraussetzen dürfen, dass ihre Briefe auch ankämen, fordert er.
Bei Karola Heil ist dieses Vertrauen beschädigt. „Bis jetzt hat sich nichts getan“, berichtet sie. Sie befürchtet, dass sie ihr Geld nicht zurückbekommt. Die DHL teilte schon im Oktober mit, dass der Versand von Bargeld in gewöhnlichen Briefen laut den Geschäftsbedingungen ausgeschlossen sei und solche Sendungen nicht versichert seien. (Rainer Beutel)