Wie Behinderteneinrichtungen mit der Corona-Krise umgehen

Behinderten-Werkstätten in Rüsselsheim und Umgebung müssen schließen. Auch in Wohnprojekten wird auf die Ausbreitung des Coronavirus reagiert.
Rüsselsheim - Auch für Menschen mit Behinderung ist die jetzige Situation schwierig. Wegen der Corona-Krise sind die Werkstätten für Behinderte (WfB) und die Einrichtung Wohnen im Inselhof besonders betroffen - und somit gerade im Stadtteil Königstädten viele Menschen mit Behinderung.
Schon relativ früh, am 19. März, entschieden die Verantwortlichen der WfB sich dafür, die drei Werkstätten, darunter auch die in Königstädten, und die Tochtergesellschaft "Solvere" zu schließen. Das Risiko der Ansteckungsgefahr sei einfach zu groß gewesen, und das Wohlbefinden der Menschen habe im Vordergrund gestanden, berichtet Pressesprecher Steffen Walther.
Rüsselsheim: Informationen in leichter Sprache
Erst einige Tage später, am 23. März, veröffentlichte die Hessische Landesregierung eine Verordnung zur Bekämpfung des Coronavirus, in der die sofortige Schließung der Werkstätten in Hessen erlassen wird. Angst und Unsicherheit habe unter den Mitarbeitern mit Behinderung geherrscht, schildert Walther die Situation. Auch stellten sich viele die Frage, warum in dieser Situation überhaupt noch gearbeitet werden sollte.
Um über Coronavirus und hygienische Maßnahmen zu informieren, gibt es eine Broschüre in leichter Sprache, die auf der WfB-Website unter www.wfb-rhein-main.de zu finden ist. Dort sind auch Maßnahmen aufgeführt, mit denen eine Ansteckung vermieden werden kann.
Auch die Bewohner der Wohnheime, das Herta-Max-Haus in Rüsselsheim und die Wohnstätte in Biebesheim, sind angehalten, vorerst nicht in die Werkstätten zu gehen. Diese Entscheidung wurde zum Schutz der Wohneinrichtungen getroffen, heißt es auf der Website. "Wir möchten die Wohnstätten nicht aufgrund eines Coronafalles komplett in Quarantäne nehmen müssen", sagt Walther. Wie lange die Werkstätten geschlossen bleiben werden, steht derzeit noch nicht fest.

Rüsselsheim: Ostermarkt fällt aus
Auch in der Wohnstätte Inselhof gelten seit gut einer Woche besondere Bedingungen. Klar ist, dass viele Veranstaltungen, zu denen Bewohner und Mitarbeiter einladen wollten, ausfallen werden. Besonders schmerzlich dürfte der Wegfall des Ostermarktes in diesem Jahr sein. Das Team der Tagesstrukturgruppe hatte in den vergangenen Monaten intensiv mit den Bewohnern an Osterdekorationen gebastelt und so manches freie Wochenende investiert, um ein vielseitiges Angebot präsentieren zu können. Doch der Osterschmuck wird bis zum nächsten Ostermarkt im kommenden Jahr warten müssen.
Auch der Alltag in der Wohnstätte verläuft anders als bisher. Die Bewohner bleiben rund um die Uhr im Inselhof, und mögliche Besucher werden gebeten, nicht zu kommen. Kirsten Thomas, die Leiterin der Wohnstätte, sagt dazu: "Bei uns leben viele hochaltrige, immungeschwächte und chronisch kranke Menschen, für die wir die Verantwortung tragen und die wir möglichst unbeschadet und gesund durch diese Zeit bringen möchten." Das Leben im Inselhof wird nun zum Inselleben.
Auch Kirsten Thomas spricht von einer kleinen Indoor-Welt. Da die Bewohner aktuell den Inselhof auch nicht zum Einkaufen verlassen sollten, gibt es an den Wochentagen von 14 bis 15 Uhr einen eigenen "Insel-Laden" im Hof, wo eingekauft werden kann. Beim Anstehen wird sogar ganz vorbildlich der Abstand eingehalten. Hierfür sind Linien mit Kreide auf den Boden gemalt.
Per sozialen Netzwerken informieren das Team des Inselhofs und der Förderverein aktuell über das Inselleben. So etwa über eine Kooperation von Förderverein und den Damen der katholischen Pfarrgruppe Nauheim/Königstädten, die Mundschutze für den sofortigen Einsatz im Inselhof genäht haben. Die ersten 100 Stück sind fertig.
Die ersten Tage auf der Insel sind nach Aussage des Inselhof-Teams normal und entspannt verlaufen - dank der gut gelaunten Bewohner hat sich dies fast ein bisschen wie Urlaub angefühlt.