Arbeitnehmervertreter üben Kritik an Stadtverwaltung
Rund 100 Besucher zählte die traditionelle Kundgebung des Rüsselsheimer DGB am gestrigen 1. Mai auf dem Löwenplatz. Dabei musste sich die Rüsselsheimer Stadtverwaltung heftige Kritik gefallen lassen.
Spart die Stadt Rüsselsheim auf Kosten ihrer Erzieherinnen und Erzieher der derzeit 24 Kindertagesstätten und damit auf Kosten der Qualität der Kinderbetreuung? Spart die Stadt lieber das Geld, statt eine frei gewordene Stelle im Erziehungswesen sofort neu zu besetzen? Nach Meinung von Patrick Butsch schon. Der Jugendobmann der Gewerkschaft Verdi bei der Stadtverwaltung kritisierte während der Kundgebung zum 1. Mai genau dieses Verhalten.
„Zählt man die offenen Stellen zusammen, fehlt jetzt schon das Personal für zwei Kindertagesstätten“, sagte Butsch, einer der Redner der traditionellen Maikundgebung auf dem Löwenplatz, die in diesem Jahr rund 100 Besucher zählte.
Hinzu komme, dass die Stadt Rüsselsheim bei angehenden Erzieherinnen und Erziehern im Jahr der Sozialassistenz monatlich nur noch 230 Euro zahle. „Doch mit so wenig Geld lockst Du keinen mehr nach Rüsselsheim. Um junge Menschen zu motivieren, muss das Geld für die Sozialassistenz dringend erhöht werden“, forderte Patrick Butsch.
Bereits im Vorfeld zur Maikundgebung hatten in der vergangenen Woche auf Einladung der Gewerkschaften städtische Mitarbeiter aus dem Erziehungswesen von nicht hinnehmbaren Zuständen in den Rüsselsheimer Kindertagesstätten berichtet. Stetig steigender Frust und zunehmende Krankmeldungen seien unter anderem der schlechten Bezahlung, der dünnen Personaldecke und einem immer schlechter werdenden Arbeitsklima geschuldet – so die Vorwürfe, die auch bei der Maikundgebung noch einmal laut wurden.
Ungerechte Löhne
Um das Geld und seine nach Meinung der Gewerkschaften meist ungerechte Verteilung ging es in der Rede von Katinka Poensgen, Gewerkschaftssekretärin bei der IG Metall. „Es gibt in unserem Land 46 Menschen, die zusammen mehr als die Hälfte des Vermögens in Deutschland besitzen“, führte sie aus. Dann schlug sie den Bogen zu Opel. Der Rüsselsheimer Autobauer war zuletzt in die Schlagzeilen geraten, weil der Vorstandschef des französischen Mutterkonzerns PSA, Carlos Tavares, von den Opelanern gefordert hatte, auf die mit der Gewerkschaft ausgehandelte Lohnerhöhung von 4,3 Prozent zu verzichten.
Brückenschlag zu Opel
„Dabei hat Herr Tavares von 2016 auf 2017 eine Gehaltserhöhung von 43 Prozent bekommen“, kritisierte die Gewerkschafterin die Steigerung des Salärs von 4,7 Millionen auf 6,7 Millionen Euro jährlich. „Selbst wenn ein Facharbeiter bei Opel ein Leben lang arbeitet, kommt er bei seinem Einkommen insgesamt auf gerade einmal 1,15 Millionen Euro“, rechnete Katinka Poensgen vor.
Um mehr soziale Gerechtigkeit ging es bei allen Maikundgebungen. Auch in Rüsselsheim forderten die weiteren Redner, darunter Bernd Schiffler, Vorsitzender des DGB-Ortsverbands Rüsselsheim, und Bernd Heyl, Vorsitzender des Kreisverbands Groß-Gerau der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), eine gerechtere Bezahlung. Sie sprachen sich gegen die Ausweitung von Minijobs und befristeten Verträgen aus.
„Die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich ist genau das, was AfD und NPD für ihre Argumentationen ausnutzen“, bekräftigte Gewerkschaftssekretärin Katinka Poensgen.
Mit Verweis auf den am 5. Mai anstehenden 200. Geburtstag von Karl Marx empfahl die Gewerkschafterin den Besuchern, wieder einmal einen Blick in eine der Schriften des Begründers des Marxismus und früheren Helden der Arbeiterbewegung zu werfen.