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Corona-Impfung: Terminvergabe wird zur Nervensache

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Viel Geduld musste das Ehepaar Bandt aufbringen, bis es einen Impftermin erhielt. Den gab es aber nicht über das Telefon, sondern über den Enkel aus Budapest und über das Internet.
Viel Geduld musste das Ehepaar Bandt aufbringen, bis es einen Impftermin erhielt. Den gab es aber nicht über das Telefon, sondern über den Enkel aus Budapest und über das Internet. © Rüdiger Koslowski

Ständig besetzt, lange Warteschleifen, Ratlosigkeit: Die Eheleute Bandt und andere müssen erst einen Telefon-Marathon mitmachen, um sich gegen Corona impfen lassen zu können.

Rüsselsheim - „Das Bemühen, einen Impftermin zu bekommen, ist mit einem Nerventest verbunden“, erzählt Wolfgang Bandt. 20 bis 25 Mal habe er am Dienstag, beim Start der Terminvergabe, die Telefonnummer (0611) 50 59 28 88 angewählt - die andere mögliche Nummer ist 116 117. Vergeblich. Kein Durchkommen.

Corona-Impfung: Kontakt aus dem Ausland hergestellt

Aber seine Frau (83 Jahre) Helma und er (85 Jahre) haben zahlreiche liebe Unterstützer in der eigenen Familie. Drei seiner sieben Enkel hätten es ebenfalls probiert, unter den vom Land angegebenen Rufnummern einen Call-Center zu erreichen, aber auch über E-Mail ihr Glück probiert. Und offensichtlich ist es hilfreich, aus dem Ausland die Terminvergabe zu kontaktieren, wenn man in Deutschland einen Impftermin erhalten will.

Denn der Enkel, der in Budapest, der Hauptstadt Ungarns, lebt und studiert, war erfolgreich. Zunächst erhielt er über den E-Mail-Verkehr eine Registriernummern, die notwendig ist, um überhaupt einen Termin zu bekommen. „Wir wussten gar nicht, dass wir eine solche Nummer brauchen“, sagt Bandt. Besser wurde es allerdings nicht.

Verbindung mit dem Call-Center erst nach etlichen Versuchen

Nach etlichen Versuchen sei er dann am Mittwoch (13.01.2021) mit dem Call-Center verbunden worden. Nach einer Warteschleife von fünf Minuten. Dabei habe sich folgender Dialog entwickelt zwischen der Terminvergabe (T) und Wolfgang Bandt (B): B: „Bandt, ich hätte gerne einen Termin zur Coronaimpfung“. T: „Wo wohnen Sie?“. B: „In Rüsselsheim“. T: „Fühlen Sie sich gesund?“ B: „Ja, ich habe kein Fieber und keine Halsschmerzen. Unser Enkel hat uns schon die Registriernummer (A. . . . .) besorgt. „ T: „A groß oder klein?“. B: „Groß“. T: „Möchten Sie morgens oder nachmittags kommen?“. B: „Ist uns egal, wir sind Rentner“. T: „Möchten Sie werktags oder sonntags kommen?“. B: „Ist uns egal, wir sind Rentner“. T: „Möchten Sie diese Woche kommen oder nächste Woche?“. B: „So bald wie möglich“. Pause, etwa 30 Sekunden. T: „Es tut mir leid, vorerst sind keine Termine mehr frei. Bitte rufen Sie nächste Woche nochmal an.“ B: „Vielen Dank, bleiben Sie gesund.“. T: Bleiben Sie gesund, ich wünsche Ihnen alles Gute“.

Während des Gesprächs habe er zudem die Dame von der Terminvergabe gefragt, wo sich in Darmstadt das Impfzentrum befinde. Dies habe sie ihm nicht sagen können, er solle doch bitte im Internet recherchieren. „Die sitzen wohl irgendwo in einer fremden Stadt und wissen das nicht“, stellt Bandt fest. Die Senioren müssten dann auch einen Internetanschluss haben.

Corona-Impfung: Enkel in Budapest mit Bemühungen erfolgreich

Bandt berichtet, dass er wegen der vielen Versuche gar nicht sauer war, habe er doch erwartet, dass die Leitungen belegt sein werden. Deshalb sei er bei dem Telefonat auch nicht sonderlich verärgert gewesen. Inzwischen erhielt das Ehepaar einen Termin, am kommenden Freitag, 22. Januar, ist es so weit. Und wer war mit seinen Bemühungen erfolgreich? Der Enkel in Budapest.

Auch wenn Bandt die Ruhe in Person ist, kann er es sich nicht verkneifen, die Terminvergabe kritisch zu beurteilen. Er sei stellvertretender Betriebsleiter bei der Firma Opel im Schnittbau gewesen. Er könne sich gar nicht vorstellen, dass auf diese Art Termine vergeben werden. Bei Opel seien die Termine Monate vorher festgelegt worden. In der freien Wirtschaft könne ein Unternehmen mit diesem System der Terminvergabe gar nicht existieren.

Es gebe doch ganz einfache Methoden, sagt er und nennt ein Beispiel. So sei es möglich, die Termine an die alphabetischen Reihenfolge zu knüpfen. Aber wenn tausende Leute auf einmal versuchen würden, einen Termin zu erhalten, sei das Chaos vorprogrammiert.

Impfung gegen das Coronavirus: Schlechte Erfahrungen bei der Terminvergabe

Auch ein Leser aus Nauheim, der seinen Namen indessen nicht in der Zeitung genannt haben möchte, machte schlechte Erfahrungen bei der Terminvergabe, wie er schreibt. Der 80-Jährige habe am 11. Januar vom Hessischen Innenministerium einen Brief mit der Aufforderung erhalten, sich telefonisch oder über das Internet ab dem 12. Januar zum Impfen zu melden. Der Aufforderung kam er nach. Doch weder über das Telefon noch über das Internet sei er erfolgreich gewesen. Am folgenden Tag das gleiche Spiel mit dem gleichen negativen Ergebnis.

Erst am Donnerstag, 14. Januar, habe er eine Frau am Telefon erreicht, nach einer Stunde vergeblichen Bemühens. Sie habe zehn Minuten benötigt, nur um seinen Namen, seine Adresse und sein Geburtsdatum zu erfragen. Dann habe er eine Registriernummern erhalten. Einen Termin habe sie ihm nicht geben können, weil der Server zusammengebrochen sei. „Zum Schluss bat sich mich, es weiterhin zu versuchen, über die Telefonnummer einen Termin zu vereinbaren. Ich bot ihr an, ihr meine E-Mail-Adresse zu geben, damit ich schriftlich über einen Termin informiert werden könnte, aber das lehnte sie ab“, berichtet der Leser. Er habe es an diesem Tag noch über 30 Mal probiert.

Terminvergabe per Telefon: Gespräch wird einfach beendet

Am Abend habe er um kurz vor 20 Uhr zumindest eine computergesteuerte Antwort erhalten, dass seine Wartezeit voraussichtlich neun Minuten betragen werde. Um 20 Uhr habe eine Durchsage gemeldet, er rufe außerhalb der Anrufzeit an und das Gespräch sei einfach beendet worden.

Am folgenden Tag eine Wiederholung. Rund 80 Anrufe am Morgen und am Vormittag bis er einen Mann dran hatte, der ihm jedoch mitgeteilt hätte, er könne ihm keinen Termin geben, er solle es doch am Abend noch einmal versuchen. Das habe er gemacht, ohne Ergebnis. Weitere Versuche folgten. Als er durchgekommen sei, habe es ebenfalls statt eines Termins den Rat gegeben, es am Wochenende oder am Montag zu probieren.

„Bis dahin sind doch dann schon alle Termine für den derzeitigen Impfvorrat vergeben, so ein Unsinn. Keiner der angesprochenen Mitarbeiter des Telefonzentrums ist in der Lage, meine E-Mail-Adresse entgegenzunehmen, um mir so einen Termin mitzuteilen“, ärgert sich der Senior.

Corona-Impfung: Stadt möchte unterstützen

Am 19. Januar beginnen in sechs regionalen Impfzentren die Impfungen zum Schutz gegen das Coronavirus. „Die Stadt möchte hierzu Seniorinnen und Senioren unterstützen und beratend zur Seite stehen, heißt es in einer Mitteilung von gestern.

Bei Unsicherheiten zum Anmeldeverfahren und fehlenden Möglichkeiten, zum Impfzentrum nach Darmstadt zu gelangen, informiert deshalb ab sofort die Leitstelle Älterwerden telefonisch", teilt Bürgermeister und Sozialdezernent Dennis Grieser mit. Bei Fragen können sich Seniorinnen und Senioren an das Haus der Senioren wenden. Als Ansprechpartnerin steht die Mitarbeiterin Tanja Berz telefonisch unter (06142) 83 21 20 zur Verfügung. (Rüdiger Koslowski)

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