Norbert Blüm gestorben: Abschied vom „Rüsselsheimer Bub“
Norbert Blüm ist im Alter vom 84 Jahren gestorben. Der ehemalige Arbeits- und Sozialminister war der wohl bekannteste Opel-Lehrling. Rüsselsheim blieb er bis zuletzt verbunden.
- Norbert Blüm im Alter von 84 Jahren gestorben
- In Rüsselsheim geboren und aufgewachsen
- Wohl bekanntester Opel-Lehrling
Rüsselsheim - Norbert Blüm gehörte zu jenen Menschen und Politikern, die nach ihrer beruflichen Karriere nicht einfach von der öffentlichen Bühne verschwanden. Seine Stimme war auch danach noch gefragt als Talkshow-Gast, Autor oder Redner. In Rüsselsheim trat er zuletzt 2015 beim Festakt zu 25 Jahren Deutsche Einheit im Ratssaal auf. Europa brauche wieder eine Idee, die Idee der Gerechtigkeit. "Wir haben es in der Hand, das voranzutreiben." Und wenn er als Träumer bezeichnet werde, dann erinnere er sich an 1990. Da sei Deutschland ein Land der Solidarität gewesen, sagte er damals.
Er wetterte gegen die Vorstellung, der Mensch sei ein "rationaler Nutzenmaximierer". Er habe sich doch schließlich seine Frau auch nicht nach einer Kosten- und Nutzenanalyse ausgesucht. "Wir müssen uns an unsere besseren Seiten erinnern. Die Menschen sind fröhlicher und glücklicher, wenn sie gut sind."
Norbert Blüm bezeichnet sich selbst als „Rüsselsheimer Bub“
Viele schätzten die Bodenständigkeit des "Rüsselsheimer Bub", wie er sich selbst nannten, und der er für viele bis zuletzt immer geblieben war. Auch seinen hessischen Zungenschlag behielt er bei.
Eine weitere Charaktereigenschaft, die ihn auszeichnete, war die Verlässlichkeit. Im politischen Betrieb eine wichtige Währung. Er war der einzige Bundesminister, der in der gesamten Ära Kohl stets zum Bundeskabinett gehörte.
Verlässlich aber auch in der Unterstützung der Opelaner in den schwersten Zeiten, als die Krise von General Motors den Rüsselsheimer Autobauer mit in den Abgrund zu ziehen drohte und Blum fest an der Seite der Mitarbeiter stand.
Norbert Blüm macht Ausbildung bei Opel in Rüsselsheim – Grenzenloses Engagement
Im Werk lagen auch seine beruflichen Wurzeln. 1935 in Rüsselsheim geboren, absolvierte Norbert Blüm bei Opel bis 1952 eine Ausbildung zum Werkzeugmacher und war in diesem Beruf bis 1957 tätig. Seit 1950 war er Mitglied der IG Metall und Opel-Jugendvertreter.
Danach verließ Norbert Blüm Opel, machte über den zweiten Bildungsweg das Abitur und studierte. 1967 wurde er zum Dr. phil. promoviert. Danach folgte die politische Laufbahn in der CDU. Sein Engagement ging sehr früh weit über die Grenzen der Partei hinaus. Er war in Rüsselsheim unter anderem Mitbegründer der Schwarzen Elf, später setzte er sich intensiv für die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft ein.
Frühere Wegbegleiter werden sich auch daran erinnern, dass Norbert Blüm einst Messdiener in der Kirche war, aktiv in der Jugendgruppe von Sankt Georg.
Eines der vielen Beispiele für sein grenzenloses Engagement: Seinen Enkelkindern schenkte er traditionell zur Einschulung eine Patenschaft der Kindernothilfe für ein Kind in einem armen Land.
Norbert Blüm unterstützte Opel in Rüsselsheim im Kampf gegen die Insolvenz
Klaus Franz, ehemaliger Gewerkschaftsfunktionär bei Opel: „Norbert Blüm war als Rüsselsheimer Bub und Opel-Lehrling dem Unternehmen und der Stadt besonders verbunden. Seine Überzeugung der christlichen Nächstenliebe, sein parteiisches Einstehen für sozial Schwache und immer auf der Seite der Demokratie und Freiheitsrechte war Kompass seines Lebens und führte ihn noch mit über 80 Jahren zu einem Solidaritätsbesuch in ein griechisches Flüchtlingslager. Wir haben uns in den 1980er Jahre kennengelernt; viele, auch gegensätzliche Meinungen, gerade beim Streik um die 35-Stunden-Woche 1984, freundschaftlich ausgetauscht. Besonders hilfreich und solidarisch war Norberts Unterstützung der Opelaner/innen in den Jahren 2008/2009, als wir gegen die Insolvenz von General Motors erfolgreich kämpften. Obwohl ganz unterschiedlicher parteipolitischer Denke haben uns gemeinsame Wertvorstellungen und eine tiefe Sympathie bis in die letzten Wochen seines Lebens verbunden. Norbert Blüm ist im wahrsten Sinne des Wortes ein lautendes Vorbild, nicht nur für Rüsselsheim.“

Ralph Wangemann, Opel-Geschäftsführer Personal und Arbeitsdirektor: „Wir trauern mit der Familie um eine große Persönlichkeit und einen beliebten und engagierten Sozialpolitiker. Norbert Blüm hat unser Unternehmen mitgeprägt und wird als eine der Leitfiguren unserer Berufsausbildung unvergessen bleiben. Mit Opel war Blüm stets in kritischer Sympathie verbunden. Zuletzt war er bei uns im Werk im Jahr 2015 zur Feier ,150 Jahre Ausbildung bei Opel' zu Gast. Er hielt eine vielbeklatschte Rede, in der er erläuterte, wie sehr ihn seine Zeit als Lehrling und Jugendvertreter geprägt habe.“
Norbert Blüm verstorben: Lebenslange Verbindung zu Rüsselsheim
Stephan Bernhardt, Vorsitzender CDU Rüsselsheim, zusammen mit Alfred Bohn, Klassenkamerad und Jugendfreund von Norbert Blüm: „Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt der Familie Blüm. Die Stadt Rüsselsheim und die CDU verlieren einen großartigen Menschen. Wir waren immer stolz darauf, dass er seine ersten politischen Schritte in der Rüsselsheimer CDU begonnen hat. Norbert Blüm stand für Menschlichkeit und soziale Verantwortung und hat schon als Jugendvertreter bei Opel nicht die Konfrontation gescheut, wenn er Ungerechtigkeiten empfand, wie wir von unseren Mitgliedern erfahren haben, die noch mit ihm in die Schule gegangen sind und befreundet waren. Aber bei ihm kam auch der Humor nicht zu kurz, was sich darin zeigt, dass er ein Gründungsmitglied der Schwarzen Elf war.“

Udo Bausch, Oberbürgermeister der Stadt Rüsselsheim: „Rüsselsheim trauert um Norbert Blüm. Der ehemalige Arbeits- und Sozialminister war stets mit Rüsselsheim verbunden. Blüm war als Redner ein gerne gesehener Gast, der mit seinen scharfen Gedanken und launigen Worten das Publikum in den Bann zog. Auch beim Hessentag 2017 war Blüm zum abschließenden Hessentagsumzug zu Gast und zeigte die Verbundenheit zu seiner Heimatstadt.“