Rüsselsheim : Tafel betritt "absolutes Neuland"

Die Tafel öffnet wieder ihre Türen. Ab dem 4. Mai wird der reguläre Betrieb wieder hochgefahren. Dabei gibt es noch einige Unabwägbarkeiten, berichten die Organisatoren.
Rüsselsheim -Nach sechs Wochen heißt es Aufatmen für die Bedürftigen: Die Rüsselsheimer Tafel fährt vom 4. Mai an den Betrieb wieder hoch. Dass dabei besondere Vorkehrungen wichtig sind, liegt auf der Hand. "So, wie man es bisher kennt, wird es nicht klappen", sagt Michael Sander, Sprecher der Tafel. Am Montag sollen die ersten Touren zu den Supermärkten wieder erfolgen, am Dienstag steht die erste Ausgabe an. Maximal vier Einzelpersonen dürfen gleichzeitig in den Ausgaberaum, in dem Helfer in gebührendem Abstand die Stationen betreuen.
"Bisher waren zehn bis zwölf Kunden für 20 Minuten hier drin", berichtet Leiter Ralf Zimmermann. Das gehe nun nicht mehr. "Wir werden länger brauchen als bisher." Eine Maske ist obligatorisch. "Ohne die kommt hier keiner rein", so Zimmermann. Der Schutz der Ehrenamtler stehe zunächst im Vordergrund. Die meisten gehören der Risikogruppe an, der Altersdurchschnitt liegt bei über 70 Jahren. Daraus ergeben sich, neben den Sicherheitsvorkehrungen, die nächste große Herausforderung: Die Tafel kann nicht mit voller Mannschaftsstärke arbeiten. "Die Rückmeldungen der Ehrenamtler waren gemischt", berichtet Zimmermann.
Hoffnung auf eine starke Kerntruppe
Einige könnten es kaum erwarten, wieder zu helfen, andere hätten natürlich Berührungsängste. Es gebe auch kritische Stimmen, die die Öffnung skeptisch sehen. "Aber es geht einfach nicht mehr. Die Tafel ist ein etablierter Versorgungsteil des Systems", so Zimmermann. Freiwillige Helfer, vor allem "junge, kräftige und empathische Leute", werden nun gesucht. "Wir hoffen auf eine starke Kerntruppe und darauf, dass auf zwei neue Helfer etwa ein Erfahrener kommt." Einige Freiwillige gebe es bereits, aber es müssten mehr werden. "Wir brauchen auf jeden Fall Hilfe von außen", sagt Sander.
Gleich bleiben soll der zeitliche Ablauf. "Wenn diszipliniert nur die kommen, die dran sind, ist das beherrschbar", prognostiziert Ralf Zimmermann. Weil aber auch viele, die mittlerweile Hartz IV empfangen, noch keinen Tafel-Ausweis haben, wisse man nicht, was auf einen zukommt. Unterstützung erfährt die Tafel von der Stadt: Das Ordnungsamt wird am Dienstag an Ort und Stelle sein. Und auch über die helfenden Hände der Foodsharer ist man froh: "Wir stehen in engem Austausch. Ich ziehe den Hut vor Isabella Förster von Foodsharing Groß-Gerau." Foodsharing will außerdem sonntags um 12 Uhr eine separate Ausgabe auf dem Parkplatz vor der Tafel organisieren. "Das Zusatzangebot ist eine Entlastung für uns und hat uns näher zusammengebracht", findet Zimmermann.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist weiterhin die Lebensmittelverfügbarkeit. "Die Märkte hatten uns im März gebeten, nichts mehr abzuholen, weil es so wenig gab", so Zimmermann. Mittlerweile habe sich die Situation stabilisiert. "Ob es am Ende ausreicht, wage ich noch nicht zu sagen." Weil die Menschen so viel kaufen würden, gebe es zum Beispiel bei den Milchprodukten derzeit nur neue Ware. Bis diese das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht, verbleibt sie erst einmal im Markt, erläutert Michael Sander. "Wir haben keinen Überblick, was wir von den Märkten bekommen." Überhaupt: Die Fahrt auf Sicht ist alles, was derzeit möglich ist. Für den Anfang werde man wohl etwas improvisieren müssen. "Wir betreten absolutes Neuland", so Sander. Aber, ergänzt Zimmermann, "ich bin guter Dinge, einen angemessenen Beitrag leisten zu können".
Helfer gesucht
Die Tafel sucht dringend Helfer für Ausgabe und Fahrten. Etwa vier Stunden pro Woche Zeit sollte man mitbringen, tatkräftig und empathisch sein. Interessierte können sich unter info@ruesselsheimer-tafel.de melden oder persönlich montags bis donnerstags zwischen 9 und 12 Uhr in der Hans-Sachs-Straße 86d vorbeikommen.
Von Stella Lorenz