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Gräber die vernachlässigt werden und verwildern sind in Rüsselsheim ein Problem

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Kein seltenes Bild auf dem Waldfriedhof: Nur der obere Teil des Grabsteins lässt erahnen, dass sich hier eigentlich ein Grab befindet.
Kein seltenes Bild auf dem Waldfriedhof: Nur der obere Teil des Grabsteins lässt erahnen, dass sich hier eigentlich ein Grab befindet. © ECO

Ein gepflegtes Grab bedeutet Arbeits- und Kostenaufwand. Fehlen Geld, Kraft oder Wille, werden die Gräber vernachlässigt und verwildern – auch in Rüsselsheim ist das problematisch.

Hüfthoch wächst die Eibe, auf mehreren Quadratmeter bedeckt sie den Boden. Was im Vorbeigehen wie Gestrüpp aussieht, ist beim ganz genauen Hinschauen ein Grab. Durch ein paar Zweige ist der Grabstein noch zu erkennen. „Das ist leider bei einigen Gräbern so“, sagt Willi Kuhn seufzend.

Erhebung an Standorten

Der Friedhofsverwalter arbeitet seit vier Wochen an einer umfassenden Erhebung auf den städtischen Friedhöfen. Königstädten und Bauschheim sind schon erfasst, der Waldfriedhof sowie der Friedhof am Waldweg stehen noch aus.

Dabei wird überprüft, wie viele der 6500 Erdgräber ungepflegt sind. „Ersten Schätzungen zufolge könnte die Zahl im dreistelligen Bereich liegen, sich also auf knapp 20 Prozent belaufen – fünf Prozent davon seien vermutlich hochgradig ungepflegt. „Wir rechnen mit einer Auswertung im Frühjahr“, sagt Michael Finger, Leiter der Friedhofsverwaltung.

Die Verwahrlosung wird von den Friedhofsgärtnern, den Verwaltern, aber auch von den Eigentümern der benachbarten Gräber festgestellt, die sich dadurch beeinträchtigt fühlen. Erklärungen für verwahrloste Gräber gebe es viele: „Gesundheitliche oder finanzielle Umstände kommen infrage, manchmal ändert sich auch der Wohnort und man kann das Grab nicht mehr pflegen“, sagt Finger. Auch, wenn jemand nach dem Begräbnis merkt, dass er mit der Trauer am Grab nicht umgehen kann, könne die Pflege vernachlässigt werden. Vor allem alte Gräber werden oft vernachlässigt, weil schlichtweg die Angehörigen ebenfalls zu alt oder verstorben sind.

Das kommt bei der Problematik erschwerend hinzu: Die Nutzungsberechtigten sind schwer oder gar nicht ausfindig zu machen. „Von 400 Anschreiben, die wir jährlich anlässlich der Grabräumungen nach Laufzeitende verschicken, kommen 50 Prozent wieder zurück“, sagt Willi Kuhn. Der anschließende Verwaltungsaufwand, über das Meldeamt doch noch fündig zu werden, sei riesig.

Schlussendlich wird der Städteservice Raunheim/Rüsselsheim beauftragt, das Grab grob wieder herzurichten und abstehendes Grün zu schneiden. „Natürlich wollen wir mit den finanziellen Mitteln sorgsam umgehen“, erklärt Finger.

Gebühr integrieren

Damit das in Zukunft gewährleistet ist, soll die Grabräumungsgebühr voraussichtlich 2020 in die Friedhofsgebührenordnung integriert werden. „Bei anderen Kommunen ist das schon so üblich“, so Finger.

Wer es gesundheitlich nicht mehr schafft, aber auch kein Geld für die Pflege durch externe Dienstleister hat, könne sich immer noch beraten lassen, erklärt Michael Finger. „Uns geht es darum, mit dem Bürger eine Lösung zu finden“, sagt er. „Auch, wer kein Geld hat, hat das Recht zu trauern.“

Möglich ist es, das Grab vor Ablauf der vierzigjährigen Laufzeit zurückzugeben. „Das kostet rund 290 Euro pro Grabstätte“, so Willi Kuhn. Dafür wird das Grab dann geräumt und mit Rasen besät. Eine Steinplatte mit dem Buchstaben „R“ für Ruhefrist zeigt an, dass hier noch die 15-jährige Totenruhe eingehalten wird. An diese Stelle darf so lange kein anderes Grab kommen.

Alternativen für Erdgräber, die aufwendig gepflegt werden müssen, gibt es mittlerweile genug: Baumgräber oder Urnengräber zum Beispiel. „Wir wollen bewirken, dass der Charakter des Waldfriedhofs nicht kaputtgeht“, schließt Michael Finger.

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