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Die Bürgerversammlung und die lange Beschwerdeliste der Treburer Bürger

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Eine Bürgerversammlung wie hier in Wallerstädten über die Ortsdurchfahrt L3094 hätten die Treburer Bürger auch gerne.
Eine Bürgerversammlung wie hier in Wallerstädten über die Ortsdurchfahrt L3094 hätten die Treburer Bürger auch gerne. © Peter Mikolajczyk

Die Bürger sind nicht zufrieden mit der Politik im Rathaus. Bei politischen Stammtischen und in Vereinen sind immer wieder Themen wie der Verkauf des Eigenheims, die Sanierung der Spielplätze, der Bau des Logistikzentrums bei Geinsheim und die zunehmende Verkehrsbelastung innerorts im Gespräch.

Die Bürger werfen den Gemeindevertretern und der Verwaltung vor, nicht in ihrem Interesse gehandelt zu haben. Helfen soll eine Bürgerversammlung. Die letzte hatte der Vorsitzende der Gemeindevertretung laut Bürgermeister Carsten Sittmann (CDU) am 31. März 2014 im Eigenheim Trebur einberufen. Thema war die bevorstehende Bohrung der Überlandwerke auf dem Gelände des geplanten Geothermiekraftwerks. Die liegt nun vier Jahre zurück.

Tatsächlich steht in der Hessischen Gemeindeordnung: „Zur Unterrichtung der Bürger über wichtige Angelegenheiten der Gemeinde soll mindestens einmal im Jahr eine Bürgerversammlung abgehalten werden.“

Soll- und Muss-Vorschrift

Dabei handelt es sich um eine Soll- und keine Muss-Vorschrift. „Das ,Soll’ ist eine dringliche Empfehlung“, definiert Johannes Heger, Verwaltungsdirektor des Hessischen Städte- und Gemeindebunds und Fachmann für Kommunalverfassungsrecht, die Formulierung. „Sie verpflichtet die Behörde wie eine Muss-Vorschrift, erlaubt jedoch Ausnahmen.“ Beruft der Vorsitzende der Gemeindevertretung keine Bürgerversammlung ein, könne dies folglich sanktioniert werden. „Die Bürgerversammlung ist lediglich eine Informationsveranstaltung für die Bürger, dort werden keine Entscheidungen gefällt“, betont Heger.

„Eine Bürgerversammlung ist nur sinnvoll, wenn möglichst viele Bürger betroffen sind“, argumentiert Sittmann – wie etwa beim Bau der geplanten Umgehungsstraße. Aber erst vor einer anstehenden Beschlussfassung des Bebauungsplanverfahrens 2021/22 erscheine eine solche Veranstaltung sinnvoll. Gleiches gelte für den neuen Landesentwicklungsplan; sobald die Bebauungsplanverfahren für die beim Land Hessen angemeldeten Flächen anstehen, könne der Gemeindevorstand die Bürger darüber bei einer Versammlung informieren.

Ein wunder Punkt bei den Bewohnern ist die Ansiedlung des Logistikunternehmens auf dem ehemaligen Mitsubishigelände im Ortsteil Geinsheim. Die Bürger befürchten, dass der Schwerlastverkehr innerorts weiter zunehmen wird. Das Thema sei in zahlreichen Ausschusssitzungen öffentlich behandelt worden, entgegnen der Bürgermeister und Paul Zeelen (CDU), Vorsitzender der Gemeindevertretung, den Vorwürfen der Bürger, sie seien nicht am Entscheidungsprozess beteiligt worden. „Zu diesen Sitzungen wurde öffentlich eingeladen. Die örtliche Presse hat in den vergangenen Jahren regelmäßig berichtet“, führen sie aus.

In den Sitzungen der Ausschüsse wurden die Gutachten – auch das Verkehrsgutachten – vorgestellt und Fragen hierzu beantwortet. Betroffene und interessierte Bürger dürften sich dort ebenfalls äußern. „Das Rederecht von Gästen in den Ausschüssen ist zwar in der Hessischen Gemeindeordnung nicht vorgesehen, wird allerdings im Sinne eines langjährigen Brauchs in den Treburer Ausschüssen so gehandhabt“, informieren Sittmann und Zeelen. Von diesem Rederecht werde durchaus Gebrauch gemacht. Das Bebauungsplanverfahren noch einmal in Form einer Bürgerversammlung darzustellen, stehe in keinem Verhältnis zum Organisationsaufwand.

Fragestunde abgeschafft

In der Gemeinde gab es 2017 das Angebot für Bürger, ihre Anliegen bei Bürgerfragestunden vor der Gemeindevertretersitzung vorzutragen. Im Laufe eines Jahres habe es jedoch lediglich zwei Anfragen gegeben, weshalb die Bürgerfragestunde abgeschafft wurde, erklärt Sittmann. Grund für die geringe Nachfrage könnte die Forderung der Verwaltung sein, die Fragen fünf Tage vor der Sitzung der Gemeindevertretung schriftlich im Sekretariat des Bürgermeisters einzureichen.

Sittmann weist des Weiteren darauf hin, dass die Gemeindeverwaltung sich bei Angelegenheiten, die den Straßenverkehr betreffen, mit Informationsveranstaltungen direkt an die Bürger wende. Beispielhaft nennt er die Aktion „Der Kreis rollt“, das Kornsandfest, die Bürgerbeteiligung zur Planung des Verneuilparks, die Breitbandanbindung der Ortsteile sowie die Ausgestaltung der Verschwisterung mit Jimbolia. Das persönliche Gespräch mit den Bürgern habe aber stets Vorrang, betont der Bürgermeister.

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