1. Startseite
  2. Region
  3. Kreis Groß-Gerau

Wenn die Bagger rollen, stirbt das Biotop

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Sven Westbrock

Kommentare

In Bauschheim soll im großen Stil gebaut werden. Auf der Eselswiese sind Wohnungen für bis zu 4000 Menschen vorgesehen, die in gut zehn Jahren entstehen sollen. Weichen müsste dann auch ein Biotop, das seltene Pflanzen beheimatet.

Die Stadt wächst und wächst. Um dem gerecht zu werden, sind immer mehr Wohnungen nötig. Eine der letzten freien Flächen, wo diese im großen Stil gebaut werden können, ist die Eselswiese in Bauschheim. In zwei Jahren sollen die ersten Bagger rollen, in gut zehn Jahren 3000 bis 4000 Menschen dort ein neues Zuhause finden.

Ein echtes Mammutprojekt ist das, etwa 70 bis 80 Millionen Euro sollen allein in die Erschließung des Gebiets investiert werden. Wie hoch die Kosten insgesamt werden, weiß heute noch niemand.

Der Großteil des Geländes besteht aus Äckern, die sich im Eigentum von Landwirten befinden. Diese müssen ihr Land erst verkaufen, damit dort Wohnungen entstehen können. Aus dem Rathaus ist zu hören, dass man diesbezüglich keinerlei Probleme erwarte.

Protest regt sich dafür von anderer Seite. Naturschützer setzen sich für ein Biotop ein, das mitten in dem als Baugrund auserkorenen Gebiet steht: die Sanddüne.

2000 Quadratmeter groß

Seinen Namen verdankt das Biotop dem sandigen Untergrund, der sich dort vor mehr als 10 000 Jahren während der letzten Eiszeit angesammelt hat. Es handelt sich um ein etwa 2000 Quadratmeter großes, umzäuntes Areal – Heimat für viele Tiere und seltene Pflanzenarten.

Beispiele sind die Steppen-Wolfsmilch mit ihren leuchtend-gelben Blüten und der Sand-Sommerwurz, ein Vollschmarotzer, der als Wirtspflanze Beifuß braucht. „In der Region gibt es den Sand-Sommerwurz nur noch hier“, erzählt Hans-Joachim Sander bei einem Ortstermin an der Sanddüne am Mittwoch.

Sander ist Vorsitzender des Rüsselsheimer Naturschutzbeirats und der Einladung des Bauschheimer Natur- und Vogelschutzvereins gefolgt. Für deren Vorsitzenden, Günther Waldecker, hat er allerdings eine schlechte Nachricht: Seltene Vogelarten gebe es in dem Biotop kaum. Vögel kämen dort zwar vor, doch nur „Standard-Arten“ wie Meisen, Amseln und Spatzen. Den auf einem Schild, das vor Brutstätten warnt, abgebildeten Kiebitz gebe es dort aber nicht. „Der Kiebitz ist ein Liebhaber feuchter Niederungen“, gibt Sander zu bedenken. Steppen-Wolfsmilch und Sand-Sommerwurz seien dagegen echte „Highlights“, weshalb die Sanddüne auf jeden Fall erhaltenswert sei. Als Biotop genieße die Sanddüne ohnehin besonderen Schutz und könne nicht einfach so zerstört werden.

Kaum Hoffnung

Allzu große Hoffnungen macht Sander sich diesbezüglich aber nicht. „In 15 Jahren ist die gesamte Eselswiese zu“, prognostiziert er. Das sei dann ein großer Verlust wertvoller Böden, der die Landwirte ihr Einkommen kosten könne. Grundsätzlich werde die Landschaft übernutzt.

Um das weitere Vorgehen zu besprechen, will er sich demnächst mit Frank Kohmann, dem Leiter des städtischen Umwelt- und Planungsamts, treffen.

Ein Lösungsvorschlag von Sander lautet, die seltenen Pflanzen von der Sanddüne an einen anderen Ort mit ähnlichem Boden umzusiedeln. So richtig überzeugt ist er davon allerdings nicht einmal selbst: „Auch das ist eine Krücke, würde vielleicht 20 Jahre halten, dann kommt es weg und man hat noch viel Geld dafür bezahlt.“

Auch interessant

Kommentare