Das Ende einer Kultkneipe: Wirt Faki schließt das Colyse

Ende einer Legende: Faruk Mahic, besser bekannt als Faki, schließt seine Kultkneipe Colyse nach 34 Jahren. Nicht nur am Ebbelwoifest war das Lokal die erste Adresse, um zu später Stunde noch ein paar Biere zu trinken.
Langen - Für Nachtschwärmer, Wochenendtänzer, frühe Vögel und alle, die nach dem Zapfenstreich am Ebbelwoifest gerne noch ein wenig weiter feiern, gibt es leider eine unschöne Nachricht: Langens kultigste Kneipe, das Colyse, schließt Ende Januar für immer ihre Tür. Seit mehr als 34 Jahren führt Faruk Mahic, von seinen Gästen liebevoll Faki genannt, die Pilsstube in der Dieburger Straße 1. Damit geht Langens dienstältester Gastwirt in Ruhestand.
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1951 in Sarajewo geboren und zehn Jahre später mit seiner Familie nach Priboj im Westen Serbiens gezogen, kam Mahic 1973 nach Langen, wo bereits seine ältere Schwester lebte. Zehn Jahre lang war er für verschiedene Unternehmen als Kraftfahrer tätig, sieben davon für den Maschinenbauer Pittler.
Nebenbei jobbte Mahic damals bereits im Colyse, das von Dragan Tabar, einem Landsmann Mahics, geführt wurde. Zu dieser Zeit lernte Mahic auch Milorad Tankosic kennen, der ebenfalls in der Kneipe arbeitete und das Lokal 1983 übernahm. Schon ein Jahr später orientierte sich Tankosic um und wechselte als Wirt in die damalige Bauernschänke, die heutige Babbelstubb in der Rheinstraße. Faruk Mahic ergriff die Chance und wurde am 1. November 1984 Chef im Colyse.
Seinen Namen hat das Lokal übrigens von Erich Deutschert, dem Erbauer des Hauses, bekommen. „Der war früher in Frankreich in der Fremdenlegion und hat sich für die französische Form von Kolosseum entschieden“, erinnert sich Milorad Tankosic. Dass die Schreibweise etwas variiert – geschenkt. Deutschert hat den Laden aber nie selbst betrieben, die erste Konzession lief auf Dragan Tabar, der das Colyse gemäß Deutscherts Intension zunächst als Eissalon startete. Später konnte man dort auch Essen, bevor es dann zum reinen Trinklokal wurde.
Colyse hatte bereits vormittags geöffnet
Die Sache mit der Küche habe sich wirtschaftlich nicht gelohnt, sagen Tankosic und Mahic, dessen Schwester eine Zeit lang dort kochte, übereinstimmend. „Damals gab es ja noch viele gutbürgerliche Gaststätten wie das Alt-Langen, die Wilhelmsruh, den Rebstock, die Luthereiche und einige mehr. Zu uns kamen die Leute anschließend, um noch etwas zu trinken“, so Tankosic, der beim Gedanken an früher ein wenig ins Schwärmen gerät. „Es gab noch diese Stammtischkultur und die Leute hatten auch genug Geld, um sich den Kneipenbesuch zu leisten.“ Der Laden sei immer voll gewesen, meist wurde an mehreren Tischen Skat gespielt oder gewürfelt.
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„Auch wer einmal einen über den Durst getrunken hatte, hat sich zumeist anständig benommen“, sagt Mahic. In seinem Lokal gebe es zwar auch heute keine größeren Probleme, aber das Umfeld der Gaststätte habe sich doch deutlich verändert. Über Gästemangel kann sich Faki freilich nicht beschweren: Das liege auch daran, dass er sich neuen Bedingungen immer angepasst habe. Das Colyse sei zum Beispiel Anfang der 80er Jahre die erste Kneipe gewesen, die schon vormittags um 9 Uhr öffnete, so Tankosic. Eine echte Marktlücke, wie sich zeigen sollte.
In den vergangenen Jahren schloss Faki sein Lokal um 11 Uhr morgens auf. Einen Kultstatus hat es sich dadurch erarbeitet, dass es nach hinten raus kein echtes Limit mehr gab. Als die ehemals um 1 Uhr einsetzende Sperrstunde abgeschafft wurde, sprach sich schnell herum, dass es im Colyse noch etwas zu trinken gab, wenn im restlichen Langen die Bürgersteige hochgeklappt wurden. „Lasst uns in die Kolüse gehen“, wurde ein geflügeltes Wort und speziell am Ebbelwoifest war der kleine Laden erste Adresse, wenn Brunnen und Heckenwirtschaften die Luken schon längst dichtgemacht hatten.
Regelmäßig "Tanz bis in die Puppen" wegen fehlender Disco in Langen
Klar, dass sich daraus viele Bekanntschaften entwickelt haben. Das Publikum setzte sich aus allen Gesellschaftsschichten zusammen, auch Politiker und Geschäftsleute trafen sich früher gern auf einen Absacker im Colyse. Fußball- und Handballmannschaften hat Faki als Trikotsponsor unterstützt und er fand auch dafür, dass es in Langen seit vielen Jahren keine Disco mehr gibt, eine pfiffige Lösung: In regelmäßigen Abständen gab es freitags und samstags Tanz bis in die Puppen. „Wir sind oft erst morgens um 8 Uhr hier rausgekommen“, sagt er verschmitzt.
Nach dreieinhalb Jahrzehnten hinter dem Tresen will Mahic nun seinen wohlverdienten Ruhestand genießen. Dass ihm das „schwierigere“ Umfeld den Abschied aus seiner Gastronomie etwas erleichtert, daraus macht er keinen Hehl. Das Thema Langen ist für ihn damit aber nicht abgehakt, nur den Sommer will er künftig in seiner alten Heimat Priboj verbringen, den Winter immer am Sterzbach. So ist sein Plan.
Bevor das Colyse in der Dieburger Straße 1 Ende Januar schließt, gibt es am morgigen Samstag die Gelegenheit, noch mal so richtig zu feiern. Motto: „Der letzte macht das Licht aus.“
Von Marc Strohfeldt