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Bauskandal in Mühlheim: Käufer warten jahrelang auf Wohnungen

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Als das Geld fehlte, begann der Pfusch: Es regnete durch den Spalt am Fensterdach in den Wohnungen an der Dietesheimer Straße. Foto: p
Als das Geld fehlte, begann der Pfusch: Es regnete durch den Spalt am Fensterdach in den Wohnungen an der Dietesheimer Straße. © Privat

Sie hatten sich das anders vorgestellt, die Käufer der 22 Wohnungen an der Dietesheimer Straße in Mühlheim. Längst sollten die zwei Häuser bezogen sein. Doch sämtliche vom Bauträger mitgeteilten Einzugstermine fielen laut Auskunft von Käufern aus.

Mühlheim – Die ersten von ihnen, die allesamt anonym bleiben wollen, aber der Redaktion bekannt sind, hätten gemäß ihrer Verträge die Schlüssel im Januar 2018 bekommen sollen. Bis heute kann dort aber niemand einziehen. Die Käufer berichten, dass Handwerker ihre Arbeiten einstellten, weil kein Geld floss. Für die 22 Wohnungen hätten die künftigen Besitzer bisher rund 4,5 Millionen an den Bauträger überwiesen. Wohl sämtliche Wohnungsbesitzer strichen liebend gerne den Tag, als sie den Vertrag unterschrieben, aus ihrem Leben.

Schmuck sehen sie von außen aus, die beiden Häuser an der Dietesheimer Straße 125 mit den 22 Zwei-, Drei- und Vier-Zimmer- sowie Penthouse-Wohnungen. Käufer fürchten, dass die Substanz durch Feuchtigkeits und Frostschäden zerfällt. Ein Sturm im Frühjahr habe etwa die Dachverkleidung abgerissen. Die sei bis heute nicht repariert. Handwerker hätten die Arbeiten wegen offener Rechnungen nicht beendet. Ein Dachflächenfenster werde etwa nur provisorisch mit Klebeband außen abgedichtet. Bei Regen sammele ein Behältnis das Wasser.

Bauskandal in Mühlheim: Viel Geld bezahlt, keine Wohnung bekommen

Die Plattform „Exporo“ gibt Auskunft über das „Crowdinvesting-Projekt“. Offensichtlich hatte die extra für den Bau gegründete GmbH von einem Schwarm an Kreditgebern knapp 1,4 Millionen Euro fürs Eigenkapital gesammelt. Auf der Seite „Crowdcircus“ steht, mit dem Bau für die insgesamt 1850 Quadratmeter Wohnfläche sei im September 2017 begonnen worden.

Einige Käufer unterschrieben da bereits Kaufverträge beim Notar. Die meisten hätten 2018, andere 2019 einziehen sollen. Diejenigen, die sich auf die im Kaufvertrag beurkundeten Bezugstermine verlassen haben, erlebten mitunter existenzbedrohende Folgen. Einige Käufer mussten ihre gekündigten Wohnungen räumen. Familien leben in einem Hotelzimmer, manche fanden bei den Eltern Zuflucht. Die Kosten für Mieten, Bereitstellungszinsen oder Lagerstätten für Möbel und neue Küchen laufen weiter. Einige klagen über Schlafstörungen und andere psychosomatische Auswirkungen. Verhältnisse, die sich auf Ehe, Familie und Beruf auswirken.

Bauskandal in Mühlheim bei Offenbach: Immer wieder vertröstet worden

Immer wieder vertröste der Geschäftsführer des Bauträgers mit Geschichten auf den nächsten Termin. „Wir haben alle enorm viel Geld bezahlt, ohne irgend einen Gegenwert zu haben“, erklärt ein Mitglied der Käufergemeinschaft. Als die Handwerker nicht mehr erschienen, hätten sich Hilfskräfte versucht. Der Makler, der die Wohnungen einst vermittelte, sei beim Anblick erschüttert gewesen, „am Ende des Geldes kam der Pfusch“.

Im März legte das Bauunternehmen die Vorlage eines ergänzenden Vertrags der Gesellschaft vor, der der Redaktion vorliegt. Dort steht: „Die Verkäuferin verpflichtet sich, bis spätestens zum 20. Mai 2020 die verkaufte Wohneinheit [...] ohne wesentliche Mängel bezugsfertig herzustellen.“ 

Mühlheim bei Offenbach: Bau wird nicht fertig

Dann heißt es: „Die Verkäuferin verpflichtet sich, alles Erforderliche zu unternehmen und dafür Sorge zu tragen, damit die vollständige Fertigstellung und die Übergabe bis zum 31. Mai 2020 erfolgt.“ Im Gegenzug verlangt die Gesellschaft von den Käufern, „etwa auf die Geltendmachung von etwaigen Schadensersatzansprüche(n) durch Fertigungsverzug“ zu verzichten.

Käufer vermuten, die GmbH habe sich verkalkuliert, in den vergangenen Jahren seien die Baukosten signifikant gestiegen: „Wenn das Bauunternehmen nicht endlich Insolvenz anmeldet, wird dieser Bau auch in 100 Jahren nicht fertig.“

red

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