Heidi Fogel: Der Geschichte auf der Spur

Das Geschichtsbuch zur Entwicklung der Stadt Neu-Isenburg von Dr. Heidi Fogel ist jetzt in einer zweiten Auflage erschienen. Es macht Lust auf die Hintergründe der Stadt.
Einmal „die Schönheiten der Welt“ kennenlernen ist der große Wunsch vieler Menschen, doch dabei kennen die meisten nicht einmal die Besonderheiten ihrer engsten Umgebung. Dazu steht selbst die Neu-Isenburgerin Dr. Heidi Fogel, berufene Kennerin ihrer „neuen Heimat“ Neu-Isenburg. Mit der nun ergänzten zweiten Auflage ihres unter großem Aufwand recherchierten „Neu-Isenburger Geschichtsbuches“ legt sie ein beredtes Zeugnis davon ab, dass man nicht alles kennen und wissen kann. Das Geschichtsbuch ist ein recht lebendig und sogar spannend verfasstes „Lesebuch“ zur Entwicklung der noch relativ jungen Siedlung Neu-Isenburg zur heutigen Stadt mit fast 40 000 Einwohnern.
„Ich gehe, wo und wann es immer möglich ist, zu Fuß durch die Stadt und entdecke dabei selbst immer wieder etwas, was mir bisher nicht bekannt war oder an dem ich achtlos vorüberging“, berichtet Dr. Heidi Fogel. Dabei zeigen sich manch interessante Objekte recht offen, doch kaum jemand kennt den geschichtlichen Hintergrund. Gerade diese bisher unerkannten „Geheimnisse“ versteht die Historikerin so in Worte zu fassen, dass das Interesse beim Durchblättern des Geschichtsbuches geweckt wird.
Fundierte Antworten
Wer kennt den Calvin-Stein und wo ist er zu finden? Welche amtlichen Vorgänge mögen sich wohl im bescheidenen Fachwerkhaus am nördlichen Ende der Frankfurter Straße abgespielt haben und was hat es mit dem Balser-Haus auf sich? Und überhaupt: Wo wurde das erste Hochhaus in Neu-Isenburg gebaut? Auf alle diese Fragen, auch zur Keimzelle der Hugenottensiedlung, gibt das von Fogel im Auftrag des Vereins für Geschichte und Heimatpflege (GHK) verfasste und von der Verlagsgesellschaft edition momos verlegte „Geschichtsbuch“ eine fundierte Antwort.
Der Calvin-Stein auf dem Calvinplatz: Am 7. Dezember 1955 hatte die Stadtverordnetenversammlung Neu-Isenburg der Benennung eines neu zu schaffenden Platzes im (damaligen) Westen der Stadt in „Calvinplatz“ zugestimmt. Dieser wurde am 20. Oktober 1959 eingeweiht. Als Würdigung an den Reformator wurde ein unbehandelter Findling aufgestellt, der nur die fünf Buchstaben „Calvin“ und dessen Geburts- und Todestag trägt.
Das heute unscheinbare Fachwerkhaus an der nördlichen Frankfurter Straße, also an der heutigen Stadtgrenze zu Frankfurt, hatte zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine nicht unerhebliche Bedeutung. Dort war nämlich das Großherzogliche Hauptzollamt untergebracht. Man muss wissen, dass sich damals die einzelnen deutschen Bundesstaaten gegen „konkurrierende“ Waren aus den Nachbarländern abschotteten. „Die bis 1866 im Deutschen Bund zusammengeschlossenen deutschen Staaten besaßen keine Kolonien als Rohstoffmärkte, außerdem fehlte ein weiträumiger Binnenmarkt, denn jeder Bundesstaat schottet seine Wirtschaft durch Zollgrenzen ab“, erklärt Fogel.
Spuren hinterlassen
Balser-Häuser? Vielleicht mag schon mancher davon gehört haben, doch was hat Neu-Isenburg damit zu tun? Der Neu-Isenburger Ernst Balser (1893–1964) war ein herausragender Architekt und nicht nur am zukunftsweisenden Projekt „Neues Frankfurt“ beteiligt, sondern hat auch in der Hugenottenstadt seine Spuren hinterlassen. Das Bedeutendste dürfte der Gebäudekomplex der früheren Zündholzmonopolverwaltung in der westlichen Bahnhofstraße sein. Dr. Heidi Fogel weist jedoch auch noch weitere Bauten Ernst Balsers hin, wie das Haus Dr. Bäck mit seiner besonderen Wendeltreppe im Inneren.
Wo wurde eigentlich das erste Hochhaus in der Hugenottenstadt errichtet? Es steht heute noch an der Einmündung der Dornhofstraße in die Hugenottenallee. Um die herrschende Wohnungsnot mit der verfügbaren Fläche für Wohnbebauung in Einklang zu bringen, baute man zunehmend in die Höhe. „Bereits 1952 errichtet die in Darmstadt ansässige Hessische Gemeinnützige Aktiengesellschaft für Kleinwohnungen (Hegemag) unter Beteiligung der Stadt an der Dornhofstraße das erste Hochhaus in der Stadt“, ist im Geschichtsbuch zu lesen.
Der Westendbrunnen erfuhr vor ein paar Jahren eine Wiederentdeckung. Der vom damaligen Westendverein 1910 errichtet Brunnen wurde mehr und mehr von der ihn umgebenden Eibe überwuchert. Im Zuge der Erneuerung des Bahnhofsvorplatzes wurde er in das Licht der Öffentlichkeit gerückt.