Immer mehr Menschen wünschen sich eine Bestattung im Trauerhain

Ab sofort sind auch in Zeppelinheim Bestattungen unter dem Baum möglich. Der Friedhofszweckverband möchte mit diesem Angebot der wachsenden Nachfrage nach alternativen, einfachen und naturnahen Bestattungsformen nachkommen.
Neu-Isenburg - Weißgrau blinzelt der Himmel an diesem eiskalten Januarmorgen durch die Zweige der Bäume entlang des Weges. In idyllischer Umgebung haben die Verstorbenen hier eine letzte Ruhestätte gefunden auf dem Friedhof in Zeppelinheim, der mitten im Wald liegt – 300 Meter von der Bebauung entfernt.
„Naturnah“ ist hier nicht nur ein Wort – und doch hatten Bürger den Wunsch an den Friedhofszweckverband herangetragen, auch in Zeppelinheim das Angebot zu erweitern und Bestattungen unter dem Baum anzubieten. Denn eine letzte Ruhestätte zwischen den Wurzeln einer alten Buche oder Eiche ist für immer mehr Menschen eine schöne Vorstellung; andere schätzen die pflegefreie Grabart.
Bereits vor zehn Jahren hatte der Zweckverband für das Friedhofs- und Bestattungswesen auf dem Neu-Isenburger Waldfriedhof im Buchenbusch den ersten Trauerhain eröffnet; ein zweiter kam vor zwei Jahren dort hinzu. Seit Jahresbeginn kann man nun auch in Zeppelinheim Bestattungsbaum statt Grabstein wählen.
Andrea Mansfeld, Geschäftsführerin des Friedhofszweckverbands, zeigt gestern beim Ortstermin die Stelle in der Nähe des Eingangs, auf der die zunächst drei dafür vorgesehenen Bäume stehen. Die Urnen werden unter einem Baum platziert, der mit einer Nummer versehen ist. Genauer: Die Nummer steht jeweils auf einem Nistkasten. Diese hatte der Verband gemeinsam mit dem örtlichen Nabu an den Bäumen aufgehängt. Einer Namensliste am Eingang wird dann die jeweilige Baumnummer zu entnehmen sein.
Bis zu fünf Urnen bei einer Baumgrabstätte im Viertelkreis
Die Bäume eins und zwei sind vorgesehen als Grabstätte für Familien. „Aber auch Freunde können sich natürlich zusammentun und einen Baum kaufen, unter dem dann bis zu fünf Urnen im Viertelkreis platziert werden können“, erläutert Mansfeld. Solche Angebote seien wichtig, „es ist eben den heutigen Lebensverhältnissen angepasst“.
Eine solche Baumgrabstätte im Viertelkreis kostet 2282 Euro für bis zu fünf Urnen, die Laufzeit liegt bei 30 Jahren. Alternativ gibt es die Möglichkeit, für 821 Euro für eine Urne einen Platz unter einem Gemeinschaftsbaum (20 Jahre Laufzeit) zu erwerben. Die Bestattung im teilanonymen Urnengemeinschaftsgrab ist in Zeppelinheim ebenfalls möglich.
Die Entscheidung für eine Baumbestattung will jedoch gut überlegt sein: Denn der Wunsch, ein pflegeleichtes, naturnahes Grab zu haben, und die Sehnsucht der meisten Menschen, an einem Ort um die verstorbenen Angehörigen zu trauern, Blumen zu hinterlegen und Kerzen anzuzünden, sind nicht dauerhaft unter einen Hut zu bringen. „Es muss den Leuten klar sein, dass es bei einer Baumbestattung nicht erlaubt ist, Blumen oder Lichter ans Grab zu stellen“, betont Mansfeld. Immer wieder gebe es auf dem Isenburger Waldfriedhof Fälle, in denen Angehörige sich im Nachhinein eben doch wünschen, mitgebrachten Grabschmuck abzustellen. Um diesem Bedürfnis Rechnung zu tragen, hat der Zweckverband dort mittlerweile extra eine Möglichkeit geschaffen, Blumen, die aus Anlass einer Trauerfeier mitgebracht werden, auf einer speziell dafür vorgesehenen Fläche abzulegen.
Allgemein zeigt sich auch beim Zweckverband, der zuständig für alle acht Friedhöfe in Neu-Isenburg und Dreieich ist, dass sich die Zeiten ändern – auch was die Art der Bestattungen angeht. War früher die Erdbestattung im Sarg der Standard, ist inzwischen längst ein deutlicher Trend zu Urnenbestattungen zu verzeichnen.
Wechsel nicht bereut
„Das Verhältnis von Urnen- zu Erdbestattungen hat sich in den vergangenen 20 Jahren gedreht“, berichtet die Geschäftsführerin. „Mittlerweile gibt es etwa 75 Prozent Urnenbestattungen. Der Trend bleibt bestehen, da die Fläche, die zu pflegen wäre, kleiner ist.“ 731 Menschen wurden im vergangenen Jahr in beiden Städten zu Grabe getragen, davon entschieden sich 565 für eine Urnen- und nur 166 für eine herkömmliche Sargbestattung.
Und macht es dem Zweckverband zu schaffen, dass es längst etliche private Anbieter etwa von Bestattungswäldern gibt? „Der Konkurrenz der privaten Anbieter können wir stark gegenübertreten“, antwortet Mansfeld. Ihren Wechsel vom städtischen Fachbereich Sport zum Friedhofszweckverband, bei dem sie 2018 den Geschäftsführer-Posten von Peter Viehmann übernommen hatte, bereut Mansfeld bisher keineswegs: Die Arbeit beim Zweckverband mit den unterschiedlichen Bestattungsarten sei ein „sehr breitgefächertes, interessantes Feld“.
(hov)