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Kriegsrelikte dienen als Mahnung

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Steinerne Zeugen der Geschichte: die ehemaligen Flakstellungen in der Ostgemarkung.
Steinerne Zeugen der Geschichte: die ehemaligen Flakstellungen in der Ostgemarkung. © Leo F. Postl

An die Sinnlosigkeit des Krieges erinnern: Der Verein für Geschichte, Heimatpflege und Kultur hat ein Buch über die ehemaligen Flakstellungen veröffentlicht.

Kriege fordern immer Opfer – auf beiden Seiten. Dies ist sehr wohl allen „Initiatoren“ von Kriegen bewusst; dennoch werden auch heute viele Kriege geführt. Der Zweite Weltkrieg hat in Neu-Isenburg bis heute seine „Zeitzeugen“ hinterlassen. Um die Industrieanlagen und Großstädte, wie das benachbarte Frankfurt, vor den Bombern der Alliierten zu schützen, wurden großräumige Flugabwehrstellungen installiert. In der Isenburger Ostgemarkung sollte eine „Großkampfbatterie“ mit mehreren Flakstellungen die Rhein-Main-Region gegen Bombenangriffe absichern. 1944/45 mussten dort 15- bis 16-jährige Schüler wie ausgebildete Soldaten ihren Dienst an den Flugabwehrkanonen leisten.

Eine besonders gut erhaltene Flakstellung ist im Mai 2017 auf Antrag des Magistrats in die Denkmalschutzliste des Kreises Offenbach eingetragen worden. Dies „und die immer wieder kommenden Nachfragen aus der Bevölkerung nach dem Sinn und Zweck dieser Einrichtungen“ waren Anlass für den Verein für Geschichte, Heimatpflege und Kultur (GHK), eine Veröffentlichung zu diesem Thema in Auftrag zu geben.

„Wir wollten vor dem Hintergrund des Bombenkrieges in der Frankfurter Region die Flakstellungen beschreiben und die heute noch vorhandenen Überreste dokumentieren“, erläutert der GHK-Vorsitzende, Bürgermeister Herbert Hunkel. „Nicht im Sinne einer heldenhaften Verherrlichung, sondern um die Sinnlosigkeit und Menschenverachtung des von Deutschland in die Welt getragenen Krieges zu dokumentieren. Als Mahnmal der Zeitgeschichte.“

Am 29. Januar 1944 traf bei einem Luftangriff auf Frankfurt eine Fliegerbombe auch eine solche Flugabwehrstellung in der Ostgemarkung. Dabei verloren fünf jugendliche Luftwaffenhelfer, vier russische Kriegsgefangene und ein Soldat das Leben. Die Schilderung dieser Ereignisses ist heute noch bedrückend – wie sehr muss dieses Erlebnis die überlebenden jungen Menschen erschüttert haben?

Betonklötze und Bunker

Der Krieg ist bald danach beendet worden, die „Zeitzeugen“ – Menschen wie Relikte – sind bis heute als Mahner an die Vernunft des Menschen geblieben. Nach dem Krieg dienten die Reste der Flakstellungen unter anderem als Pferdeställe, eine gar als Wohnunterkunft.

Erarbeitet und zusammengestellt wurden die Hintergründe vom bekannten Heimatforscher Dr. Wilhelm Ott aus Dreieich und von Dr. Ferdinand Stegbauer, Vorstandsmitglied des GHK. „Ich habe mit Krieg eigentlich überhaupt nichts am Hut und wusste auch nichts von Flakstellungen. Erst bei Gesprächen mit Leuten in der Isenburger Ostgemarkung wurde mir von Betonklötzen und Bunkern erzählt – dann habe ich mich erst näher damit befasst“, erklärt Ott seinen Einstieg ins Thema. Über den Gedenkstein am Schindkautweg, der an die beim Luftangriff gefallenen Soldaten und Flakhelfer erinnern soll, fand er einen Zusammenhang mit einem Gedenkstein nahe des Heusenstammer Schlosses – dort war ein anfliegendes Flugzeug abgeschossen worden.

Über verschiedene Archive gelang es dem Heimatforscher, Details über den Ursprungszustand und sogar Luftbilder der Gesamtanlage der Großkampfbatterie zu erhalten. Er stellte die Fakten zusammen; seine Arbeit war dann die ausschlaggebenden Grundlage für die Aufnahme der Flakstellung in die Denkmalschutzliste. „Für mich ist die nun erscheinende Broschüre ein wichtiger Beitrag gegen das Vergessen“, betont auch Ott.

Auf Zerstörung ausgerichtet

Dr. Stegbauer widmete sich mehr den noch lebenden Zeitzeugen, diese treffen sich alljährlich am „Jahrestag“ des Bombeneinschlags am Gedenkstein am Schindkautweg. „Für mich gibt es keine anständigen Waffen, alle sind doch nur auf Zerstörung von Material und auch Menschen ausgerichtet“, betont Stegbauer. Als vereidigter Soldat sieht er sich besonders in der Pflicht, die junge Generation vor dem Spiel mit dem Feuer zu warnen. „Die Bundeswehr sehe ich im Umkehrschluss mehr als Vermeider eines weiteren Krieges“, verweist Stegbauer auf die Ereignisse des Prager Frühlings. „Was wäre passiert, wenn es die Bundeswehr und die vielen Soldaten der Verbündeten in unserem Land nicht gegeben hätte?“, hinterfragt er.

Auch für Ferdinand Stegbauer ist die neue Broschüre weniger eine Darstellung der Relikte eines fürchterlichen Krieges als vielmehr eine Mahnung an alle Nachfolgegenerationen, wie sinnlos Kriege sind.

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