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Der Job schweißte sie zusammen

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Bahrain, Äthiopien und Libyen – Edmund Büttner hat als ehemaliger Bauingenieur bei Holzmann viel gesehen von der Welt. Bei einem Treffen mit damaligen Kollegen berichtete er von seinen Erlebnissen.

Vielleicht ist es die tragische Firmengeschichte, das gemeinsame Erleben vom Verlust des Arbeitsplatzes, das die ehemaligen Mitarbeiter der Firma Holzmann so zusammengeschweißt hat. Vielleicht sind es aber auch die gemeinsamen Erlebnisse auf riesigen Baustellen rund um den Erdball, welche die Angestellten, auch 15 Jahre nach der offiziellen Insolvenz, immer wieder zusammenführt.

Es ist eine liebgewonnene Tradition, dass sich die Mitarbeiter der Auslandsabteilung zwischen Weihnachten und Silvester im Deutschen Haus in Neu-Isenburg treffen, um gemeinsam in „alten Zeiten“ zu schwelgen. Gut 50 „Holzmänner“ trafen sich auch 2017 wieder zum gemeinsamen Plausch. 2005 wurden in den Büros der Auslandsabteilung der Firma Holzmann AG in Frankfurt endgültig die Lichter ausgemacht. Vor der Insolvenz 2002 war das Unternehmen Jahrzehnte lang das größte deutsche Bauunternehmen.

Einer, der den Aufstieg und Fall der Auslandsgeschäfte des 1849 in Dreieichenhain gegründeten Unternehmens erlebt hat, ist Edmund Büttner. Als der junge Bauingenieur 1964 zum Unternehmen stieß, war er zunächst Mitarbeiter in einem Holzmann-Büro in Hannover. Die Auslandsabteilung hatte knapp 20 Mitarbeiter und war erst noch im Aufbau. Später, zu den Hochzeiten des Unternehmens, waren in den Büros in Frankfurt und auf den Baustellen auf dem Globus rund 1000 Ingenieure für Holzmann im Einsatz.

Baustelle in Jordanien

Nach 15 Monaten in der Planung trat Edmund Büttner seine erste Auslandsbaustelle in Jordanien an. „Wir haben dort damals eine Schneller-Schule gebaut, das war ein Waisenhaus für arabische Kinder. Es entstanden Schul- und Schlafräume für 300 Waisen.“ Das Arbeiten in der Hauptstadt Amman war nicht ganz ungefährlich. Büttners Vorgänger, den er kurzfristig ersetzen musste, war bei Sprengungsarbeiten auf der Baustelle ums Leben gekommen. Er selbst hat dort einen Freund fürs Leben gewonnen: „Ich ging in Amman zum Dartspielen in eine Kneipe. Dort traf ich einen Bauingenieur, der für eine andere deutsche Firma tätig war. Wir haben trotz der vielen Auslandsaufenthalte rund um die Welt nie den Kontakt verloren und sind in den vergangenen Jahren zusammen den Jakobsweg gelaufen“, erzählt der inzwischen 77-Jährige. Äthiopien, Französisch-Guayana, Bahrain, Russland, Libanon – Büttner war immer wieder für viele Monate weit weg von zu Hause und hat als Bauleiter große Projekte verwirklicht. „Die Lieblingsbaustelle meiner Frau war in Bahrain. Wir haben dort ein Dampfturbinenkraftwerk gebaut. Es war ein freies Leben, viele Engländer und Amerikaner waren dort, und es gab jedes Wochenende schöne Partys“, erinnert er sich.

Die nächste Station in Äthiopien führte ihn in den afrikanischen Urwald. Als die Facharbeiter-Schule dann nach 15 Monaten bauen stand, schüttelte Büttner als Bauleiter dem damaligen Kaiser Haile Selassie die Hand. „Aber bis dahin, war es ein weiter Weg. Ich habe in einem Haus ohne Fenster, Wasser und Strom gewohnt. Der Polier, der kam, war auf seinem ersten Auslandseinsatz und wollte gleich wieder nach Hause. Ich musste ihn überreden zu bleiben. Am Ende wollte er dann nicht mehr nach Hause“, berichtet Büttner lachend.

Brücke ins Meer

In Französisch-Guyana leitete der Ingenieur den Bau der Deutschen Botschaft. Seine persönliche Lieblingsbaustelle war die in den 1970er Jahren in Libyen. „Rund 20 Kilometer von der tunesischen Grenze entfernt ist meine Tochter geboren, und sie hat dort auch noch das Laufen gelernt“, berichtet der Weltenbummler im Auftrag von Holzmann. Es war eine der größten Baustellen, die das Frankfurter Unternehmen je verwirklicht hat: Über eine Milliarde Invest standen hinter drei Fabriken inklusive aller Werkstätten, Kläranlagen, Infrastrukturen und einer 1,6 Kilometer langen Brücke ins Meer, um die Tanker mit den Produkten aus den Fabriken beladen zu können. „Wir haben alleine 200 Fertighäuser für unsere Mitarbeiter gestellt. Es waren 1800 Menschen auf den Bauarbeiten beschäftigt“, erinnert sich Edmund Büttner.

Weit weg von zu Hause und auch neben der Arbeit zusammenlebend – das schafft zwischen den Mitarbeitern andere Verbindungen als ein Bürojob in Deutschland. Geburtstag, Weihnachten, Silvester – die Holzmann-Familie war im Ausland eng verbunden. Damals wurden bleibende Freundschaften geschlossen.

Neu-Isenburg spielte übrigens bei Holzmann eine wichtige Rolle. Das Lager des Unternehmens in der Gehespitz, wo heute das Rewe-Lager und viele andere Unternehmen angesiedelt sind, war der Umschlagplatz für alle Rohstoffe, die in Neu-Isenburg angeliefert, verpackt und in die Welt verschickt wurden.

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