Tobias Wilbrand zieht nach gut sechs Monaten als Bürgermeister Bilanz und verrät seine Pläne für 2019

Was er im Bund mit Verwaltung und Politik 2019 für Egelsbach "wuppen"will, davon hat der Rathaus-Chef präzise Vorstellungen. Darüber hat er mit Redakteur Holger Borchard gesprochen.
Herr Wilbrand, gut ein halbes Jahr Ihrer Amtszeit ist vorüber. Wie fällt zum Jahresbeginn Ihr Rückblick auf 2018 aus?
TOBIAS WILBRAND: Es war ein aufregendes Jahr. Nach dem überraschenden Wahlerfolg im März erfuhr ich im April, dass der Haushalt eine deutliche Schieflage hat und dringend Korrekturen nötig sind, um das Schutzschirmkriterium des ausgeglichenen Etats einzuhalten. Erhebliche Steuer- und Gebührenerhöhungen in der Kinderbetreuung haben das Loch zunächst gestopft. Beschlossen wurde das Ganze an meinem zweiten Tag im Amt.
Na ja, auch in den Tagen danach rissen die Hiobsbotschaften nicht unbedingt ab, oder?
WILBRAND: Richtig. Sie spielen vermutlich auf die zweimalige Teilschließung des Freibads, das Chaos beim Eigenheim und die endgültige Schließung des ABC-Hauses, das so der Schulbetreuung nicht mehr zur Verfügung steht, an. Das alles hat die gesamte Verwaltung und mich auf Trab gehalten. Immerhin haben wir im Gegenzug die Radschnellverbindung, das Gewerbegebiet Mülloh und die Leimenkaute auf den Weg gebracht. Wir haben 50 Kinderbetreuungsplätze nach Langen verkauft und damit eine 500 000-Euro-Lücke in unserem Haushalt geschlossen. Und: Wir haben die Zusammenarbeit im Bereich Müllentsorgung mit Langen umgesetzt, die zum 1. Januar angelaufen ist.
Also allerhand im Soll, aber auch einiges auf der Habenseite. Wie geht’s demnach weiter?
WILBRAND: Für 2019 werden zwei Themen ganz groß im Vordergrund stehen: die Verwaltungsstrukturreform und ein ehrlicher und zukunftsorientierter Haushalt.
Dann sagen Sie doch erst mal bitte etwas zur Verwaltung. Da liegt’s ja personell schon im Argen . . .
WILBRAND: Der Leiter des Haupt- und Personalamts, der kommissarisch auch das Ordnungsamt führt, tritt zum 1. Februar eine neue Stelle in einer anderen Gemeinde an. Somit droht ab nächstem Monat die Nichtbesetzung von drei der fünf Amtsleiterpositionen. Das würde unsere Verwaltung in ganz erheblichem Maß lähmen. Deswegen haben wir uns dazu entschlossen, die sowieso für die nächsten zwei Jahre vorgesehene Verwaltungsstrukturreform vorzuziehen und so dem personellen Engpass zu begegnen. Mit den Stellenbeschreibungen und Bewertungen, die 2019 umgesetzt werden sollen, werden wir Ende des Jahres eine leistungs- und zukunftsfähige Verwaltungsstruktur haben.
Der Haushalt wird Ihnen wieder so viel Kopfzerbrechen bereiten? Und was meinen Sie mit „ehrlich“?
WILBRAND: Na ja, nach meiner Analyse haben wir in den letzten zwei Jahren zwar die schwarze Null geschafft, aber einen strukturell ausgeglichenen Haushalt haben wir bis heute nicht. Unser Etat ist in den letzten Jahren nur durch das Zusammenspiel von vier Faktoren ausgeglichen worden: 1. Eine gute Konjunktur mit mehr Steuereinnahmen im Bereich Gewerbe- und Einkommenssteuer. 2. Das Bergen von Fehlern in der Haushaltsaufstellung und damit verbundenen Einmaleffekten. 3. Die Erhöhung von Steuern und Gebühren. 4. Dem Fahren auf Verschleiß, also der Einsparung weitgehend aller Instandhaltungen und Sanierungen.
Wo setzen Sie den Hebel an?
WILBRAND: Jedem sollte klar sein, dass wir auch über das Ende des Schutzschirms hinaus einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen müssen, und dass vor allem das Fahren auf Verschleiß irgendwann sowohl zur Schließung von Einrichtungen als auch zu Mehraufwendungen für die Auflösung des Sanierungsstaus führen wird. Also müssen wir anfangen, einen ehrlichen Haushalt vorzulegen, der uns auch strukturell Handlungsfähigkeit zurückgibt.
Die Herausforderungen werden demnach auch 2019 nicht geringer?
WILBRAND: Das können Sie laut sagen. Neben den genannten Themen bleiben uns Eigenheim- und Freibadsanierung, Schulbetreuung, die Bauplanung Mülloh und Leimenkaute und die Mahrsiedlung im Außenbereich auf der Agenda erhalten. Darüber hinaus wollen wir die Erarbeitung eines Leitbilds unter öffentlicher Beteiligung und einen neuen Vertrag mit der Sportgemeinschaft angehen.
Da hat man als Bürgermeister immer was zu tun – Sie haben’s so gewollt . . .
WILBRAND: Ich sag’s mal so: Zu all den besprochenen Herausforderungen kommen noch die ungezählten runden Geburtstage, Hochzeitsjubiläen, Vereinsmitgliederversammlungen, Feste und Weihnachtsfeiern hinzu, die mir dabei geholfen haben, Egelsbach noch einmal in einer ganz anderen Tiefe zu begreifen. Aber ich kann festhalten: Auch wenn es viel ist, es macht mir immer noch Spaß!
Um die Egelsbacher zu erreichen, setzen Sie auf das Medium der Videobotschaften, zum Jahreswechsel waren Sie wieder „auf Sendung“. Haben Sie dazu Feedback bekommen und wie beurteilen Sie die Strahlkraft Ihres Rathaus-Nachrichtenkanals?
WILBRAND: Um ehrlich zu sein: In der Regel bekommt man ja nur die positiven Rückmeldungen direkt mitgeteilt. Wenn jemand Kritik übt, sagt er das einem eher nicht direkt ins Gesicht. Das Feedback an mich direkt war insofern sehr positiv. Ich bin wiederholt für die transparente Kommunikation gelobt worden. Die Strahlkraft ist unterschiedlich. Während die aktuellen Videos, vielleicht auch wegen der Ferien nicht so häufig angeklickt wurden, sind die ersten beiden schon über 1300 Mal angesehen worden. Und auf das Thema mit dem Hut aus der Kerbbotschaft bin ich so oft angesprochen worden, dass ich davon ausgehe, dass sich das im Ort rumgesprochen hat.