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Kritik am Zustand der Flüchtlingsunterkunft in Beselich

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Von: Rolf Goeckel

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Die ehemalige Gaststätte „Zur Post“ dient als Flüchtlingsunterkunft, die aber derzeit leer steht. Die SPD kritisierte den Zustand des Gebäudes.
Die ehemalige Gaststätte „Zur Post“ dient als Flüchtlingsunterkunft, die aber derzeit leer steht. Die SPD kritisierte den Zustand des Gebäudes. © Privat

Es gibt Kritik am Zustand einer Flüchtlingsunterkunft im Kreis Limburg-Weilburg. Der Eigentümer des Gebäudes sieht darin ein Wahlkampfmanöver der SPD.

Beselich - Der bauliche Zustand der ehemaligen Gaststätte „Zur Post“ in Heckholzhausen war Thema der jüngsten Sitzung der Beselicher Gemeindevertretung. Die SPD-Fraktion hatte eine Anfrage über die Zukunft des aus ihrer Sicht „renovierungsbedürftigen“ Gebäudes gestellt. Im Laufe der Sitzung übte der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Jahn scharfe Kritik am Zustand des Gebäudes und griff auch den Eigentümer mit deutlichen Worten an. Dieser wiederum wehrt sich im Gespräch mit dieser Zeitung.

Bürgermeister Michael Franz (parteilos) lehnte es zunächst ab, die Anfrage der SPD zur künftigen Nutzung des Gebäudes zu beantworten. Er sagte: „Wir haben keinen Rechtsanspruch, dass uns ein Hauseigentümer mitteilt, was er mit seinem Eigentum macht, solange von diesem keine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht. In diesem Fall sehe ich dies auch als nicht gegeben an.“

Flüchtlingsunterkunft in Beselich: Schreiben des Eigentümers geht an den SPD-Fraktionsvorsitzenden

Der Bürgermeister sagte weiter, dass der Gebäudeeigentümer Jens Schäfer aus Waldbrunn sich mit einem Schreiben an ihn gewandt habe, das er an den SPD-Fraktionsvorsitzenden Michael Jahn weitergeleitet habe. Darin beklagt sich Schäfer darüber, dass ein kurzer Anruf ausgereicht hätte, „um hier einmal die Neugier der Bevölkerung zu befriedigen“. Im Kern gehe das Thema aber niemanden etwas an. Weiter heißt es in dem Brief: „Mich würde einmal interessieren, ob die Anfrage auch gestellt worden wäre, wenn es sich um ein normales Drei- oder Vier-Familienhaus handeln würde und nicht um eine in Betrieb und lediglich momentan im Leerstand befindliche Flüchtlingsunterkunft.“

Dazu erklärte Jahn, der selbst in Heckholzhausen lebt: „Es ist traurig, welche Menschen so etwas betreiben.“ Bereits im vergangenen Jahr sei die SPD mehrfach von Bürgern darauf angesprochen worden, wie schlimm es in dem Gebäude aussehe. Kaputte Fensterscheiben seien lediglich mit Pappe zugeklebt worden, defekte Rollläden seien heruntergelassen worden. „Die Akzeptanz solcher Einrichtungen hängt davon ab, wie es dort aussieht“, sagte Jahn. Der SPD gehe es darum, Fehlentwicklungen wie diese zu korrigieren. „Unser Schreiben hat offenbar einen wunden Punkt getroffen“, so Jahn. Er erinnerte daran, dass der Eigentümer vor Jahren angekündigt habe, einen Laden in dem Gebäude zu errichten. „Das waren aber nur große Luftnummern“, so der Fraktionschef.

Flüchtlingsunterkunft für 30 bis 35 Personen: Behörden besichtigen das Gebäude in Beselich

Jahn warf dem Gebäudeeigentümer vor, dass dieser offenbar nicht die notwendige Sensibilität besitze, eine offensichtliche Schieflage zu beseitigen. Dessen Hinweis darauf, dass es auch in den umliegenden Gebäuden einen „Renovierungsstau“ gebe, gehe völlig fehl. Und das Schreiben an die Gemeinde sei nicht gerade vertrauensfördernd, zumal es für die Gemeinde Beselich wichtig sei, was in einem so zentral gelegenen Gebäude passiert, so Jahn.

Jens Schäfer wies die Kritik auf Anfrage dieser Zeitung zurück. Es sei richtig, dass zeitweise Fenster in dem Gebäude mit Pappe zugeklebt worden seien. Ursache dafür sei gewesen, dass zwei Scheiben von außen mit Backsteinen eingeworfen worden seien. Erst vor einem halben Jahr sei das Gebäude noch einmal saniert worden, nachdem alle Asylbewerber wegen Corona bereits ausgezogen waren. Nach wie vor handele es sich um eine Flüchtlingsunterkunft für 30 bis 35 Bewohner, der Vertrag mit dem Landkreis gelte nach wie vor, so Schäfer.

Sobald die Corona-Krise vorbei ist, rechne er wieder mit der Aufnahme von Asylbewerbern in Heckholzhausen. „Ich lade jeden ein, sich das Gebäude anzusehen“ sagte der Waldbrunner Bauunternehmer, der nach eigenen Angaben im Landkreis Limburg-Weilburg acht Flüchtlingsunterkünfte betreibt und damit rund 40 Prozent seines Geschäfts bestreitet. Er habe nichts zu verbergen betonte Schäfer, zumal „alle paar Monate Begehungen durch Behörden bei uns stattfinden, sei es vom Bauamt oder vom Sozialamt.“

Kommunalwahl: Eigentümer sieht in Vorstoß der SPD ein Wahlkampfmanöver

Auch zu den von Jahn als „heiße Luft“ gebrandmarkten Plänen eines Dorfladens nahm Schäfer Stellung. Er habe nach dem Erwerb und der Kernsanierung des Gebäudes in den Jahren 2015/2016 rund ein halbes Jahr Zeit und mindestens 15 000 Euro Kosten investiert, um im Keller der früheren Gaststätte einen Laden einzurichten. Gescheitert sei das Vorhaben dann aber daran, dass kein Lieferant bereit gewesen sei, einen Laden zu beliefern, der sich im Keller einer Asylbewerberunterkunft befindet.

Zur Zukunft des Gebäudes kündigte Schäfer an, dass im Falle des Auslaufens seines Vertrages mit dem Landkreis er die frühere „Post“ in ein Mehrfamilienwohnhaus umwandeln werde. Kritisch merkte der Unternehmer, der selbst der CDU angehört und im Gemeindevorstand von Waldbrunn sitzt, an, dass es sich bei dem Vorstoß der SPD offenbar um ein Wahlkampfmanöver handele - in Ermangelung anderer Themen. Im Übrigen habe es aus Heckholzhausen nur wenig Hilfe bei der Betreuung der hier untergebrachten Flüchtlinge gegeben, kritisierte Schäfer. (Rolf Goeckel)

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