Brechen: Dem Fachkräftemangel entgegenwirken

Gemeinde kooperiert mit der Adolf-Reichwein-Schule - Attraktivere Erzieher-Ausbildung
Brechen -Der Fachkräftemangel ist derzeit freilich eine große Herausforderung in vielen Berufsbranchen. Auch der Job des Erziehers oder der Erzieherin ist aktuell nicht sonderlich gefragt, so dass einige Kindertagesstätten unterbesetzt sind. Um diesem Problem entgegenzuwirken, kooperiert die Gemeinde Brechen seit einigen Monaten mit der Adolf-Reichwein-Schule in Limburg. Mit Hilfe der sogenannten Praxisintegrierten vergüteten Ausbildung (PivA) möchte die Kommune nämlich Fachkräfte für ihre vier Kitas gewinnen.
Doch wie funktioniert diese Ausbildungsform eigentlich? Und wie ist die Zusammenarbeit zwischen Brechen und der Einrichtung in der Domstadt entstanden? Claudia Andersen, Abteilungsleiterin der Fachschule für Sozialwesen an der Adolf-Reichwein-Schule, stellte im Sommer dieses Jahres während der Bürgermeister-Kreisversammlung das Projekt PivA vor. "Ich habe damals sofort daran gedacht, dass dies etwas für die Gemeinde Brechen sein könnte", erinnert sich Frank Groos (parteilos), Bürgermeister der Kommune im Goldenen Grund. Nur wenige Wochen nach dem Vortrag von Andersen sei dann die Kooperation beschlossen worden.
"Durch die Zusammenarbeit sollen künftig potenzielle Auszubildende bei der Suche nach einer Einrichtung an die Gemeinde Brechen vermittelt werden", erklärt Andersen. Frank Gross ergänzt: "In welcher unserer vier Kitas der Azubi dann tätig wird entscheidet die Gemeindeverwaltung gemeinsam mit der zentralen Kita-Leiterin Lisa Lotz."
Die PivA ist eine besondere Form der Erzieher-Ausbildung. Es handelt sich um eine drei Jahre andauernde duale Lehre. Während des ersten und zweiten Jahres steht an drei Tagen pro Woche Theorieunterricht an. "Die anderen beiden Tage verbringen die Auszubildenden in einer Kita", sagt Andersen. Im dritten Lehrjahr gibt es dann wöchentlich nur noch zwei Schultage und drei Praxistage. "Eine normale Erzieherausbildung dauert hingegen in der Regel insgesamt fünf Jahre", so die Abteilungsleiterin der Fachschule für Sozialwesen. "Dabei lernen die Berufseinsteiger über zwei Jahre hinweg nahezu ausschließlich in einer Schule." Dies sei durch die PivA anders, da bereits ab der ersten Woche Praxiserfahrung gesammelt werden könne.
Festes Gehalt vom ersten Monat an
Im ersten Ausbildungsjahr erhalten die angehenden Erzieher und Erzieherinnen ein Bruttolohn von 1150 Euro. In den folgenden beiden Jahren steigt dieser um 50 Euro beziehungsweise 100 Euro. Pro Jahr haben die Lehrlinge Anspruch auf 30 Tage Urlaub. "Durch die PivA trauen sich mehr Leute, in die Berufsbranche einzusteigen, da die Ausbildung nicht so lange dauert wie eine normale Erzieher-Lehre und bereits ab dem ersten Monat ein festes Gehalt gezahlt wird", weiß Andersen, die seit elf Jahren an der Adolf-Reichwein-Schule tätig ist. Auch den Angaben von Frank Groos zufolge werde die Erzieher-Lehre durch die PivA deutlich attraktiver.
Doch welche Voraussetzungen gelten eigentlich, um eine Praxisintegrierte vergütete Ausbildung zum Erzieher machen zu können? "Die Interessenten müssen entweder eine sozialpädagogische Vorbildung haben oder sie müssen einen Mittleren Bildungsabschluss vorweisen sowie eine dreijährige berufliche Ausbildung abgeschlossen haben", sagt Andersen. Es sei dabei nicht entscheidend, in welcher Berufsbranche diese Ausbildung absolviert wurde. "In unseren PivA-Klassen sitzen beispielsweise gelernte Mechatroniker und Friseure sowie auch studierte Chemiker", berichtet die Abteilungsleiterin der Fachschule für Sozialwesen. Die besondere Art der Ausbildung biete sich also auch für Quereinsteiger mit beruflicher Erfahrung an.
Bislang wurde noch niemand durch die Kooperation von Brechen mit der Adolf-Reichwein-Schule an die Kindertagesstätten der Kommune vermittelt. Das soll sich aber zügig ändern. "Die Zusammenarbeit ist jetzt erst einmal angelaufen. Es wird zeitnah Ausschreibungen geben", sagt Groos. Neben Brechen kooperieren übrigens im Landkreis Limburg-Weilburg auch die Kommunen Runkel, Hünfelden und Elbtal mit der Schule in Limburg, um dem Fachkräftemangel in der Erzieher-Branche entgegenzuwirken.
In ganz Hessen werden bislang in rund 400 Kindertagesstätten Praxisintegrierte vergütete Ausbildungen durchgeführt. Das Bundesland fördert das Projekt. Auch die Gemeinde Brechen hat sich für Zuschüsse beworben. "Wie viel Geld wir letztlich bekommen, steht aber noch nicht fest", sagt der Bürgermeister.
Die Weiterentwicklung der Kinderbetreuung sei eine wichtige Herausforderung für die Zukunft der Kommune, so Groos. Es liege in der Verantwortung der Gemeinde, die Ausbildungszahlen in der Berufsbranche zu erhöhen. Durch die Kooperation mit der Adolf-Reichwein-Schule könne dies gelingen. Der Bürgermeister hat auch schon einen Plan, wie die Partnerschaft von Brechen mit der französischen Kleinstadt Le Barp von der PivA profitieren könnte. "Die Lehrlinge müssen im Rahmen der Ausbildung ein sechswöchiges Praktikum in einer anderen Einrichtung machen. Es wäre doch toll, wenn dieses Praktikum in unserer Partnerstadt absolviert werden könnte", sagt der Verwaltungschef.
Wer Interesse an einer Praxisintegrierten vergüteten Ausbildung zum Erzieher hat, kann sich mit Claudia Andersen per E-Mail an claudia.andersen@ars-limburg.de in Verbindung setzen. Weitere Informationen zur Kooperation mit der Gemeinde Brechen werden darüber hinaus zeitnah auf der Homepage der Adolf-Reichwein-Schule zu finden sein.