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Hadamar: Die verkümmerten Pläne der Dorferneuerer

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Von: Anken Bohnhorst

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Ein modernisierter Spielplatz, das sei alles, was von der Dorferneuerung übrig geblieben ist, sagt Christof Mohr, der sich mit einem Arbeitskreis für neue Projekte eingesetzt hatte.
Ein modernisierter Spielplatz, das sei alles, was von der Dorferneuerung übrig geblieben ist, sagt Christof Mohr, der sich mit einem Arbeitskreis für neue Projekte eingesetzt hatte. © Anken Bohnhorst

Arbeitskreis übt harsche Kritik an Bürgermeister Michael Ruoff (CDU)

Steinbach -Immerhin ist der Spielplatz am Dorfgemeinschaftshaus aufgemöbelt worden, und das ist durchaus zu begrüßen, sagt Christof Mohr vom Arbeitskreis Dorferneuerung. Nur dass die Modernisierung des Spielplatzes alles ist, was nach knapp 20-jährigem ehrenamtlichen Engagement einiger Bürger bei der Dorferneuerung herausgekommen ist, das frustriert ihn.

Anke Föh-Harshman, ebenfalls Mitglied im Arbeitskreis sowie Bündnis90/Die Grünen-Kandidatin für die Stadtverordnetenversammlung, wird deutlicher. Sie sagt: "Das Ehrenamt wurde mit Füßen getreten." Stunden, Monate, Jahre habe man sich für das Dorf eingesetzt, um dessen Weiterentwicklung und Erneuerung voranzutreiben, von der Bürgermeister Michael Ruoff (CDU) jetzt auf seiner Homepage mitteilt, sie sei "in Steinbach erfolgreich abgeschlossen" worden. Unter erfolgreichem Abschluss verstehen die Leute vom Arbeitskreis etwas anderes. Ihre Verbitterung ist tief und reicht Jahre zurück.

Mohr, bis November vergangenen Jahres CDU-Mitglied und jetzt parteiloser Kandidat für den Ortsbeirat sowie Grünen-Unterstützer, und Föh-Harshman werfen dem Bürgermeister vor, maßgeblich zur Verhinderung des wichtigsten Projekts des Arbeitskreises beigetragen zu haben: dem Umbau der Markt- und Sporthalle in ein multifunktionales Dorfgemeinschaftshaus, das auch energetisch modernisiert werden sollte. Mehr als zehn Jahre liegen die Planungen für dieses Projekt zurück. Die Halle in der Nachbargemeinde Beselich sollte als Vorbild für das zu Beginn der 1970er Jahre in Steinbach errichtete Gebäude dienen. Denn in Beselich hatte die Gemeinde die Baumaßnahme ebenfalls durch ein Dorferneuerungsprogramm realisiert, sagt Mohr. Trotzdem hätten Bürgermeister und Magistrat das Projekt in Steinbach abgelehnt.

Bürgermeister Ruoff weist das zurück. "Dies stimmt nicht, weil die für die Förderung zuständige WI-Bank Hessen das Projekt ablehnte und die Sanierung sowie funktionale Aufwertung der Markthalle städtebaulich wie auch von ihrer Lage am Ortsrand im Sinne der Dorferneuerung von geringerer Priorität ansah. Der Bedarf und die Nachhaltigkeit für den angesprochenen Bühnenanbau wurde von der WI-Bank nicht gesehen und deshalb mehrheitlich abgelehnt."

Keine Zustimmung vom Ministerium

Auch dass die Verwaltung einen bereits bewilligten Förderbetrag zurückgegeben habe, sei so nicht richtig. "Im Bund-Länder-Programm 2009/10 wurden 530 000 Euro Fördermittel für energetische Maßnahmen in Aussicht gestellt. Es sollten Maßnahmen durchgeführt werden, die die Einsparung von 30 Prozent Primärenergie bewirken", sagt Ruoff. Das hätte allerdings eine Investition in Höhe von 832 000 Euro erfordert, von der die Stadt 300 000 Euro hätte übernehmen müssen. "Diese Eigenmittel waren im Haushaltsplan und der längerfristigen Finanzplanung nicht vorgesehen, zumal bei der Anmeldung der Maßnahmen eine Förderung von 100 Prozent in Aussicht gestellt wurde, die dann aber auf 65 Prozent reduziert wurde." Daraufhin habe die Bauverwaltung der Stadt ihrerseits Vorschläge erarbeitet, "die weniger kostenintensiv waren, Einsparungen der Primärenergie bewirken und auch kurzfristig rentierlich waren".

Als das Ministerium jedoch auch dazu seine Zustimmung verweigerte, hätten Magistrat und Bau- und Verkehrsausschuss beschlossen, auf die Fördermittel zu verzichten und mit den im Haushalt eingestellten Mitteln bautechnisch wie auch energetisch sinnvolle Maßnahmen durchzuführen, sagt Ruoff. In der Mehrzweckhalle in Steinbach wurde die Heizungsanlage auf Brennwerttechnik umgerüstet, die Glasfront durch Wärmeschutzverglasung ersetzt, ballwurfsichere wärmegedämmte Decken eingezogen, Energiesparbeleuchtung installiert und die Umkleideräume und Toiletten saniert, so Ruoff. Gesamtvolumen: 158 000 Euro. Der Energieverbrauch habe um 45 Prozent gesenkt werden können. Auch diese Maßnahme liegt über zehn Jahre zurück.

Doch der Frust bei Mohr, Föh-Harshman und anderen Mitgliedern des Arbeitskreises baute sich in der Folgezeit nicht ab, sondern schwoll an. Denn auch ein weiteres Vorhaben, das Projekt "Unsere Mitte - Kulturhaus mit Dorfplatz" scheiterte. Aus der ersten Option, einem Fachwerkhaus in der Dorfmitte, wurde nichts, sagt Mohr. Und auch "beim zweiten Standort im Bereich einer ehemaligen Tankstelle wurden der Grundstückseigentümer und der Arbeitskreis über mehrere Jahre hingehalten" - ehe der Plan eines Kulturhauses endgültig scheiterte. Dabei seien Standort und Nutzungskonzept den städtischen Gremien vorgelegt und von diesen zunächst unterstützt worden. 48 000 Euro verlangte der Eigentümer des Tankstellengeländes, Familie Reitz aus Bad Camberg, für das etwa 600 Quadratmeter große Gelände, zitiert Mohr aus einem Schreiben der Familie. Von dem Kaufpreis hätte das Land nach seiner Kenntnis 75 Prozent übernommen, also 36 000 Euro. Die für die Stadt verbleibenden 12 000 Euro wären um weitere 5000 Euro verringert worden, die die Verkäufer dem Dorferneuerungsbeirat in Steinbach gespendet hatten. Danach hätte die Stadt lediglich 7000 Euro für den Erwerb aufbringen müssen, sagt Christof Mohr.

Verhandlungen abgebrochen

Aus Sicht des Bürgermeisters scheiterte der Vertrag allerdings an etwas anderem. "Die Verkaufsverhandlungen der Tankstelle mit Autowerkstatt wurden zum Jahreswechsel 2015/16 abgebrochen, weil die städtischen Gremien vom Verkäufer verlangten, die Haftung für Bodenverunreinigungen und Altlasten auch nach dem Vertragsschluss zu übernehmen", sagt Ruoff. "Letztendlich kam es deshalb auch nicht zu einer abschließenden Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung über eine Projektsumme von mehr als 600 000 Euro."

Christof Mohr sagt, die neue Halle sowie das Kulturhaus hätten zu "Leuchtturmprojekten" für "nachhaltige Dorfentwicklung" werden können. Die Verlegung eines Spielplatzes reicht dafür nicht aus. Für ihn bleibt das bittere Gefühl, dass Steinbach wie andere Stadtteile von der Verwaltung in der Kernstadt "abgehängt" wurde. Anken Bohnhorst

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