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Hoffnung auf erzieherischen Effekt

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Von: Anken Bohnhorst, Stefan Dickmann, Tobias Ketter

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Wer vom Blitzgerät an der Diezer Straße in Limburg erwischt wird, muss künftig deutlich mehr bezahlen. Allerdings bleibt in Hessen nicht alles Geld immer bei den Kommunen.
Wer vom Blitzgerät an der Diezer Straße in Limburg erwischt wird, muss künftig deutlich mehr bezahlen. Allerdings bleibt in Hessen nicht alles Geld immer bei den Kommunen. © Braun, Sascha

Aufwand der Umstellung ist für die Städte und Gemeinden sowie die Polizei im Landkreis Limburg-Weilburg gering

Limburg-Weilburg -"Höhere Geldbußen sollen mehr Sicherheit bringen." Das ist die offizielle Lesart für den neuen Bußgeldkatalog, der seit Dienstag in Kraft ist. Temposünder und Falschparker müssen, wenn sie erwischt werden, deutlich mehr zahlen als bisher. Bei den Regeln zu Fahrverboten ändert sich hingegen nichts. Das Ziel ist es, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, in dem besonders Radfahrer und Fußgänger besser geschützt werden sollen.

"Ich hoffe auf einen erzieherischen Effekt", sagt der Leiter des Limburger Ordnungsamts, Michael Wolf. Er verweist besonders auf das unerlaubte Parken auf Gehwegen, das nun deutlich teurer geahndet wird. "Das wird häufig als Kavaliersdelikt gesehen, weil man ja angeblich nur ganz kurz in ein Geschäft will. Aber das ist es nicht, wenn Personen, die auf einen Rollator angewiesen sind, oder Mütter mit Kinderwagen den Gehweg nicht mehr benutzen können."

Wolf begrüßt auch, dass nun Autoposer, die häufig Lärm verursachen und unnötige Abgase produzieren, besser als bisher zur Rechenschaft gezogen werden können. Sie sind in Limburg schon seit Jahren ein großes Problem in der Innenstadt. Deren Lieblingsstrecke sind die Straßen rund um den Neumarkt. Wer dauernd hin- und herfährt, ohne ersichtliches Ziel und ohne den Wunsch zu parken, kann nun mit einem Bußgeld von bis zu 100 Euro belangt werden. Nach Angaben von Wolf arbeitet die Stadt und die Polizei in dieser Angelegenheit schon eng zusammen, um den berechtigten Beschwerden von Anwohnern über Poser besser nachgehen zu können.

Autofahrer werden es

"schmerzhaft spüren"

Werden die höheren Bußgelder zu weniger Verfahren in Limburg führen? Wolf ist davon überzeugt, dass Autofahrer, die sich nicht an die Regeln halten und erwischt werden, dies nun finanziell "schmerzhaft spüren". Im Jahr 2019, also vor Beginn der Pandemie, musste die Stadt Limburg mehr als 27 000 Verfahren wegen Parkverstößen einleiten. Als Folge der Pandemie mit wochenlang geschlossenen Geschäften und Restaurants ging auch der Verkehr in der Limburger Innenstadt deutlich zurück und damit sank auch die Zahl der Verstöße im vergangenen Jahr auf unter 20 000. Bis Ende Oktober dieses Jahres lag die Zahl der Bußgeldverfahren aufgrund von Verstößen im ruhenden Verkehr bei knapp 13 000. Aber sobald alle Geschäfte und Restaurants geöffnet seien, normalisiere sich der Verkehr sehr schnell, erklärt Wolf. Die Einnahmen der Stadt durch Geldbußen aufgrund von Parkverstößen sank entsprechend von rund 350 000 Euro (2019) auf rund 280 000 Euro (2020) und liegt bislang (Januar bis Oktober) bei mehr als 150 000 Euro.

Der Limburger Ordnungsamtsleiter macht auf eine weitere Besonderheit aufmerksam, die nur im Bundesland Hessen gelte: Verhängt eine Kommune ein Bußgeld, das höher als 55 Euro liegt, wandert das Verfahren (und das Bußgeld) in den Verantwortungsbereich des Regierungspräsidiums Kassel, das auch von der hessischen Polizei registrierte Tempoverstöße mit Bußgeldverfahren ahndet. Nach Wolfs Angaben gibt es nur bei den von den Kommunen registrierten Tempoverstößen mit einem Bußgeld höher als 55 Euro sowie Verstößen gegen die Umweltzone (keine grüne Plakette, kostet 80 Euro) eine Erstattung von 40 Prozent. Und so flossen wieder 26 500 Euro (2019) von Kassel nach Limburg zurück.

Zahl der Tempoverstöße

schon vorher gesunken

Auch die Polizei in Limburg erhofft sich einen erzieherischen Effekt durch die höheren Bußgelder. Allerdings gab es schon vor der Verschärfung einen deutlichen Trend: Trotz mehr Verkehr registriert die Polizei im Landkreis Limburg-Weilburg deutlich weniger Tempoverstöße als noch vor einigen Jahren, und zwar sowohl von der Menge als auch von den einzelnen Spitzengeschwindigkeiten, teilt Polizei-Sprecher Christian Wiepen mit. Im Durchschnitt liege der Anteil der Tempoverstöße bei rund drei Prozent und damit nur noch halb so hoch wie vor einigen Jahren. Neben den verstärkten Kontrollen der Polizei auf der B 49 liege der Rückgang vermutlich auch daran, "dass immer mehr Menschen beruflich auf ihren Führerschein angewiesen sind", sagt Wiepen. Auf der Autobahn hingegen sei ein anderer Trend feststellbar: Zwar auch insgesamt weniger Tempoverstöße, aber deutlich mehr Raser, die gleich mit mehrmonatigen Fahrverboten belegt werden müssten.

"Die Einführung des neue Bußgeldkatalogs ist durchaus eine sinnvolle Maßnahme, weil die Verwarngelder bislang einfach nicht ausgereicht haben", sagt Dennis Schleenbecker, Ordnungspolizeibeamter der Gemeinde Hünfelden. Er habe in den vergangenen Monaten und Jahren immer wieder feststellen müssen, dass Bürger in der Kommune trotz Strafen und Verboten nicht ordnungsgemäß parken. "Durch den neuen Bußgeldkatalog profitiert auch der Geldbeutel der Gemeinde", berichtet Schleenbecker.

Den Angaben des Ordnungspolizisten zufolge habe die Gemeinde kaum Mehraufwand durch die Umstellung. "Es musste lediglich ein Software-Update gemacht werden", sagt er. Vermehrte Kontrollen seien künftig nicht vorgesehen. "Dafür fehlt uns das Personal", so Schleenbecker. Derzeit fahre er mit seinem Kollegen Jörg Pfaff möglichst einmal täglich durch die Gemeinde im Goldenen Grund, um Parksündern das Handwerk zu legen. Das Duo sei durchschnittlich zweieinhalb Stunden pro Tag unterwegs.

Höhere Akzeptanz

der Verkehrsregeln

Dass der neue Bußgeldkatalog mehr Geld in die Gemeindekasse spülen wird, hält der Dornburger Bürgermeister Andreas Höfner (CDU) allerdings für ein vorübergehendes Phänomen. Es werde anfangs so sein, "aber das wird sich meines Erachtens mindestens relativieren, weil höhere Bußgelder eine höhere Akzeptanz von Verkehrsregeln bewirken". Er begrüßt die Einführung daher. Größeren Aufwand in der künftigen Abwicklung oder durch die Umstellung der Strafzahlungen sieht er nicht. Neue Vordrucke für Strafzettel müssten jedenfalls nicht in Auftrag gegeben werden.

Das bestätigt auch Bürgermeister Michael Ruoff (CDU) für die Stadt Hadamar. Allerdings hätten die Blitzgeräte und die Software umgestellt werden müssen. Er meint, die Stadt könne durchaus "mit Einnahmen aus dem einen oder anderen höheren Bußgeld rechnen". Darauf werde es hinauslaufen, sagt Ruoff. Und auch wenn diese Entwicklung unter finanziellen Gesichtspunkten angenehm sei, so wünsche er sich, "dass es erst gar nicht zu den Verstößen kommt, weil die Verkehrsteilnehmer mehr Rücksichtnahme üben".

Auch der Runkeler Ordnungspolizist Matthias August hofft auf positive Effekte des neuen Verwarnungs- und Bußgeldkatalogs. "Und wenn nur ein Teil der Autofahrer nicht mehr falsch parkt, haben wir schon gewonnen", sagt er. Zunächst rechne er damit, dass mehr Geld in die Stadtkasse fließt, "danach merken die Autofahrer aber, dass die neuen Bußgelder wehtun". Allerdings sei Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern auch mit den neuen Bußgeldsätzen noch immer ausgesprochen "billig", meint Matthias August.

Einen großen Mehraufwand bedeutet die Neuregelung für die Stadt nicht. Für die Radarmessanlagen sei eine Softwareänderung fällig, die knapp 1000 Euro koste, die Änderungen im Bereich des Parkens erledigt das kommunale Gebietsrechenzentrum Ekom. "Wenn das erledigt ist, haben wir den gleichen Aufwand wie vorher", sagt August.

Der neue Bußgeldkatalog seit Dienstag

Autoposer werden künftig stärker zur Kasse gebeten, wenn sie mit ihren Fahrzeugen unnötigen Lärm und Abgase verursachen, weil sie dauernd hin- und herfahren. Werden sie dabei erwischt, kostet das bis zu 100 Euro.

Parken auf Geh- und Radwegen, das Halten auf Schutzstreifen und das Parken und Halten in zweiter Reihe kosten jetzt bis zu 110 Euro. Einen Punkt in Flensburg gibt es zusätzlich, wenn durch dieses Verhalten andere Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet werden.

Wer ohne Berechtigung auf einem Parkplatz für Schwerbehinderte parkt, muss mit einem Bußgeld von 55 Euro rechnen.

Ebenfalls 55 Euro werden fällig, wer mit seinem Verbrenner-Auto auf einem Parkplatz für E-Autos und Carsharing-Fahrzeuge parkt; diese Regelung gab es bisher nicht.

Bei Parkverstößen auf Feuerwehrzufahrten und der Behinderung von Rettungsfahrzeugen wird ein Bußgeld von bis zu 100 Euro erhoben.

Wer sich weigert, im Stau eine Rettungsgasse zu bilden oder diese für eigene Zwecke missbraucht, muss mit einem Bußgeld zwischen 200 und 320 Euro, einem vierwöchigen Fahrverbot sowie zwei Punkten rechnen.

Lkw-Fahrer müssen beim Rechtsabbiegen innerhalb von Ortschaften mit Schrittgeschwindigkeit fahren - tun sie es nicht, können sie mit 70 Euro zur Kasse gebeten werden und erhalten einen Punkt in Flensburg.

Wer als Autofahrer über Gehwege, linksseitig angelegte Radwege und Seitenstreifen fährt, muss mit einer Geldbuße von bis zu 100 Euro rechnen.

Deutlich teurer wird es für Temposünder. Im Schnitt werden die Geldstrafen inner- und außerorts verdoppelt. Unverändert bleiben die Vorgaben für Fahrverbote mit Punkten und den Führerscheinentzug.

Das gilt für Pkw-Fahrer innerhalb von Ortschaften:

bis 10 km/h zu schnell: 30 Euro statt 15 Euro;

11 bis 15 km/h zu schnell: 50 Euro statt 25 Euro;

16 bis 20 km/h zu schnell: 70 Euro statt 35 Euro;

21 bis 25 km/h zu schnell: 115 Euro statt 80Euro;

26 bis 30 km/h zu schnell: 180 Euro statt 100 Euro;

31 bis 40 km/h zu schnell: 260 Euro statt 160 Euro;

41 bis 50 km/h zu schnell: 400 Euro statt 200 Euro;

51 bis 60 km/h zu schnell: 560 Euro statt 280 Euro;

61 bis 70 km/h zu schnell: 700 Euro statt 480 Euro;

über 70 km/h zu schnell: 800 Euro statt 680 Euro.

Das gilt für Pkw-Fahrer, die außerhalb von Ortschaften zu schnell fahren:

bis 10 km/h zu schnell: 20 Euro statt 10 Euro;

11 bis 15 km/h zu schnell: 40 Euro statt 20 Euro;

16 bis 20 km/h zu schnell: 60 Euro statt 30 Euro;

21 bis 25 km/h zu schnell: 100 Euro statt 70 Euro;

26 bis 30 km/h zu schnell: 150 Euro statt 80 Euro;

31 bis 40 km/h zu schnell: 200 Euro statt 120 Euro;

41 bis 50 km/h zu schnell: 320 Euro statt 160 Euro;

51 bis 60 km/h zu schnell: 480 Euro statt 240 Euro;

61 bis 70 km/h zu schnell: 600 Euro statt 440 Euro;

über 70 km/h zu schnell: 700 Euro statt 600 Euro. dick

abv/dickgoe/tob

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