Lieber Elzer als Limburger

Beinahe wären aus den Offheimer „Bären“ Elzer „Blechköppe“ geworden. Denn um der Zwangseingemeindung nach Limburg zu entgehen (die 1974 vollzogen wurde), boten die Offheimer Gemeindevertreter den freiwilligen Beitritt zu Elz an.
Offheim, ein Ortsteil von Elz? Die Offheimer „Bären“ zusammen mit den Elzern „Blechköppen“ in derselben Gemeinde? Was heute angesichts der Rivalität der beiden Orte fast aberwitzig klingt, wurde in Offheim tatsächlich bei der Gebietreform Anfang der 1970er-Jahre ernsthaft diskutiert, bestätigen die beiden Zeitzeugen und ehemaligen Offheimer Gemeindevertreter Hermann Muth und Walter Schmidt.
„Wir waren Offheim und wollten Offheim bleiben“, fasst Hermann Muth die damalige Gefühlslage im Ort zusammen. Allerdings war allen politisch Aktiven klar, dass der Wunsch nach fortgesetzter Selbstständigkeit kaum zu erfüllen war. „Heribert Reitz hat uns damals klar klar gesagt, an der Gebietsreform und dem Verlust der Selbstständigkeit kommt Ihr nicht vorbei“, ergänzt Walter Schmidt. Als SPD-Fraktionschef im Landtag und späterer hessischer Finanzminister war Reitz in allen relevanten Diskussionen der hesssischen Landesregierung eingeweiht.
Was also konnten die Offheimer tun, um der ungeliebten Eingemeindung nach Limburg zu entgehen? „Die Kontakte zwischen Offheim und Elz waren damals viel stärker als zu Limburg. Denn viele Familien hatten Verwandtschaft in beiden Orten. Daher war ein Zusammengehen mit Elz durchaus naheliegend“, erklärt der ehemalige Ortsvorsteher Muth. Auch über die Kräfteverhältnisse nach einer Fusion machten sich die Offheimer Gemeindevertreter keine Illusionen: Elz hatte damals bereits 6000 Einwohner. Daher war klar, dass Offheim Elz beitreten würde und nicht umgekehrt, betont Schmidt.
Konkret bedeutete das, dass sich eine Offheimer Delegation auf den Weg ins Elzer Rathaus machte, um die Lage zu sondieren und herauszubekommen, ob es Interesse an der Eingemeindung des Nachbarn gab.
Die Elzer Antwort fiel allerdings nicht so aus, wie erhofft: „Man sagte uns, dass Elz selbst groß genug ist, um selbstständig zu bleiben“, erzählt Schmidt, der selbst Teil der Offheimer Abordnung gewesen war. Unter der Hand baten die Elzer außerdem darum, das Thema fallen zu lassen und nicht weiterzuverfolgen. „Denn offenbar wäre die Elzer Selbstständigkeit im Falle einer Eingemeindung Offheims dann doch bedroht gewesen“, ergänzte der Zeitzeuge, ohne dazu weitere Details zu nennen.
Im Jahr 1974 kam es dann zur Anhörung im Landtag und auch die Offheimer Gemeindevertreter hatten die Gelegenheit, vor dem entsprechenden Ausschuss ihre Position darzulegen. „Ich ergriff, das Wort und wies den Ausschuss auf unser neues Industriegebiet unterhalb der Kapellenstraße hin und betonte, dass Offheim dadurch in der Lage sei, sich selbst zu verwalten“, fasste Walter Schmidt die damaligen Geschehnisse zusammen.
Die Argumente stießen in Wiesbaden allerdings auf taube Ohren. Ein Umstand, dem sich auch Limburgs Bürgermeister Josef Kohlmaier bewusst war: „Er hat sich kein einziges Mal hier blicken zu lassen, um für die Eingemeindung zu werben“, sagte Hermann Muth. Kohlmaier wusste, dass er das nicht nötig hatte. Denn die geschaffenen Fakten begünstigten Limburg.
Denn 1971/72 waren Ahlbach zusammen mit Dietkirchen und Lindenholzhausen freiwillig der Domstadt beigetreten. Und da die Wiesbadener Verwaltungsexperten die Regel verfolgten, bei der Gebietsreform keine Exklaven zuzulassen, war mit Ahlbachs Beitritt auch Offheims Schicksal besiegelt. „Umzingelt“ von Limburger Gebiet, blieb nur noch der Weg nach Limburg.
Trotz allen Zwangs kam es aber zu keinen persönlichen Verletzungen und Rivalitäten, sodass nach der Eingemeindung 1974 die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit unbeschädigt blieb.
Dass aber alles auch ganz anders hätte laufen können, zeigt das bis heute ungebrochene Wachstum der Offheimer Gewerbegebiete.