Axt-Tötung in Limburg: Mutmaßlicher Täter wurde schwer verletzt in Klinik gebracht

Die bestialische Tötung einer 31-Jährigen am Freitagmorgen in Limburg hat auch am Wochenende die Menschen in der Region bewegt. Zahlreiche Frauen legten am Tatort Blumen nieder. Der Täter ist am Samstagmittag vom Limburger St. Vincenz-Krankenhaus in die Klinik der Justizvollzugsanstalt Kassel verlegt worden.
Limburg - "Wir vermissen Dich!" Das steht auf einem braunen Herz in einem Bukett mit weißen Chrysanthemen, weißen Rosen und einem Tannenzapfen. Daneben zahlreiche weitere Blumen, vor allem Rosen, ein kleiner Teddybär sowie rote und weiße Grablichter. Vor allem Frauen legen am Samstag und Sonntag auf dem Bürgersteig in der Weiersteinstraße Blumen ab, bleiben kurz stehen, manche beten. Alle wirken betroffen - und alle schauen nach einer Weile nach rechts über den Parkplatz der Kreishandwerkerschaft auf das Haus Nummer 6. Der Schauplatz eines bestialischen Mordes.
"Wir vermissen Dich": Das gilt vor allem für die Kinder des Ehepaars, das nach heftigen Streitigkeiten seit längerer Zeit getrennt voneinander lebte. Der in Deutschland geborene und aufgewachsene Mann mit tunesischen Vorfahren und arabischem Namen in der früher gemeinsamen Wohnung in einem kleinen Ort bei Mendig in Rheinland-Pfalz, die Tunesierin mit den Kindern im Limburger Frauenhaus. Das Mädchen und der Junge im Alter von zwei und drei Jahren sind in der Obhut des Jugendamtes.
Limburg: Frau brutal getötet "Die armen Kinder"
"Die armen Kinder", sagen die Trauernden auf dem Bürgersteig immer wieder. Aus etwa zehn Meter Entfernung blicken sie auf eine breite Tafel in der Mitte des denkmalgeschützten Gebäudes. Sie steht vor einer eingedrückten Wand. Dort ist am Freitagmorgen um 8.25 Uhr die Amokfahrt des Täters gestoppt worden. Sein schwarzer Audi krachte mit hohem Tempo in das Haus. Vorher hatte der 34-Jährige auf dem Bürgersteig seine Frau absichtlich umgefahren, der Wagen das Opfer rund 30 Meter mitgeschleift. Ob die 31-Jährige zu diesem Zeitpunkt bereits tot war, ist noch nicht geklärt. Fest steht, dass ihr Mann nach dem Crash eine Axt aus dem Kofferraum des qualmenden Autos holte, in beide Hände nahm und mit voller Kraft fünfmal auf ihren Kopf schlug, ihr den Schädel zertrümmerte und sie fast enthauptete.
Limburg: Nacht Tat auf offener Straße - Opfer wird obduziert
Das alles wissen die Menschen, die nun ein beziehungsweise zwei Tage später noch immer schockiert und fassungslos am Tatort stehen. Viele von ihnen haben die grausamen, von Augenzeugen gefilmten Szenen, die im Internet kursierten, gesehen.
Wer etwas weiter geht, entdeckt hinter dem rot-weißen Flatterband Risse in der Hauswand und auf dem Boden die blauen Markierungen der Spurensicherung.
Der Ablauf des Verbrechens ist weitgehend bekannt, verschiedene Details auch aufgrund widersprüchlicher Zeugenaussagen offen. Wichtige Fragen werden die Aufnahmen der Überwachungskamera am Domizil der Kreishandwerkerschaft beantworten. Und die Obduktion der Leiche, die heute oder morgen im Institut für Rechtsmedizin der Gießener Universitätsklinik vorgenommen werden soll.
Limburg: Täter hatte auch Schusswaffe - Pistole war durchgeladen
Im Antrag der Limburger Staatsanwaltschaft für den Haftbefehl ist von "erheblichen Schnittverletzungen am Kopf und im Halsbereich" die Rede. Das ist wohl eine sehr zurückhaltende Formulierung. Ins Bild vom Abschlachten passt, dass neben der Leiche die Axt und ein Schlachtermesser lagen. Ob der Mann damit zugestochen hat, ist auf den verbreiteten Filmen nicht zu sehen. "Das Messer ist blutbehaftet", sagt Manuel Jung, der stellvertretende Pressesprecher der Limburger Staatsanwaltschaft.
Er bestätigt am Samstag die Aussage eines Zeugen, dass der Killer auch eine Schusswaffe dabei hatte. "Die Polizei hat eine PTB-Pistole, mit Gas und Knall geladen, auch durchgeladen, aber nicht abgefeuert, sichergestellt", sagt der Staatsanwalt. Laut Jung besitzt der Mörder einen kleinen Waffenschein. "Wir gehen mittlerweile davon aus, dass der Beschuldigte zumindest einen Passanten mit der Waffe bedroht hat", sagt Jung.
Limburg: Augenzeugen berichten
Dieser Mann hatte der Frau nach eigenen Angaben helfen wollen. Dies muss vor der Wahnsinnstat gewesen sein. Gestern erklärten Zeugen, der Täter sei nach dem Unfall in seinem Audi eingeklemmt gewesen und von Passanten aus dem Pkw gezogen worden. Danach könnte er seine Helfer bedroht und schließlich zur Axt gegriffen haben. Wenig später muss der 34-Jährige auf dem Parkplatz zusammengebrochen sein.
Die Darstellung, dass er von Personen bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten worden ist und sich widerstandslos festnehmen ließ, stimmt definitiv nicht. Ein Video zeigt, dass der Mörder regungslos auf dem Boden lag, als zwei Polizisten mit vorgehaltener Waffe auf ihn zuliefen.
Er hat sich bei dem Unfall schwere innere Verletzungen zugezogen. Dass er anschließend trotzdem mit der Axt fünfmal mit voller Kraft auf seine am Boden liegende Frau einschlagen konnte, erklären Fachleute mit einem Adrenalinschub. Wegen der Verletzungen war lange offen, ob der 34-Jährige noch am Freitag dem Haftrichter vorgeführt werden konnte. Dies erfolgte abends an einem geheimen Ort, während mehrere Fernsehteams und Fotografen vergeblich vor dem Amtsgericht warteten.
Täter vor Gericht: Unbändige Wut
Der Richter des Amtsgerichts erließ Haftbefehl wegen Mordes und setzte ihn sofort in Vollzug. Der Killer kam allerdings nicht ins Gefängnis, wie mehrere Medien berichteten, sondern ins Limburger St. Vincenz-Krankenhaus. Dort verbrachte er die Nacht, von Polizisten streng bewacht. Am Samstagmittag wurde der Patient in die JVA-Klinik nach Kassel verlegt.
Bei seiner Vorführung hat er auf Anraten seines Limburger Pflichtverteidigers keine Angaben zur Tat und zu seinem Motiv gemacht.
Dass er wahnsinnig wütend auf seine Frau gewesen sein muss, hat die abscheuliche Bluttat dokumentiert. Warum? Darüber wird nun fleißig spekuliert. Ehrenmord und Streit ums Sorgerecht sind zwei Begriffe, die häufig fallen. Die 31-Jährige soll einen Liebhaber gehabt haben.
Limburg - Zitat des Killers: "Du gehst nicht mehr fremd"
Augenzeugen geben unter anderem zwei Ausrufe des Ehemanns wieder: "Du gehst mir nicht mehr fremd" und "Du hast nicht gehört, was ich gesagt habe." Eine an der Schiede wohnende Bekannte des Opfers erzählte, der Mann habe die Frau von Tunesien nach Deutschland geholt und darunter gelitten, dass sie zu selbstständig geworden sei. Aufgrund der ständigen Auseinandersetzungen habe sie den Partner schließlich verlassen.
Angeblich soll der 34-Jährige schon länger gewusst haben, dass seine Frau mit den Kindern im Limburger Frauenhaus lebte. Außerdem hätten sich dort mehrere seiner Verwandten nach der Tunesierin, die an einer Volkshochschule unterrichtete, erkundigt.
"Das wissen wir alles noch nicht", sagt Manuel Jung. "Erstes Ziel war es, den Beschuldigten am Freitag dem Haftrichter vorzuführen, jetzt folgen die nächsten Schritte".
Abwarten bis Mittwoch
Der Staatsanwalt rechnet damit, nach der Obduktion und weiteren Vernehmungen bis Mitte der Woche zuverlässige Informationen geben zu können.
Das Frauenhaus wollte sich gestern auf Anfrage dieser Zeitung nicht äußern. Auf der Homepage der Einrichtung und auf Facebook verbreiteten die Mitarbeiterinnen und Bewohnerinnen eine Nachricht: "Mit Wut und Trauer verurteilen wir den brutalen Mord an unserer Bewohnerin des Frauenhauses Limburg. Wir sind zutiefst erschüttert und fassungslos. Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt den hinterbliebenen Kindern."
Zum Jahreswechsel 2020 wird in Limburg das Feuerwerk an einigen Stellen in der Stadt verboten sein.