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„Axtmord“ in Limburg: Mann schweigt noch immer - Haben Horror-Videos rechtliche Konsequenzen?

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Von: Joachim Heidersdorf

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Ein Passant zeigt den Polizisten die Richtung, die Beamten laufen mit vorgehaltener Pistole auf den am Boden liegenden Mörder zu. Eine Szene aus einem der Videos von Zeugen, die im weltweiten Netz kursierten.
Ein Passant zeigt den Polizisten die Richtung, die Beamten laufen mit vorgehaltener Pistole auf den am Boden liegenden Mörder zu. Eine Szene aus einem der Videos von Zeugen, die im weltweiten Netz kursierten. © p

Nach dem „Axtmord“ in Limburg schweigt der Verdächtige weiter. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob im Internet veröffentlichte Videos strafrechtlich verfolgt werden.

Limburg - Gut zwei Monate danach deutet am Tatort in der Weiersteinstraße in Limburg fast nichts mehr auf das bestialische Verbrechen hin, das die Region erschüttert und bundesweit Schlagzeilen gemacht hat. Der Zaun auf dem Parkplatz der Kreishandwerkerschaft, den der Mörder mit einem Auto durchbrochen hat, ist noch kaputt. Auf dem Bürgersteig liegen nur noch ein kleiner Teddybär und ein paar Grablichter. Die Pflastersteine mit den Blutspuren und den Markierungen der Ermittler sind ausgetauscht worden.

Der "Axtmörder", der seine Frau am 25. Oktober auf dem Gehweg mit einem schweren Audi gezielt "abgeschossen" und ihr dann mit einem Beil den Schädel zertrümmert hat, sitzt weiter im Kasseler Gefängnis in Untersuchungshaft. Der 34-Jährige hat nach Auskunft der Staatsanwaltschaft bislang keine Angaben zur Tat gemacht. Ein üblicher Vorgang, weil das Ergebnis des Gutachters noch nicht vorliegt.

Axtmord in Limburg: Aufenthaltsort der Kinder ist geheim

Der Aufenthaltsort der beiden kleinen Kinder des Paars ist geheim. Sie sind in der Obhut des Jugendamtes und bei Pflegeeltern untergebracht - mehr wird nicht verraten. Vor Weihnachten hatten viele gefragt, wie sie dem Mädchen und dem Jungen unterstützen können.

„Die Ermittlungen laufen nach wie vor“, sagte Manuel Jung von der Limburger Staatsanwaltschaft auf Anfrage dieser Zeitung. Untersuchungen zu Motiv, Anlass und Umfeld würden weiter abgearbeitet. Er rechnet bis spätestens Frühjahr mit einer Anklage. "Wegen Mordes", so Jung, "das steht fest".

Limburg: Bis zu einem Jahr Gefängnis

Offen ist dagegen, ob auch die Verbreiter der schockierenden Videos von der Hinrichtung der 31-jährigen Frau belangt werden. In diesem Punkt hat die Polizei die Rechnung wohl ohne die Staatsanwaltschaft gemacht. "Unterlasst die Weiterverbreitung - wir werden konsequent gegen JEDE/N, die/der ein Video postet / teilt / veröffentlicht, ein Strafverfahren wegen Gewaltdarstellung (§ 131 StGB) einleiten", twitterte das Social-Media-Team des zuständigen Polizeipräsidiums (PP) Westhessen am 25. Oktober.

Die Kollegen vom PP Mittelhessen gingen sogar noch einen Schritt weiter und wiesen auf die Folgen hin: "Dieses Vergehen wird mit bis zu einem Jahr Gefängnis oder Geldstrafe bestraft", hieß es in einer Mitteilung in sozialen Netzwerken.

Dem Aufruf der Beamten, Fotos oder Videos vom Tatablauf für die Ermittlungsarbeiten zur Verfügung zu stellen, kamen nach Informationen dieser Zeitung fast 100 Bürger nach. Die abscheulichen Bilder sind an der richtigen Adresse wichtig für die Aufklärung. Dass die grausamen und entsetzlichen Aufnahmen aber schnell im weltweiten Netz kursierten und via WhatsApp sogar in Chatgruppen von Fünftklässlern auftauchten, löste Empörung aus.

Limburg: Drei filmende Personen ausfindig gemacht

Drei Personen, die Videos drehten und verbreiteten, hat die Polizei ermittelt. Sie gelten vorläufig als Beschuldigte. Ob die Verfahren zu Strafanzeigen führen oder eingestellt werden, hat die Staatsanwaltschaft noch nicht entschieden. "Das ist eine hochkomplexe juristische Angelegenheit", sagt Manuel Jung. Diesen Fall habe der Gesetzgeber nicht klar geregelt. 

Es gebe dazu mehrere verschiedene Urteile des Bundesverfassungsgerichts; keines davon sei eins zu eins auf das Limburger Geschehen anzuwenden. Fraglich sei beispielsweise, ob es sich bei den Aufnahmen von Zeugen um Dokumente des Zeitgeschehens handele. "Wir müssen das sehr sorgfältig abwägen", so der Staatsanwalt. "Es bringt nichts, ein großes Fass aufzumachen, um die Erwartungen zu erfüllen, und dann zurückzurudern."

Limburg: Um diesen Paragraphen geht es

Die Gewaltdarstellung ist gemäß § 131 des Strafgesetzbuches (StGB) ein Vergehen, das mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft wird. Danach muss die Darstellung eine Gewaltverherrlichung oder Gewaltverharmlosung ausdrücken oder das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellen.

Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. eine Schrift (§ 11 Abs. 3 StGB), die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen in einer Art schildert, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt, a) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht, b) einer Person unter 18 Jahren anbietet, überlässt oder zugänglich macht oder

2. einen in Nummer 1 bezeichneten Inhalt mittels Rundfunk oder Telemedien a) einer Person unter 18 Jahren oder b) der Öffentlichkeit zugänglich macht. . .

In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 und 2 ist der Versuch strafbar.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Handlung der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte dient.

Die Leiche der von ihrem Ehemann in Limburg brutal getöteten Frau ist obduziert worden. Die Hintergründe der Tat werden für Diskussionen sorgen.

Zudem hat ein unbekannter Mann ein Mädchen in Limburg attackiert. Sie reagierte jedoch mutig und verhinderte so das Schlimmste.

In Limburg beginnt am 12. Mai 2020 der Prozess gegen den „Axtmörder“ Imad A. Der 34-Jährige ist wegen "heimtückischem Mord aus niedrigen Beweggründen" angeklagt. Zwölf Fragen und Antworten zum Verfahren um den "Axtmord" in Limburg.

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