Klage gegen Corona-Restriktionen: „Bodenlose Frechheit“

Im Kreis Limburg-Weilburg reicht ein Mann Klage gegen die Corona-Regeln ein. Er will rund zwei Dutzend Rechtsverstöße festgestellt haben. Der Landkreis zeigt sich unbeeindruckt.
Limburg – Manfred Hübner wäre erfreut gewesen, wenn die Polizei ihn kontrolliert hätte. Und ihm vorgeworfen hätte, dass er am Montagabend gleich gegen zwei Punkte der neuen "Allgemeinverfügung zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung des Coronavirus im Landkreis Limburg-Weilburg" verstoßen habe. Denn er war nach 21 Uhr auf der Straße und dann auch noch mehr als 15 Kilometer von seinem Wohnort entfernt, wie an seinem LM-Kennzeichen leicht zu erkennen ist.
Aber der Linterer wurde nicht kontrolliert. Leider, sagt er. Denn sonst hätte er den Beamten von seiner Mission berichten können und von dem "gewichtigen Grund", der ihn dazu brachte, um 21.35 Uhr einen Umschlag in den Briefkasten des Wiesbadener Verwaltungsgerichts zu werfen. Denn die "Vornahme einer Rechtshandlung" sei ein gewichtiger Grund, der eine Ausnahme darstelle, auch wenn sie nicht auf der Ausnahmen-Liste des Landkreises steht.
Corona im Kreis Limburg-Weilburg: Klage gegen 15-Kilometer-Regel
Hübner hat am Montagabend Klage eingereicht gegen die Verfügung des Kreises - fristgerecht natürlich, und genau an dem Tag, an dem die Verschärfung der Verfügung in Kraft trat, "die Corona-Leine". Gegen den Punkt, der den "Bewegungsradius für tagestouristische Ausflüge" auf den "Umkreis von 15 Kilometern des Wohnorts (politische Gemeinde) beschränkt". Abgesehen davon, dass vermutlich niemand so genau wisse, was in diesem Fall mit der "politischen Gemeinde" gemeint ist und wo der 15-Kilometer-Radius endet, sei das ganze "eine bodenlose Frechheit", sagt er. Eine Einschränkung seiner Grundrechte, die nicht zu rechtfertigen sei, vor allem nicht mit Anti-Corona-Maßnahmen, von deren Wirkungslosigkeit sich die Gesellschaft nun schon seit ein paar Monaten habe überzeugen können.
14 Seiten umfasst seine Klage, rund zwei Dutzend Rechtsverstöße habe er in der Verfügung festgestellt, sagt Manfred Hübner. Wie groß die Not ist und die Unzufriedenheit der Menschen mit der Politik zeige sich doch schon daran, dass ein juristischer Laie wie er sich ein paar Tage hingesetzt habe, um die erste Klageschrift seines Lebens zu verfassen.
Manfred Hübner im Kreis Limburg-Weilburg zu Corona: „Inzidenzwert nichts wert“
Hübner ist sich sicher, dass er Erfolg haben wird, wenn auch vielleicht nur, weil er Formfehler entdeckt hat. Das Dokument des Kreises genüge weder den Signaturrichtlinien noch sei es vor Veränderungen geschützt. Wenn das Verwaltungsgericht seiner Klage schon wegen der Formalien stattgebe, sei das zwar ein Erfolg, weil den Bürgern die Einschränkungen erspart blieben, aber sein eigentliches Ziel habe er dann nicht erreicht, sagt er: die Diskussion über die Corona-Maßnahmen.
Zum Beispiel darüber, ob die Anordnungen nicht auch gegen das Infektionsschutzgesetz verstoßen, weil sie sich auf den Inzidenzwert berufen. Der sei aber an die Zahl der Neuinfektionen gekoppelt, und um die feststellen zu können, sei eine klinische Diagnostik nötig. Einfache Tests seien keine geeignete Methode zur Prävalenzermittlung. Und wenn dann noch nicht einmal die mehrfach und die falsch positiv getesteten Personen herausgerechnet würden, sei der Inzidenzwert nichts wert und rechtfertige auf keinen Fall solche Eingriffe in die Grundrechte. Die sozialen Folgen seien erheblich.
Corona: Landkreis Limburg-Weilburg zeigt sich unbeeindruckt
Immer gehe es um Zahlen, aber nie um die Zahlen der Menschen, die durch die Einschränkungen psychisch krank, in ihrer Entwicklung behindert oder Opfer häuslicher Gewalt würden. Eigentlich müsse man sich fragen, ob sich die politisch Verantwortlichen nicht der Unterlassung schuldig machten, weil sie unbeirrt weitermachen. Hübner jedenfalls wüsste gerne, welche Kreispolitiker für die Anordnung verantwortlich seien, wer zugestimmt, wer sich enthalten und wer es gewagt habe, Fragen zu stellen. Denn darum gehe es ihm: um Transparenz und eine offene Diskussion.
Der Landkreis will noch nicht in die Diskussion mit Manfred Hübner und seiner Bewegung "Limburg steht auf" einsteigen. Dafür müsse man die Klageschrift kennen. Klar sei aber, "dass in Landkreisen mit einer Sieben-Tages-Inzidenz von über 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner weitere lokale Maßnahmen zu ergreifen sind, wozu auch die Einschränkung des Bewegungsradius" zähle. "Die vom Landkreis ergriffenen Maßnahmen - verbunden mit den begonnenen Impfungen - werden als Weg aus der Krise begriffen", teilt der Kreis mit. (Sabine Rauch)