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Die Sehnsucht nach Schatten wächst

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Von: Stefan Dickmann

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Viel Mineralwasser trinken, hilft viel, wenn es so heiß wird wie heute und in den nächsten Tagen.
Viel Mineralwasser trinken, hilft viel, wenn es so heiß wird wie heute und in den nächsten Tagen. © picture alliance/dpa

Die Hitze im Kreis Limburg-Weilburg kommt und bleibt. Wie auf den Klimawandel reagiert wird.

Limburg-Weilburg -Am Dienstag wird der vorerst heißeste Tag des Jahres. Auch danach soll es sehr warm bleiben. Heiße Sommertage gab es auch früher. Aber es werden Jahr für Jahr mehr. Wer wissen will, wie dramatisch Hitze und Trockenheit werden können, braucht in diesen Tagen nur nach Italien zu schauen, das unter akutem Wassermangel leidet. Wir werden uns an solche Extreme gewöhnen und anpassen müssen. Wie gehen Krankenhäuser, Altenheime, Schulen und Kommunen mit der Hitze um, was raten Krankenkassen und Auto-Clubs?

Krankenhaus: In der Limburger Klinik auf dem Schafsberg verfügen nur die beiden Intensivstationen über eine Klimaanlage, teilt die Sprecherin des St. Vincenz, Nicola von Spee, mit. Auf den anderen Stationen werden nach ihren Angaben die vorhandenen Ventilatoren verteilt; es sei geplant, weitere anzuschaffen. Die Pflegekräfte böten den Patienten mehr Wasser an als sonst und forderten sie zum Trinken auf, die Küche biete verstärkt Eistee und andere kühle Getränke an. Darüber hinaus würden die Zimmer mit Jalousien verschattet. In den oberen Etagen sei dies derzeit nur von innen mit Lamellen möglich. Eine Beklebung der dortigen Scheiben mit Schutzfolien, die das Sonnenlicht reflektieren und das Aufheizen der Räume reduzieren, sei aus Sicherheitsgründen wegen des Hubschrauberlandeplatzes gescheitert, weil die Gefahr bestehe, dass Piloten geblendet werden.

Altenheime: "Unsere Pflegekräfte achten darauf, dass unsere rund 110 Bewohner alle viel Wasser trinken, in manchen Fällen werden auch Trinkprotokolle angefertigt", sagt der Leiter des Alten- und Pflegeheims St. Georg in Limburg, Hussein Mustapha. In den Aufenthaltsräumen gebe es inzwischen Klimaanlagen, die nachträglich eingebaut worden seien. Auf den Fluren seien Ventilatoren aufgestellt. Es gebe auch noch genug Ventilatoren, die den Bewohnern auf Wunsch zur Verfügung gestellt würden. Zum Abkühlen würden Obst wie Melonen, aber auch Eis gereicht. Und natürlich gebe es an allen Fenstern Jalousien, um die Räume verschatten zu können.

Schulen: Das klassische "Hitzefrei" für Schüler bis zur zehnten Klasse - eine bestimmte Mindesttemperatur am Vormittag - gibt es in Hessen schon seit vielen Jahren nicht mehr. Das sei durch einen inzwischen vierstufigen Hitzeplan ersetzt worden, erklärt der Sprecher des Staatlichen Schulamts, Dirk Fredl. In einem ersten Schritt sind mit einer Klasse kühlere Lernorte aufzusuchen, ein Raum ohne direkte Sonneneinstrahlung oder ein schattiger Platz auf dem Schulhof. Der nächste Schritt sieht den Verzicht auf Hausaufgaben wegen der Hitze vor, der dritte Schritt verkürzte Unterrichtsstunden und der letzte das Ende des Unterrichts nach der fünften Schulstunde - und zwar für alle.

Das ist der große Unterschied: Der davor gültige Erlass begrenzte dieses "Hitzefrei" noch auf die Schüler bis zur zehnten Klasse. Die stellvertretende Schulleiterin der Marienschule in Limburg, Nicole Scharbach, weist darauf hin, dass ein früheres Unterrichtsende mit den umliegenden Schulen wie der Tilemannschule abgesprochen werden müsse. Und: Für Schüler, die nicht abgeholt werden können, sei weiterhin eine Betreuung in der Schule zu gewährleisten.

Kommunen: Die Stadt Limburg will einen Klima-Aktionsplan umsetzen, nachdem die Stadtverordneten dies im April beschlossen hatten. Wie der Sprecher der Stadt, Johannes Laubach, mitteilt, will die Stadt in einem ersten Schritt die Begrünung fördern: Ein Eckpunktpapier dazu war gestern Abend Thema in der Stadtverordnetenversammlung. Demnach können die Begrünung und die Entsiegelung direkt von der Stadt finanziell gefördert werden. Darunter fallen auch Anreize, "Schottergärten" umzugestalten. "Die Untersuchungen zur Erfassung von Hitzeinseln in der Limburger Innenstadt haben stattgefunden", erklärt Laubach. "Die Ergebnisse werden im Herbst vorliegen." Im Oktober sei ein Workshop geplant, der als Grundlage für die Erstellung eines Klimaanpassungskonzepts diene. Im nächsten Jahr sei dann eine Stadtklima-Analyse vorgesehen "mit der Entwicklung von entsprechenden Klimaanpassungs-Maßnahmen".

Die Stadt Würzburg hat im vergangenen Jahr einen Hitzeaktionsplan vorgelegt. Der sieht zum Beispiel neue öffentliche Trinkwasserbrunnen vor, aber auch Geschäfte, städtische Dienststellen und Privatpersonen sollen Möglichkeiten zum kostenlosen Auffüllen von Trinkflaschen anbieten. Ebenfalls wichtig sei das Planen, Bauen und Sanieren von Gebäuden mit Blick auf zunehmende Hitze durch die Verwendung heller Baumaterialien, Dach- und Fassadenflächen sowie mehr Möglichkeiten der Verschattung am Gebäude. Eine gute Wärmedämmung schütze im Winter vor Kälte und im Sommer vor Wärme. Fassaden- und Dachbegrünungen verbesserten das Klima in einem Gebäude, aber auch in einer Stadt. Die Stadt Würzburg will künftig große öffentliche Plätze in der Innenstadt verschatten - durch das Pflanzen weiterer Bäume oder den Einsatz von Sonnensegeln.

Wann und wie lüften? Dass morgendliches Stoßlüften im Sommer hilft, die Wohnung eine Zeit lang kühl zu halten, ist allgemein bekannt. Aber wie sieht es am Mittag und Nachmittag aus - lieber alle Fenster geschlossen und damit die heiße Luft draußen lassen? Die AOK Hessen zitiert in einer Pressemitteilung Dr. Peter Kotzerke, Mediziner bei der AOK Hessen, wie folgt: "Wir müssen dafür sorgen, dass sich die überschüssige Wärme in den Räumen und im menschlichen Körper nicht staut, sondern auf unterschiedlichen Wegen abgeführt wird. Die Luftzirkulation ist dabei besonders wichtig." Der Arzt empfiehlt den Einsatz von Ventilatoren. Auch wer warme Luft gar nicht erst in die Wohnung lassen möchte, sollte immer wieder für einen Luftaustausch sorgen - auch tagsüber.

Hitze-Gefahr im Auto: Kinder oder Tiere, die bei Hitze im Auto zurückgelassen werden, droht Lebensgefahr. Darauf weist der Auto Club Europa hin. Kinder oder Tiere dürften deshalb nie, auch nicht kurz, im Auto zurückgelassen werden, erklärt Willi Kerkes, Regionsvorsitzender Lahn-Dill aus Weilburg. Wer ein Kleinkind oder ein Tier in einer solchen Notsituation in einem verschlossenen Auto entdeckt, sollte Passanten um Hilfe bitten, um den Fahrzeughalter ausfindig zu machen. "Kann die Situation nicht in kurzer Zeit gelöst werden, sollte die Polizei (110) oder Feuerwehr (112) gerufen werden", erklärt er.

Wenn das Kind oder das Tier bewusstlos sei, herrsche akute Lebensgefahr, und dann dürfe eines der Seitenfenster zur Befreiung eingeschlagen werden, zum Beispiel mit einem Nothammer oder einem spitzen Stein. Eine solche Sachbeschädigung sei nicht rechtswidrig, wenn sie Gefahr für Leib und Leben abwende. "Damit es später keine Schwierigkeiten gibt, sollte die Rettungsaktion genau dokumentiert werden", rät Kerkes. "Dazu am besten Namen und Kontaktdaten der Zeugen notieren und möglichst Fotos oder Videos von dem Vorfall machen, die belegen, das sofortiges Eingreifen nötig war."

Kein Andrang im Parkbad

Wenn es heiß wird, wollen alle ins Freibad, oder? "Auch wenn der bisher heißeste Tag des Jahres bevorsteht, wir rechnen im Parkbad deshalb nicht mit einem deutlichen Plus an Besucherinnen und Besuchern", sagt der Sprecher der Stadt Limburg, Johannes Laubach. Das Wetter spiele natürlich eine ganz wichtige Rolle, aber noch seien keine Ferien. "Aktuell besuchen viele Schülerinnen und Schüler das Bad, jedoch vormittags im Rahmen ihres Unterrichts." Der Besuch in der laufenden Saison zeige zwar ein Plus an Badegästen, allerdings liege diese Zahl noch hinter den Zahlen aus den Jahren 2017 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie, zurück.

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