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Flüchtlinge verabschieden sich am Mittwoch

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Von: Stefan Dickmann

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Von Mitte September vergangenen Jahres waren bis Mittwoch, dem letzten Tag, bis zu 120 Asylbewerber aus Afghanistan, Syrien, Iran und Albanien in der Jugendherberge in Limburg untergebracht: (von links) Manfred Becker vom Regierungspräsidium (RP) Gießen, DRK-Kreisgeschäftsführerin Petra Kaiser-Schenk, Rettungssanitäterin Stefanie Fruhner, Standortleiter Wilfried Textor vom RP Gießen sowie Katja Klein und Heinz Hönig von der Jugendherberge Limburg.
Von Mitte September vergangenen Jahres waren bis Mittwoch, dem letzten Tag, bis zu 120 Asylbewerber aus Afghanistan, Syrien, Iran und Albanien in der Jugendherberge in Limburg untergebracht: (von links) Manfred Becker vom Regierungspräsidium (RP) Gießen, DRK-Kreisgeschäftsführerin Petra Kaiser-Schenk, Rettungssanitäterin Stefanie Fruhner, Standortleiter Wilfried Textor vom RP Gießen sowie Katja Klein und Heinz Hönig von der Jugendherberge Limburg. © Stefan Dickmann

Seit September waren Asylbewerber in der Limburger Jugendherberge untergebracht. Diese soll in vier Wochen wieder öffnen.

Limburg -Am Mittwoch verlassen die letzten 55 Asylbewerber die Jugendherberge in Limburg. In Kooperation mit dem zuständigen Regierungspräsidium (RP) in Gießen sowie dem Deutschen Roten Kreuz Limburg waren dort seit Mitte September vergangenen Jahres in Spitzenzeiten bis zu 120 Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien, dem Iran und Albanien untergebracht, darunter zahlreiche Familien.

Die Jugendherberge diente (neben vier weiteren) für das RP Gießen als Erstaufnahmeeinrichtung besonders für Familien mit dem Ziel, in der Pandemie mit steigenden Infizierten-Zahlen die Flüchtlinge auf mehrere Standorte verteilen zu können. Zwar gab es Anfang Januar auch in der Jugendherberge einen Omikron-Ausbruch mit 20 Infizierten, aber mit Hilfe von Quarantäne-Regelungen und täglichen Tests war der Corona-Ausbruch schnell überstanden.

Afghanische Familie fliegt nach England

Einer der dort untergebrachten Flüchtlinge ist ein 36-jähriger Mann aus Afghanistan; er lebt seit Mitte September in der Jugendherberge mit seiner Frau, seinen drei Töchtern und einem Cousin. Heute geht für die Familie der Flieger von Düsseldorf nach Großbritannien, der neuen Heimat. Zehn Jahre lang habe er für das britische Militär in Afghanistan als Ortskraft gearbeitet, erzählt der 36-Jährige auf Englisch. Vor den Taliban floh er mit seiner Familie mit Hilfe der Bundeswehr, deshalb führte seine Flucht zunächst nach Deutschland. Er sei glücklich, mit seiner Familie in der Jugendherberge untergebracht gewesen zu sein. "Das war hier alles großartig organisiert", lobt er. "Alle haben sich hier sehr gut um uns gekümmert." Auch die medizinische Versorgung sei hervorragend gewesen. Er lobt die große Bereitschaft der Deutschen, sich um Flüchtlinge zu kümmern.

Das DRK in Limburg musste im September schnell reagieren - denn dass für die Betreuung der Flüchtlinge die Unterstützung des DRK in der Jugendherberge vonnöten sei, habe die Hilfsorganisation erst eine gute Woche vorher erfahren, sagt Kreisgeschäftsführerin Petra Kaiser-Schenk.

Rettungssanitäterin "Mädchen für alles"

"Heute sind hier alle traurig, weil es der letzte Tag für sie in der Jugendherberge ist", sagt der aus Afghanistan stammende Dolmetscher Mohammad Shafi Rahmani aus Flörsheim am Main. Er lebt schon seit 30 Jahren in Deutschland und ist deutscher Staatsbürger. Zwei bis drei Mal in der Woche war er in der Jugendherberge, um zu übersetzen. Viele der Asylbewerber hätten ihn gebeten, ihren Dank auszusprechen, gegenüber der Stadt Limburg, der Leitung der Jugendherberge und dem Deutschen Roten Kreuz. "Ich soll ausrichten, dass sich hier alle bestens aufgehoben gefühlt haben", sagt er.

Der Mittwoch werde für viele ein schlimmer Tag, erklärt auch Stefanie Fruhner vom DRK: Wegen des Abschieds von einer Unterkunft mit einer besonderen Atmosphäre würden viele Tränen fließen - auch bei ihr. "Es war für die Flüchtlinge sehr familiär hier. Einer will sogar bleiben, weil es ihm hier so gut gefällt", sagt sie. Eigentlich ist sie Rettungssanitäterin. Aber sie meldete sich freiwillig, um sich in den vergangenen sechs Monaten um die Flüchtlinge in der Jugendherberge in Limburg zu kümmern. Sie bezeichnet ihre Rolle als "Mädchen für alles".

Von den 55 Flüchtlingen werden heute 33 nach Friedberg verlegt in eine eigens dafür hergerichtete Kaserne. Die anderen kommen in Gemeinschaftsunterkünfte in Frankfurt und Wiesbaden. Fünf afghanische Ortskräfte dürfen endlich nach England einreisen, sieben weitere müssen sich gedulden. Die Aufnahme von Ortskräften, die in Afghanistan für die britische Regierung arbeiteten, scheint sehr schwierig zu verlaufen.

Manfred Becker vom RP Gießen besuchte gestern zum ersten Mal die Jugendherberge Limburg. Er ist beim RP für die Unterbringung von Asylbewerbern zuständig. Zwar sei die Kooperation mit den fünf Jugendherbergen sehr gut verlaufen, aber das Land Hessen habe in der Zwischenzeit weitere Kapazitäten geschaffen.

Für die Unterbringung der ukrainischen Flüchtlinge seien die Regierungspräsidien übrigens nicht zuständig. "Da es sich um Kriegsflüchtlinge handelt, ist das die Aufgabe der Kommunen", sagt er. Die Zahl der neuen Asylbewerber sei zuletzt rückläufig gewesen mit rund 250 Personen pro Woche, um die sich das RP kümmere. Zum Vergleich: Im November 2015 kamen an nur einem Tag 1200 Asylbewerber. "Wie viele Flüchtlinge aus der Ukraine zu uns kommen, weiß keiner", sagt Becker. Bislang seien vom RP in Gießen 860 Ukrainer registriert worden - 119 Männer, 373 Frauen und 368 Kinder und Jugendliche. Sie werden nun unter den Kommunen verteilt.

Jugendherberge

wird renoviert

Der neue Leiter der Jugendherberge, Heinz Hönig, der mit seiner Frau auch die Jugendherberge in Wetzlar betreibt, zeigte sich gestern dankbar für die Möglichkeit, sich um die Flüchtlinge kümmern zu können. Denn nur so sei es möglich gewesen, die Kurzarbeit seiner 16 Mitarbeiter in Limburg schon im September zu beenden. In den nächsten vier Wochen werde nun renoviert: Die Wände würden gestrichen und ein Teil des Mobiliars ersetzt. Mitte April kommen dann wieder die ersten Schulklassen in die Jugendherberge in Limburg.

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