Geflüchtete ziehen in Limburger Jugendherberge

Erstaufnahmeeinrichtung des Landes wird mindestens bis Ende November unterstützt. Vor allem Familien sollen untergebracht werden.
Limburg -In der Limburger Jugendherberge werden Geflüchtete einziehen. Wie das Regierungspräsidium (RP) Gießen gestern mitteilte, sollen dort vom 13. September zunächst bis zum 30. November Bewohnerinnen und Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen untergebracht werden. Platz ist in dem Gebäude, das über 166 Betten verfügt, demnach für bis zu 120 Personen. Untergebracht werden sollen vor allem Familien, die eine 14-tägige Quarantäne absolviert haben und aktuell frei von Symptomen sind.
"Aufgrund der Corona-Pandemie und durch erhöhte Zugangszahlen ist es erforderlich geworden, die Unterbringung der Bewohnenden der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen aufzulockern", sagt RP-Sprecher Oliver Keßler. Deshalb seien kurzfristig belegbare Unterbringungsmöglichkeiten als vorübergehende Ausweichstandorte gesucht.
Der Landesverband Hessen des Deutschen Jugendherbergswerks (DJH) habe Standorte angeboten, darunter auch Limburg. Das RP habe dabei laut Keßler unter anderem auf die Kriterien Gebäudegröße, Zimmeraufteilung, Außengelände sowie mögliche aufgrund der Pandemie notwendige Bereiche zur Separierung geachtet. Ob es beim 30. November als Enddatum bleibt, kann er noch nicht versprechen. "Ob eine Verlängerung in Betracht gezogen werden muss, hängt von der weiteren Entwicklung der Pandemie und der Zugangszahlen ab."
Die meisten kommen
aus Afghanistan
In den Standorten der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen befinden sich aktuell 5013 Personen. Derzeit sind laut dem RP-Sprecher Afghanistan (38,8 Prozent), Syrien (16,0), Türkei (10,5), Somalia (5,5) und Irak (4,4) die Hauptherkunftsländer
Besonders mit weiteren Geflüchteten aus Afghanistan wird nach der Machtübernahme der Taliban gerechnet. Um Ortskräfte von dort handelt es sich allerdings nicht. Diese reisen mit einem Visum in Deutschland ein und werden daher in der Regel direkt in die aufnehmenden Kommunen weitergeleitet. Laut Landkreis Limburg-Weilburg dürfen sie sich auch direkt Arbeit suchen, an Integrationskursen teilnehmen und eine Privatwohnung anmieten - dies sei aber recht unwahrscheinlich. Daher werde die Unterbringung in einer der Gemeinschaftsunterkünfte erfolgen.
Bisher ist aber nur ein Ehepaar im Kreis, das bereits im Juli aufgenommen wurde. Angekündigt wurde laut Kreissprecher Jan Kieserg nun noch eine achtköpfige Familie. "Diese ist inzwischen in Deutschland und wird wahrscheinlich diese Woche noch zu uns kommen."
Unterbringung auch in
anderen Häusern
Die Limburger Jugendherberge ist nicht die erste in Hessen, die als Ausweichstandort der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes angemietet worden ist. Seit Ende des Vorjahres wohnen bereits in Büdingen und Grävenwiesbach Geflüchtete, seit dem Frühjahr auch in Kassel und Lauterbach. "Es ist notwendig zu helfen und geht um Menschen in Not", erklärt Knut Stolle, Sprecher des Landesverbandes Hessen des Deutschen Jugendherbergswerks (DJH). Dies sehe die Satzung vor - und geschehe auch "aus vollem Herzen".
Ärgerlich ist dies allenfalls für diejenigen, die bereits einen Aufenthalt in der Limburger Jugendherberge gebucht hatten. "Wir sind im Gespräch mit den Gästen", sagt Stolle. Angeboten würden Plätze in anderen Jugendherbergen, vornehmlich in Hessen. Aktuell seien die Häuser nach Monaten der Pandemie gut ausgelastet, sagt der Sprecher. Die Vermietung an das Land gebe aber Sicherheiten. Schließlich weiß gerade in Corona-Zeiten niemand, was die nächsten Wochen bringen.
"Wir sind weiterhin Gastgeber", betont Stolle aber auch. Die Geflüchteten seien einfach andere Gäste. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ändere sich wenig. "Es ist wie ein normaler Regelbetrieb." So ist das Team der Jugendherberge unter anderem weiterhin für die Verpflegung und die Reinigung zuständig. Es gibt aber auch Unterstützung: Das Regierungspräsidium stelle nicht nur einen Sicherheitsdienst, sondern auch Sozialarbeiter, Personen für Erste Hilfe und Übersetzer.
Bisher gab es
nirgendwo Probleme
Und eins kann Stolle aus den bisherigen Erfahrungen mit geflüchteten Familien in Jugendherbergen auch berichten: Probleme gibt es kaum. "Der Aufenthalt ist überaus harmonisch", sagt er. Es gebe, auch dank des Sicherheitsdienstes, sogar weniger Polizei- und Feuerwehreinsätze als im Normalbetrieb. "Drumherum ist der Aufenthalt noch nicht aufgefallen", betont der Sprecher.
Auch Limburgs Bürgermeister Dr. Marius Hahn (SPD) äußert sich zur Unterbringung der Geflüchteten in der Jugendherberge: "Die schrecklichen Bilder aus Afghanistan haben uns in den vergangenen Tagen begleitet, sie sind mit viel Leid und Elend und persönlichen Dramen verbunden. Auch wenn sich die Aufmerksamkeit nun auf Afghanistan konzentriert, wir dürfen den Bürgerkrieg in Syrien und viele weitere kriegerische Konflikte nicht vergessen. Wir stehen dazu, unseren Beitrag zu humanitären Lösungen zu leisten." Die Aufnahme von Familien in der Jugendherberge sei ein solcher Beitrag, sagt Hahn. "Ich bin davon überzeugt, dass die Limburger das ebenso so sehen. Wir haben beim Flüchtlingscamp in Staffel schon einmal unter Beweis gestellt, dass wir uns solchen Aufgaben stellen, und verschiedene daraus entstandene Initiativen sind bis heute in der Flüchtlingsarbeit aktiv."
Der Bürgermeister begrüßt es aber auch, dass die Unterbringung durch das RP zeitlich begrenzt werden soll, denn eine Jugendherberge habe eigentlich andere Aufgaben. "Und wir sind froh, noch eine solche Einrichtung in Limburg zu haben." Für ihn ist die Frist auch deshalb sinnvoll, weil sie einen Ausnahmezustand verdeutliche. "Es sollte unser aller Aufgabe sein, diesen Familien schnell und rechtlich langfristige Perspektiven in Deutschland zu geben", sagt Hahn.