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„Hundert Gaffer – Niemand half“

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Shahid Jajjar (22) wurde am Bahnhof verprügelt.
Shahid Jajjar (22) wurde am Bahnhof verprügelt. © Kerstin Kaminsky

Am Donnerstag vergangener Woche wurde ein junger Pakistani am Limburger Bahnhof von drei Heranwachsenden angegriffen und verprügelt (NNP berichtete). Warum kam ihm keiner der Umstehenden zu Hilfe?

Der 22-jährige Shahid Jajjar aus Hadamar erzählt, wie sich der Überfall aus seiner Sicht ereignete: „Ich kam müde aus Diez von der Arbeit und saß zum Umsteigen im Wartehäuschen an der Bushaltestelle. Auf meinem Handy suchte ich nach der nächstmöglichen Verbindung heim und ließ den Blick ziellos schweifen.“ Ohne Vorwarnung sei ein vielleicht 18-Jähriger, den er vorher mit einem Kind auf Persisch sprechen hörte, auf ihn zu gekommen und habe ihn in der pakistanischen Landessprache Urdu angebrüllt, warum er denn „so gucken“ würde. Shahid Jajjar hatte diesen Mann zuvor noch nie gesehen, schloss aber aus diesem Sprachmix, dass es sich um einen Afghanen handeln müsse. „Ich hatte überhaupt niemanden besonders angeschaut“, rechtfertigt sich der Geschundene. Doch unmittelbar auf die zornige Frage griff der junge Mann nach Shahid Jajjas Hand und zerrte ihn ein paar Meter von der Bushaltestelle weg. Dort standen zwei weitere, etwa gleichaltrige Männer, und alle drei prügelten ein paar Minuten wild auf Kopf und Oberkörper des Pakistani ein. Anschließend verschwanden sie Richtung Busbahnhof.

„Mindesten hundert Menschen haben beobachtet, wie ich blutig geschlagen wurde, und kein einziger hat mir geholfen. Im Gegenteil: Einige haben sogar hämisch gelacht“, klagte Shahid Jajjar im Gespräch mit der NNP. Er habe allerdings auch nicht nach Hilfe gerufen. „In meiner Kultur kommen die Menschen von allein, wenn sie jemanden in Not erkennen“, erklärt der anerkannte Flüchtling in flüssigem Deutsch.

Shahid Jajja kam 2011 nach Deutschland, da war er 16 Jahre alt. Inzwischen hat er einen festen Job, ist verheiratet und wurde Ende letzten Jahres Vater. „Das ist ein ganz friedlicher und umgänglicher Mensch“, erklärt ein ehrenamtlicher Helfer, der namentlich nicht genannt werden möchte. Er hofft sehr, dass die Polizei die Anzeige ernst nimmt und zusammen mit Shahid Jajjar auch die Aufnahmen der Videoüberwachung am Bahnhof auswertet. „Er würde ohne Zweifel die Schläger wiedererkennen“, ist sich der Helfer sicher. kka

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