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Landrat lässt sich vorzeitig gegen Corona impfen – Und erntet wütende Reaktionen

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Zur Eröffnung des Impfzentrums des Landkreises Limburg-Weilburg am 9. Februar begrüßte Landrat Michael Köberle (links) die ersten Personen, die zur Impfung kamen. Dass er damals selbst schon geimpft war, war der Öffentlichkeit nicht bekannt.
Zur Eröffnung des Impfzentrums des Landkreises Limburg-Weilburg am 9. Februar begrüßte Landrat Michael Köberle (links) die ersten Personen, die zur Impfung kamen. Dass er damals selbst schon geimpft war, war der Öffentlichkeit nicht bekannt. © Kreis Limburg-Weilburg

Ein Landrat hat sich im Kreis Limburg-Weilburg vorzeitig gegen das Coronavirus impfen lassen. Anfangs wurde die Öffentlichkeit nicht informiert.

Limburg – Die Corona-Impfung von Landrat Michael Köberle (CDU) und sechs weiteren Mitgliedern des Krisenverwaltungsstabs am 1. Januar schlägt weiter hohe Wellen. Kritisch äußern sich nun unter anderem der VdK Oberlahn und mehrere Parteien. Bei Letzteren erwartet man zudem weitere Aufklärung.

Der Sozialverband kritisiert „die Selbstbedienungsmentalität bei der Verwertung der Restimpfstoffmengen“. Das sei „schlampige Arbeit“ und lasse Zweifel an der erfolgreichen Umsetzung des Impfkonzeptes und an den verantwortlichen Personen zu, so der Vorsitzende des VdK-Kreisverbands Oberlahn, Jörg Müller.

Impfaktion von Landrat Köberle im Kreis Limburg-Weilburg „ein Skandal“

Im Landkreis Limburg-Weilburg leben nach seinen Worten 9238 pflegebedürftige Menschen. Der größte Anteil wird dabei von pflegenden Angehörigen zu Hause gepflegt. Viele aus diesem Personenkreis sind noch nicht geimpft. Deren pflegende Angehörige haben nach dem Impfkonzept frühestens mit Eintritt der Stufe drei die Möglichkeit, eine Impfung zu erhalten. „Da ist die Impfung des Kriseninterventionsteams und des Landrats, (beide Personengruppen gehören zur Stufe drei des bundesweiten Impfkonzeptes) ein Skandal“, so Müller.

Zu diesen Impfterminen gehöre eine Warteliste für die Impfreihenfolge, die den noch zu impfenden Personenkreis nahe der Impfstation aufweist, damit nur ein Anruf, „wenn auch am Mittagstisch“, genügt, um die Impfreihenfolge einzuhalten, erklärt Müller.

Kreis Limburg-Weilburg: Auch SPD-Politiker Sauer bekommt Angebot für Corona-Impfung

SPD-Unterbezirksvorsitzender Tobias Eckert betont, dass von den hauptamtlich tätigen Sozialdemokraten im Landkreis Limburg-Weilburg noch niemand geimpft sei. Der Erste Kreisbeigeordnete Jörg Sauer will sich nicht zur Impfung Köberles und weiterer Personen aus dem Katastrophenschutz-Verwaltungsrat des Kreises äußern. Er selbst habe aber ein Angebot zur Impfung nicht angenommen. "Wir werden uns alle zu dem Zeitpunkt impfen lassen, der uns nach den Vorgaben des Bundes und des Landes zugewiesen wird. Die Impfung ist der entscheidende Schritt gegen das Virus. Gemeinsamen können wir als Gesellschaft die Pandemie überstehen", so Eckert.

„Irritiert“ zeigt sich die FDP-Kreisvorsitzende Marion Schardt-Sauer über die „Impfaktion“ von Landrat Köberle und weiterer Mitglieder des Krisenstabes und den kommunikativen Umgang damit. „Dieser Vorgang enttäuscht mich einerseits und wirft einige Fragen im Hinblick auf die Umstände der Impfung auf“, so Schardt-Sauer. Die Impfung sei vor nunmehr sechs Wochen erfolgt. Nun habe sich der Landrat zwar für die mangelnde Kommunikation des Vorgangs entschuldigt, ansonsten aber sein Verhalten gerechtfertigt. Dennoch blieben viele Fragen unbeantwortet, sodass die FDP einen Fragenkatalog erarbeitet hat, der an das Büro des Landrat übermittelt wurde.

Große Enttäuschung über Impfaktion von Landrat Michael Köberle

Der Fraktionsvorsitzende der FDP im Kreistag, Dr. Klaus Valeske, ergänzt: „In der Corona-Krise stehen seit vielen Wochen die Debatten um die Impfstoffversorgung im Zentrum des öffentlichen Interesses. Viele Menschen der Risikogruppe der über 80-Jährigen haben erst für April oder Mai einen Impftermin erhalten. Dass die Impfung des Landrats nun viele Menschen sehr kritisch sehen, sei nachvollziehbar.“ Der bisherige Umgang mit dem Sachverhalt, der zur „Impfaktion“ führte, bezeichnet Schardt-Sauer als enttäuschend. „Es befremdet mich, dass erst ein Hinweis an die NNP zur öffentlichen Stellungnahme und zu einer ersten Darstellung des Sachverhaltes führt“, sagt sie.

So könne man das Vertrauen der Menschen nicht gewinnen. „Warum wurde über die Impfaktion nicht unmittelbar nach Neujahr unter transparenter Darstellung aller Grundlagen, Fakten öffentlich gemacht, wenn er doch wie in der persönlichen Erklärung verlautet den Impfskeptikern etwas entgegensetzen wollte?“, fragt Valeske.

Corona-Impfung vom Landrat: FDP beklagt: „Schwere Schäden“ bei der Vorbildufnktion

Gerade vor der anstehenden Kommunalwahl würden nun viele Ehrenamtliche, die sich für die Menschen engagieren in einen Topf geworfen. Diese Form der Politikverdrossenheit schmerze ganz besonders erklärt Schardt-Sauer: „Was nun hilft, den Vertrauensschaden zu begrenzen, wäre maximale Transparenz. Die Menschen erwarten zurecht von der Politik eine Vorbildfunktion. Die Impfaktion hat hier schweren Schaden verursacht.“

Auch die Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hinterfragt die aktuellen Impfstrategie des Landkreises in einer Anfrage für den Kreistag. „Uns ist nicht daran gelegen, mit den aktuellen Vorkommnissen rund um die Impfung von Landrat Köberle Wahlkampf zu machen“, betont die Fraktionsvorsitzende, Sabine Häuser-Eltgen. Den Grünen stellt sich vor allem die Frage, warum die Impfung erst auf Anfrage von außen offengelegt wurde. Transparenz und ein offener Umgang wären ratsam gewesen und „bei den vielen Bekanntmachungen seitens des Landrats sicher auch möglich gewesen“.

Impfaktion von Landrat Köberle „schwer verständlich“ für Bevölkerung in Limburg-Weilburg

Da seit langem bekannt sei, dass der Biontech-Impfstoff schwierig im Umgang ist, wäre es umso wichtiger gewesen, Plan B und C für einen eventuellen Impfstoffüberschuss zu haben. „Es ist der Bevölkerung schwer verständlich zu machen, dass keine ungeimpften Personen der ersten Impfstufe zur Verfügung gestanden haben.“

„Es gilt für die Zukunft, solche Priorisierungen nichtberechtigter Personenkreise unbedingt zu vermeiden“, fordern die Grünen und appellieren an die Kreisverwaltung, eine Überarbeitung und Optimierung der bestehenden Impfstrategie umgehend vorzunehmen. (red)

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