Alle Autofahrer geblitzt: Beliebte Abkürzung wird zur Falle

Ein neues Gerät in Limburg sorgt für Aufregung, weil erst mal jeder Autofahrer geblitzt wird. Ein Bußgeld droht.
Offheim – Wer Auto fährt und plötzlich ein rotes Blitzlicht wahrnimmt, weiß, dass er zu schnell gefahren ist. Wer hingegen in den vergangenen Tagen als Autofahrer auf dem Dehrner Weg zwischen Dehrn und Offheim geblitzt wurde, war vermutlich gar nicht zu schnell, sondern darf dort in der Regel gar nicht erst mit dem Auto fahren.
"Der Dehrner Weg ist ein Wirtschaftsweg und nur für den Anliegerverkehr freigegeben", teilt auf Anfrage der Sprecher der Stadt Limburg, Johannes Laubach, mit. Der von der Stadt aufgestellte Blitzercontainer, auch als "Enforcement Trailer" bekannt, steht kurz hinter der Durchfahrt unter der B 49, und zwar in Fahrtrichtung Offheim - und er blitzt alle Autofahrer unabhängig von ihrer Geschwindigkeit. "Die Kontrolle gilt der Frage, ob dort Anlieger unterwegs sind", erklärt Laubach.
Limburg: Achtung Autofahrer – Es droht ein Bußgeld über 20 Euro
Jeder geblitzte Autofahrer erhält deshalb vom Ordnungsamt einen Anhörungsbogen und muss belegen, ob er Anlieger ist. Wer das nicht kann, wird mit einem Bußgeld von 20 Euro belegt.
Davon betroffen sein dürften sehr viele Autofahrer. Denn die Strecke wird jeden Tag von mehr als 1000 Autofahrern genutzt, von denen die wenigsten Anlieger sein dürften. "Anlieger im Sinne der Straßenverkehrsordnung sind Personen, die ein an der Straße anliegendes Grundstück bewohnen oder zu einer Erledigung aufsuchen muss", erklärt Laubach. Das sind in der Regel Landwirte, die am Dehrner Weg ihre Ackerflächen bewirtschaften.
Selbst wer irgendwo in Offheim wohnt oder am Dehrner Schloss, darf den Dehrner Weg nicht mit dem Auto entlang fahren, denn die offizielle Zufahrt zum Schloss erfolgt über die Ahlbacher Abfahrt an der B 49 und nach Offheim entweder über die Offheimer Abfahrt an der B 49 oder über die B 8 und dann den Offheimer Weg entlang über die Autobahnbrücke.
Limburg: Weg ist willkommene Abkürzung für viele Autofahrer
Dass der Dehrner Weg trotzdem so stark befahren wird, liegt zum einen daran, dass er zu bestimmten Tageszeiten eine willkommene Abkürzung darstellt- zum Beispiel auf dem Weg von Runkel nach Elz oder Hadamar, wenn auf der B 8 im Berufsverkehr alles nur sehr langsam vorangeht, und zum anderen daran, dass der Dehrner Weg vor vielen Jahren noch eine offizielle Kreisstraße war. Doch die Macht der Gewohnheit ("Hier bin ich doch schon immer lang gefahren") gepaart mit einer offenbar weit verbreiteten Ignoranz bestimmter Verkehrszeichen (Durchfahrt-verboten-Schild, nur Anlieger frei), hat dazu geführt, dass die Straße noch immer von sehr vielen Autofahrern als "reguläre" Straße wahrgenommen wird. Das merkt mitunter auch manch Fußgänger, der von Autofahrern auf der Strecke so wütend angestarrt wird, als sei er ein Schwerverbrecher.
Der Dehrner Weg verlor seinen Status als Kreisstraße als Folge des vierspurigen Ausbaus der B 49 auf dem Abschnitt zwischen Limburg und Ahlbach und dem Bau der Zufahrt zum Dehrner Schloss (von der Zufahrt von Dehrn an die B 49) und ist seitdem eine nicht klassifizierte Straße, also maximal nur noch ein Wirtschaftsweg für Landwirte, der auch von Radfahrern und Fußgängern und ansonsten nur von Autofahrern genutzt werden darf, die Anlieger sind.
Trotzdem ist die Aufregung groß über das erst vor Kurzem von der Stadt angeschaffte Blitzgerät, das immerhin mehr als 160 000 Euro kostete und seinen ersten Einsatz am 30. April hatte. Ein Radfahrer, dem der Blitzer kürzlich aufgefallen war, wunderte sich in einer E-Mail an diese Zeitung darüber, dass "auf freier Wildbahn" geblitzt werde, wo doch sonst als Begründung fürs Blitzen immer "das Hohelied der Verkehrssicherheit" angestimmt werde an Unfallschwerpunkten, vor Schulen oder auch, um Anwohner vor Lärm zu schützen.
Mehr als 30.000 Fahrzeuge im Monat auf dem Wirtschaftsweg in Limburg
Viele Offheimer beklagen hingegen schon seit Jahren den Missbrauch des Wirtschaftswegs als illegalen Schleichweg für Autofahrer. Dass die Stadt nicht gemeinsam mit der Polizei auf der Strecke kontrolliert, begründet Laubach mit der eindeutigen Beschilderung, die sich allen Verkehrsteilnehmern erschließe. "Zudem gibt es immer wieder Diskussionen darum, ob und wie die Einhaltung kontrolliert werden soll oder kann. Im Übrigen wird die Straße gerne von Joggern, Fußgängern, Radfahrern und mehr genutzt, weil sie nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist."
Im März und April 2019 hatte die Stadt an 37 Tagen insgesamt mehr als 40 000 Fahrzeuge auf dem Dehrner Weg gezählt. Hinter dieser Zahl verbergen sich zwar auch Radfahrer, aber "auch wenn die Zahl der Radfahrer mit fünf Prozent angenommen wird, für die Jahreszeit und das Jahr eine recht großzügige Annahme, sind es immer noch über 1000 Kraftfahrzeuge pro Tag", sagt Laubach.
Immerhin: Ein doppeltes Bußgeld ist nicht zu befürchten. Sollte jemand auf dem Dehrner Weg zusätzlich zu schnell gefahren sein (erlaubt ist Tempo 50), wird dieses Vergehen nicht extra sanktioniert, wie Laubach weiter mitteilt, da mit dem Blitzen nur die Durchfahrt kontrolliert werde.
Limburg: Dehrner Weg soll für den Durchgangsverkehr gesperrt werden
Seinen Spitznamen hat der "Enforcement Trailer" dank seines Kennzeichens LM - GH trotzdem schon weg. GH stehe für "Geld her", wird schon fleißig gespottet.
Unabhängig von der Frage, wer den Dehrner Weg in Offheim als Verkehrsteilnehmer benutzen darf oder nicht, sind dort größere Veränderungen vorgesehen. Beim geplanten Ausbau des Gewerbegebiets "Nördlich der Kapellenstraße" soll der Dehrner Weg "auch baulich abgetrennt werden und nur noch von Fußgängern und Radfahrern nutzbar sein", teilt der Sprecher der Stadt Limburg, Johannes Laubach, auf Anfrage mit. Näheres werde zurzeit in einem Verkehrskonzept geprüft, das im zweiten Halbjahr den politischen Gremien vorgestellt werden soll. Ziel dieses Verkehrskonzepts sei es, "wie der Verkehr in und Offheim geleitet und verteilt werden kann". Denn dieser Stadtteil sei mit Gewerbegebieten schon jetzt überproportional belastet. (Stefan Dickmann)
Die Stadt Limburg kauft für mehr als 160.000 Euro ein neues Blitzgerät. Nun werben die Verantwortlichen um mehr Verständnis für schärfere Kontrollen.