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Limburg: Der Raubritter, der Stadthauptmann wurde

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Nicht nur die Kinder lieben den "Säuferbrunnen" an der Plötze in der Limburger Altstadt, der mit seinen zahlreichen Attributen viele Geschichten erzählt und eigentlich Hattsteinbrunnen heißt.
Nicht nur die Kinder lieben den "Säuferbrunnen" an der Plötze in der Limburger Altstadt, der mit seinen zahlreichen Attributen viele Geschichten erzählt und eigentlich Hattsteinbrunnen heißt. © Anette in Concas

Der "Säuferbrunnen" an der Plötze heißt eigentlich anders und ist Friedrich von Hattstein gewidmet

Limburg -"Ein Raubritter? Ein richtiger Räuber?" Eine magische Anziehungskraft - nicht nur für Kinder - hat der Hattsteinbrunnen auf der Plötze. Das liegt nicht nur daran, dass mit dem gut erreichbaren Brunnenwasser so schön gespielt werden kann. Die zahlreichen "Beigaben" am so genannten Säuferbrunnen - vom Fass über den Hund, auf dem er steht, und die Handschellen samt Totenkopf - erzählen viele Geschichten. Ein beliebter Ort auch für die Limburger Stadtführer, die hier augenzwinkernd erklären, was all diese bildgewaltigen Symbole rund um den großen Mann im roten Sandstein bedeuten.

Bereits im Jahr 1950 kam in Limburg die Idee auf, den ehemaligen Stadthauptmann als Brunnenfigur in die Altstadt zu holen. Ein Förderkreis erarbeitete eine Skizze, auf der ein Ritter mit einem Fass dargestellt war. Und wie der Amtsschimmel so arbeitet: Erst 31 Jahre später, im April 1981, wurde, nach einem Wettbewerb, der Planungsauftrag an den Limburger Bildhauer Karl Matthäus Winter erteilt.

Auf der Plötze stand damals schon ein Brunnen. Der Georgsbrunnen, der allerdings von vielen Bürgern als zu groß empfunden wurde und dringend restaurationsbedürftig war. Karl Matthäus Winter hat die männliche "Maria Magdalena", die sich vom Raubritter zum braven Beamten wandelte, mit seinen geschickten Händen anschaulich und humorvoll in Szene gesetzt. Keine leichte Arbeit, wenn man bedenkt, dass der Limburger Bildhauer, als der Auftrag kam, keinerlei Informationen über das Leben seines Modells zur Verfügung hatte.

Also versuchte er, möglichst viel über diesen Friedrich von Hattstein, der als zweites von fünf Kindern von Liesel und Konrad von Hattstein zur Welt kam, zusammenzutragen. Viel Unterstützung und nützliche Hinweise fand er dabei im Stadtarchiv von Bad Camberg. Der dort stammende Schriftsteller Fritz Heil (1877 - 1954), hat in seinen Schriften nämlich geschildert, wie sich die verzweifelten Lympurger Kaufleute im Jahr 1357 an den bekannten Raubritter wandten, um ihm eine Stelle als Stadthauptmann anzubieten. Nicht nur, weil dort ein starker Mann gebraucht wurde, sondern bestimmt auch, damit die Limburger fortan von seinen Überfällen verschont bleiben würden. Denn die passierten häufig: Die Handelsstraße von Limburg nach Frankfurt führte durch den Taunus und lag nicht weit von der Burg Eichelbach (Gemarkung Hasselbach), wo Hattstein mit seinen Spießgesellen residierte.

Angebotener Lohn

war ihm zu niedrig

Aber der angebotene Lohn über 32 Goldgulden konnte Hattstein überhaupt nicht locken. Er beschimpfte die Limburger als Pfeffersäcke und Kesselflicker, kehrte um und war schon fast wieder zu Hause, als er in Haintchen seinen Knecht traf, der ihm, blutbesudelt und tüchtig gebeutelt, mitteilte, das der Eichelbacher Hof gerade eben vom ursprünglichen Besitzer überfallen und zurückerobert worden sei. Haus und Hof waren also weg und seine Gefährten hatten bei dem Gemetzel den Tod gefunden. Friedrich von Hattstein war ein Mann schneller Entschlüsse: Er riss das Pferd herum, galoppierte zur Domstadt zurück und wurde Stadthauptmann. Und ein talentierter dazu - offensichtlich hat er seiner Stadt später auch viel Gutes getan.

Als sein Denkmal in Limburg am 18. Oktober 1985 feierlich enthüllt wurde, konnten die Gäste vieles aus dieser Geschichte dem roten Stein entnehmen. Der stämmigen Gestalt auf der Plötze sieht jeder Betrachter die Kraft schon an. Symbolisch dargestellt wird sie auch durch das schwere Weinfass, das Hattstein stemmt. Dass er ein Ohm - also ein 150-Liter-Fass - Runkeler Roten austrinken konnte, ist natürlich Unsinn. Karl Winter lässt den rauen Gesellen deshalb auch nicht trinken. Das Wasser läuft ihm über den Bauch.

Von Hattsteins ehemaligem Raubrittertum erzählt das Schwert, das er an den Nagel gehängt hat, ebenso wie seine Freiheit: Hattstein steht auf einem Hund, der an die Kette gelegt wurde. Die Schließeisen, heute sagt man Handschellen, mit denen der Polizeimann die kleinen Langfinger in jener Zeit "in den Sack steckte", sind deutlich zu erkennen. Und an der Seite triumphiert der Tod. Der hat sich den Stadthauptmann am Pfingstmontag 1363 geholt. Er wurde an der Limburger Greiffenpforte von den Reiffenbergern erschlagen.

Nur ein kleiner Etat

stand zur Vefügung

Auch zeitgenössische und politische Probleme in seinem Entstehungsjahr verdeutlicht der Brunnen: Die Uhr über dem Tod mahnt, "dass es fünf vor zwölf sei"; wer sieht, wie der Tod das Laub befingert, weiß, was gemeint ist. Dem starken Mann zur Seite gestellt hat Winter eine Säulenheilige und ihre Weisheit mit einer Eule betont. Amüsant auch die Inschrift auf der Rückseite des Brunnens, wo Unbewiesenes und Unerwünschtes einfach verkehrtherum eingemeißelt wurden. Übrigens ist der Hattstein-Brunnen einer der Limburger Zierbrunnen, der - in einer ehernen Faust - auch Trinkwasser führt.

Bezahlt wurde der Brunnen aus einem Fonds, der arg niedrig angesetzt war und vor allem von Alstadtbewohnern und ehemaligen Limburgern mit Spenden gefüllt wurde. Zu den Spendern gehörten Georg Behr, Altlandrat Heinz Wolf, Otto Goebels, Rudi Schuy, Harry Stahl, Josef Seif, Josef Bielefeld und der ehemalige Präsident des Bundesarbeitsgerichts Prof. Dr. Gerhard Müller. Mit einem Etat von nur 40 000 Mark (der Bahnhofsbrunnen kostete 380 000 Mark) stand er auf wackeligen Beinen. Wackelig war auch zunächst die Akzeptanz einiger Limburger, die Leben und Darstellung des Stadthauptmanns auf das Fass reduzierten und Angst hatten, solch ein "Suffkopp" sei doch nicht der richtige Repräsentant der Stadt. Wie dem auch sei: Seine Limburger Amtszeit über sechs Jahre hat der steinerne Gendarm längst überdauert. Und das Wasser hat auf dem Sandstein längst soviel Patina hinterlassen, wie der Raubritter selbst in der Geschichte von Limburg.

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