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Hospizhelfer haben mit Corona-Pandemie zu kämpfen: „Wir erleben die schlimmsten Seiten“

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Von: Sabine Rauch

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Die Hände einer jungen Person halten die Hand einer älteren Person in Nahaufnahme.
Die Hospizhelfer in Limburg erleben „die schlimmste Seite der Pandemie“. Wegen Corona müssen viele Menschen alleine sterben. (Symbolbild) © Daniel Reinhardt/dpa

Die Hospizhelfer aus Limburg begleiten Menschen beim Sterben. Doch auch hier sorgt Corona für Probleme.

Limburg – Das Seminar ist der Anfang. Ein Anlass, eine Chance, sich mit sich selbst und dem eigenen Leben zu beschäftigen und dann vielleicht weiter zu gehen. Und andere Menschen zu begleiten, bei ihrer Auseinandersetzung mit dem Leben und allem was dazugehört, also auch mit dem Sterben. Gaby Sauer hat sich schon früh mit dem Thema beschäftigt, sie hat ihre Oma und die Schwester ihrer Oma beim Sterben begleitet, 1995 hat sie die Ausbildung zur Hospizhelferin gemacht, 40 war sie damals.

„Die Ausbildung hat mir viel für mich selbst gebracht“, sagt sie. Da sei es nahe liegend gewesen, in den gerade gegründeten Verein Hospizdienste Limburg einzutreten. Seitdem ist sie im Verein, seitdem begleitet sie Sterbende auf ihrem letzten Weg. Seit 2015 ist sie im Vorstand des Hospizvereins, seit September seine Erste Vorsitzende. „Ich brenne für diese Arbeit“, sagt sie.

Dazu gehört es auch, das Thema Sterben aus der „dunklen Ecke“ herauszuholen. Und dazu gehört es auch, immer wieder auf die Arbeit der Hospizdienste aufmerksam zu machen, damit niemand seine letzten Tage alleine verbringen muss, damit die Menschen zu Hause sterben können, ohne ihre Angehörigen zu überfordern.

Hospiz-Verein Limburg leidet unter Corona: Viele Menschen müssen derzeit alleine sterben

Rund 120 Mitglieder hat der Hospiz-Verein derzeit, die meisten sind vor allem zahlende Mitglieder, „aber die brauchen wir auch“, sagt Gaby Sauer. Denn der Verein ist auf die Mitgliedsbeiträge angewiesen und auf Spenden. 15 Mitglieder sind als Begleiter aktiv - in normalen Zeiten. Aber die Zeiten sind nicht normal. „Wir erleben die schlimmsten Seiten der Pandemie“, sagt Gaby Sauer.

Die Sterbebegleiter haben in den vergangenen Monaten erlebt, dass viele Menschen alleine sterben mussten, dass Angehörige sich nicht mal mehr verabschieden konnten. „Die Menschen fühlten sich alleine gelassen.“ Weil niemand mehr ins Altenheim durfte oder ins Krankenhaus. „Es ist hart, wenn man jemanden über lange Zeit begleitet hat und ihn dann nicht mehr besuchen darf.“

Verein für Hospizhilfe unterstützt auch Angehörige: „Man lernt etwas über sich“

Nur wenige schwerstkranke Menschen und ihre Familien nehmen derzeit die Unterstützung der Hospizbegleiter in Anspruch. Das hat mit Corona zu tun. Aber nicht nur: „Viele Menschen wissen gar nicht, dass es uns gibt“, sagt Gaby Sauer. Auch deshalb bietet der Verein regelmäßig Vorträge zu den unterschiedlichsten Themen an, über die Kraft des Lachens, die Palliativmedizin oder über das Trauern.

Auch deshalb bietet der Verein die „Qualifizierung ehrenamtlicher Hospizhelfer/innen für die Begleitung von Schwerstkranken, Sterbenden und deren Angehörigen“ an. Am 28. Januar beginnt wieder ein Seminar. Vielleicht bleiben ein paar Teilnehmer dabei und entscheiden sich, Hospizhelfer zu werden. Aber das ist keine Pflicht. Manche machen den Kurs und entscheiden dann, dass diese Arbeit nichts für sie ist. „Man lernt etwas über sich und das eigene Leben.“ Und geht dabei manchmal auch an seine Grenzen - aber auch das gehört dazu.

Verein in Limburg begleitet Sterbende: „Wir gehen dorthin, wo wir gebraucht werden.“

Meistens sind es die Frauen, die dabeibleiben, die ihre Erfahrung, Empathie, Warmherzigkeit und ihr Wissen anderen Menschen in einer Ausnahmesituation zur Verfügung stellen - ehrenamtlich. „Wir könnten mehr männliche Begleiter gebrauchen“, sagt Gaby Sauer. „Wir begleiten ja auch Männer.“

Manche Begleitung beginnt zu Hause bei den Schwerkranken und endet im Krankenhaus oder Pflegeheim. Manchmal ist es umgekehrt. „Wir gehen dorthin, wo wir gebraucht werden.“ Wichtig sei, dass die Angehörigen keine Angst haben müssen, die Sterbenden nach Hause zu holen. Denn die allermeisten Menschen möchten zu Hause sterben. Und das sei in der Regel auch gut machbar, sagt Gaby Sauer.

„Wir sind im Landkreis gut aufgestellt.“ Es gibt nicht nur eine Palliativ-Station im St.-Vincenz-Krankenhaus. Es gibt auch das Palliativ-Care-Team, das sich um die ambulante medizinische Versorgung von Schwerstkranken kümmert, dazu die Begleiter des Vereins Hospizdienste. Und für jene, die doch nicht zu Hause bleiben können, weil die medizinische Betreuung intensiver sein muss, gibt es das stationäre Hospiz in Hadamar.

Sterbebegleitung: Verein in Limburg will die Angst nehmen

Aber für alle gilt: „Es tut gut, wenn jemand von außen kommt.“ Jemand, der etwas von der Schwere, von den Ängsten nehmen kann. Denn Angst macht das Sterben den meisten Menschen. Den Sterbenden, weil sie noch nicht alles geregelt oder Sorge haben, ihre Angehörigen zu überfordern, den Angehörigen, weil sie sich vor der Einsamkeit fürchten. Manchmal ist es dann der Begleiter, der diese ermutigen muss, den Sterbenden gehen zu lassen, ihm zu sagen, dass er nicht mehr leiden muss, dass die Familie es auch alleine schafft. „Aber oft müssen wir gar nicht viel machen“, sagt Gaby Sauer. Dann sei es am besten, einfach nur am Bett zu sitzen, die Hand zu halten und zuzuhören. Das mache die Menschen ruhiger.

„Das Gefühl nicht alleine zu sein ist oft das Wichtigste.“ Deshalb gehört auch die Begleitung der Angehörigen unbedingt dazu. Damit auch sie sich nicht alleine gelassen fühlen. Denn nicht alle Menschen sind so gut vorbereitet, wie der Mann, den Gaby Sauer begleitet hat. Der hatte alles geregelt und das Wichtigste in einem Buch aufgeschrieben. Sie sei immer wieder beeindruckt, wie viel Stärke manche Menschen haben, sagt Sauer, dass sie selbst im Angesicht des Todes ihre Angehörigen trösten und lachen können. Man werde demütig bei dieser Arbeit, sagt sie. „Man bekommt einen anderen Blick auf das eigene Leben.“ (Sabine Rauch)

Erst vor Kurzem sorgte eine Meldung aus dem St.-Vincenz-Krankenhaus für Aufsehen: Ein Zufallsbefund rettete einen Patienten in Limburg.

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