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Polizei ermittelt erneut gegen Pflegerin der Lebenshilfe Limburg Diez

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Von: Sabine Rauch

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In der Tagesförderstätte der Lebenshilfe Limburg Diez soll es zu Misshandlungen gekommen sein.
In der Tagesförderstätte der Lebenshilfe Limburg Diez soll es zu Misshandlungen gekommen sein. © picture alliance/dpa

Nach den Misshandlungs-Vorfällen im vergangene Oktober wird erneut gegen eine Pflegerin der Lebenshilfe Limburg Diez ermittelt.

Limburg – Im Oktober war eine ehemalige Mitarbeiterin der Lebenshilfe Limburg Diez wegen Misshandlung Schutzbefohlener in der Tagesförderstätte Offheim verurteilt worden, jetzt wird wieder gegen eine Heilerziehungspflegerin ermittelt. Diesmal geht es um eine Tagesförderstätte in Heuchelheim, und es geht zum Beispiel um Schläge, wenn die Klienten ihre Teller nicht leergegessen oder sich eingenässt haben.

Die Lebenshilfe betont, dass dieser Fall nichts mit den sadistischen Übergriffen in der Tagesförderstätte Offheim zu tun habe. Aber viel mehr will die Lebenshilfe Limburg Diez dazu auch gar nicht sagen. Und zwar nicht mit Hinweis auf laufende Ermittlungsverfahren, wie es sonst üblich ist, wenn Institutionen sich nicht zu Vorwürfen äußern wollen, sondern mit Hinweis auf eine "Medieninformation", die allerdings nicht auf die wirklich relevanten Fragen eingeht.

Mitarbeiterin der Lebenshilfe Limburg Diez: Relevante Fragen bleiben unbeantwortet

Zum Beispiel die Frage, wie es möglich ist, dass eine Mitarbeiterin einer Lebenshilfe-Einrichtung übergriffig werden kann, ohne dass sie sofort von den Kollegen zur Rede gestellt und das Verhalten den Vorgesetzten gemeldet wird. Oder die Frage, welche Konsequenzen Mitarbeiter der Lebenshilfe fürchten müssen, wenn sie Übergriffe decken? Oder die Frage, wie die Mitarbeiter ermutigt werden, Fehlverhalten ihrer Kollegen zu melden.

Ähnliche Fragen hatte auch Amtsrichterin Bettina Kilian gestellt, als sie Ende Oktober vergangenen Jahres eine ehemalige Heilerziehungspflegerin der Tagesförderstätte Offheim wegen Misshandlung Schutzbefohlener und Körperverletzung zu zwei Jahren und zwei Monaten Gefängnis verurteilt hatte, weil sie ihre Klienten systematisch gequält hatte - ihre Kollegen hatten dabei zugesehen oder sich daran ergötzt, wie die schwerst mehrfach behinderten Menschen beschimpft, geschlagen, eingesperrt oder gezwungen wurden, Abfall zu essen.

Auszubildende beweist Mut und sorgt dafür, dass die Taten bestraft werden

In der Tagesförderstätte Offheim brauchte es eine mutige Auszubildende, damit die Übergriffe geahndet werden konnten. Die Richterin lobte in ihrer Urteilsbegründung denn auch den Mut der jungen Frau und stellte fest, dass es bei der Lebenshilfe kein System gab, das so ein Verbrechen an Menschen, die einen besonderen Schutz brauchen, verhindert oder zumindest aufgeklärt hätte.

Diesmal hat die Betreuungs- und Pflegeaufsicht Anzeige erstattet, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Körperverletzung. Auch diesmal sind die Ermittlungen schwierig. Weil es schwierig ist, mit den mutmaßlichen Opfern zu kommunizieren. Und weil die Vorwürfe zum Teil schon mehr als zwei Jahre alt sind. Damals sei die Mitarbeiterin in einer E-Mail beschuldigt worden, teilte die Lebenshilfe mit. "Weitere Vorwürfe oder anderweitige Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten der Heilerziehungspflegerin, die damals schon seit 20 Jahren für die Lebenshilfe tätig war, gab es bis dahin nicht", heißt es in der Stellungnahme der Lebenshilfe.

Ermittlungen in Limburg holprig: Keine Anhörung der Mitarbeiterin der Lebenshilfe

Eine Anhörung der Mitarbeiterin sei unmöglich gewesen, weil die Frau sich krank meldete. "Für uns war es damals vor allem wichtig, dass die Mitarbeiterin bis auf Weiteres keinen Kontakt zu KlientInnen hatte", teilt Lebenshilfe-Geschäftsführerin Elisabeth Gerheim mit. Und das hatte sie ja nicht, weil sie krank war - fast zwei Jahre lang.

Die Mitarbeiterin sei fachlich anerkannt gewesen und auch von vielen Eltern sehr geschätzt worden, deshalb habe die Lebenshilfe sich damals entschieden, zunächst "weitere Fakten zu sammeln" - keine Anzeige zu erstatten oder die Heimaufsicht zu benachrichtigen. "Damit wollten wir eine vorschnelle Stigmatisierung der Mitarbeiterin und auch von gegebenenfalls betroffene KlientInnen verhindern."

Nach Kritik: Lebenshilfe Limburg Diez reagiert und löst Vertrag mit der Mitarbeiterin auf

Dann wurde eine Kollegin aktiv: Am 15. Oktober waren Mitarbeiter der Betreuungs- und Pflegeaufsicht in der Tagesförderstätte, um einer Beschwerde einer Mitarbeiterin nachzugehen, vier Tage später erstattete die Behörde Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Limburg - und forderte die Lebenshilfe auf, die betroffenen Eltern zu informieren. Das tat die Lebenshilfe dann auch. Und sie tat noch etwas anderes: Sie sprach mit der Frau. In dem Gespräch habe die Mitarbeiterin die Vorwürfe nicht entkräften können, teilte Geschäftsführer Werner Schlenz mit. "Die Lebenshilfe hat danach sofort die Entscheidung getroffen, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Damit folgen wir unseren hohen internen Standards für solche Situationen."

Im Moment überprüft die Betreuungs- und Pflegeaufsicht, ob das Qualitätsmanagement-System der Lebenshilfe ausreicht, um solche Verbrechen in Zukunft zu verhindern. Die Behörde formuliert es so: "Die Einrichtung wird derzeit engmaschig begleitet." Vielleicht sind die Strukturen bei der Lebenshilfe auch wieder Thema vor Gericht: Ob sich die Heilerziehungspflegerin verantworten muss, wird noch geklärt. Im letzten Fall haben die Ermittlungen fast zwei Jahre gedauert.

Lebenshilfe Limburg Diez in der Kritik: Weitere Fragen bleiben offen

Die Lebenshilfe unterstütze alle beteiligten Behörden aktiv bei der Aufklärung der Vorfälle, teilte die Lebenshilfe mit. Die Mitarbeiterin sei nicht mehr in der Tagesförderstätte Heuchelheim. In mehreren Gesprächen mit dem Rechtsbeistand der Frau habe die Auflösung des Arbeitsvertrages vereinbart werden können, teilte die Lebenshilfe mit. Die Frage, ob die Mitarbeiterin eine Abfindung bekommen habe, wollte sie nicht beantworten.

Genauso wenig wie die Frage, was sie den Eltern und Angehörigen sagen, die wissen wollen, ob sie ihre Kinder ohne Bedenken in die Einrichtungen der Lebenshilfe schicken können. (Sabine Rauch)

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