Viele Überstunden und Infektionen: Schulen wegen Corona am Limit

Die Omikron-Variante des Coronavirus wird zur Belastungsprobe: Nicht nur Schüler, sondern auch viele Lehrer im Landkreis Limburg-Weilburg sind infiziert.
Limburg-Weilburg – So langsam wird es eng an den Schulen im Landkreis Limburg-Weilburg. Wenn jetzt noch eine Grippewelle kommt, wird es schwer, das Präsenzunterricht-Versprechen zu halten. Denn nicht nur Schülerinnen und Schüler infizieren sich gerade reihenweise mit dem Coronavirus, sondern auch Lehrer. Der Winter sei sowieso die Zeit des hohen Krankenstandes, sagt Dirk Fredl, der Sprecher des Staatlichen Schulamtes in Weilburg. Jetzt kommen die Coronafälle noch dazu.
Anfang der vergangenen Woche waren im Bezirk des Schulamtes in Weilburg, zu dem der Landkreis Limburg-Weilburg und der Lahn-Dill-Kreis gehören, 77 positiv getestete Lehrer gemeldet, in dieser waren es rund 50, dazu kommen aber noch die Nachmeldungen und die Lehrer in Quarantäne sowie jene, die wegen anderer Erkrankungen zu Hause bleiben müssen. Noch sei die Unterrichtsversorgung aber gesichert, sagt Dirk Fredl.
Die Schulen seien vorbereitet. Zum Beispiel mit jeder Menge Vertretungskräften. Wenn die nicht reichen, müssen auch mal die AGs ausfallen, damit der Mathe-, Deutsch- und Englischunterricht stattfinden kann. Vorübergehend kann auch mal der Kollege von der Nachbarschule abgeordnet werden, wenn das nicht geht, sind da vielleicht noch Teilzeitkräfte, die bereits sind, ein paar Stunden aufzustocken. Aber am häufigsten ist die Überstunden-Variante: "Da müssen wir aber aufpassen, dass das keine Dauerlösung wird, um die Kolleginnen und Kollegen nicht zu überlasten", sagt Dirk Fredl.
Schulen in Limburg-Weilburg arbeiten wegen Corona an Belastungsgrenze
Sein Kollegium sei bereits an der Belastungsgrenze sagt Philipp Naumann, der stellvertretende Schulleiter der Fürst-Johann-Ludwig-Schule in Hadamar. Jede Menge Überstunden und das schon seit langem. Vor Weihnachten seien 25 Kolleginnen und Kollegen krank gewesen, rund zehn Prozent, im Moment sind es 13 - auch das zu viele. Vertretung ist das Gebot der Stunde. Noch habe man keine ganze Lerngruppe nach Hause schicken müssen, höchstens mal ein paar ältere Schüler nach der sechsten. Stunde.
Aber nicht nur für die Lehrerschaft ist die Omikron-Welle eine Belastungsprobe, auch für das Sekretariat. Denn irgendjemand muss sich ja um die positiv getesteten Schüler kümmern, muss die Schüler isolieren und beaufsichtigen, muss die Eltern benachrichtigen, dass sie ihre Kinder abholen müssen. Manchmal sind die Eltern nur schwer zu erreichen, manchmal ist der Weg bis zur Schule nach Hadamar weit. Manchmal sitzen Schüler eine Doppelstunde da und warten auf die Eltern, manchmal vier Stunden.
Derzeit werden zwischen vier und acht Schüler positiv getestet - und das täglich, fünf Tage in der Woche. Und manche von ihnen immer wieder: Sieben Tage für eine Frei-Testung seien offenbar zu wenig, sagt Philipp Naumann. Denn am 8. Tag, beim Selbsttest in der Schule, sei der Test dann doch wieder positiv. Und das ganze Prozedere beginnt von vorne - mitsamt der Arbeit für das Sekretariat. Es gebe Tage, an denen dieses ausschließlich mit der Versorgung der Corona-Fälle befasst sei.
Corona im Kreis Limburg-Weilburg: In jeder Klasse fehlen ein paar Schüler
"Den Kolleginnen müsste man eigentlich jeden Tag Blumen schenken", sagt Philipp Naumann. Denn die positiv getesteten Schüler müssen ja nicht nur separiert und manchmal auch beruhigt und getröstet werden. Und die Eltern müssen ja nicht nur informiert, sondern auch beraten werden, wie es nun weitergeht.
"Das ist Beziehungsarbeit", sagt Judith Lehnert, Leiterin der Freiherr-von-Stein-Schule in Dauborn. Und Fleißarbeit: Es muss ja auch alles dokumentiert werden. "Wir müssen jede Menge Listen führen" - und das in Zeiten, in denen das Sekretariat nicht voll besetzt ist. Natürlich sind auch an der Freiherr-von-Stein-Schule Kollegen krank, natürlich sind auch dort welche infiziert, aber nur vier - von 100. "Die Kollegen tragen konsequent eine FFP 2-Maske." Aber trotzdem müssen die Kollegen Vertretungsstunden geben. Und damit umgehen, dass eigentlich in jeder Klasse immer ein paar fehlen. "Das ist anstrengend", sagt Judith Lehnert. Denn auch die Schüler müssen ja versorgt werden.
Auch Nicole Scharbach, die stellvertretende Schulleiterin der Marienschule, ist ihren Kolleginnen und Kollegen sehr dankbar für ihren Einsatz. Auch an dem Limburger Gymnasium sind viele Lehrer krank, auch dort machen die Kollegen Überstunden, "fast alle dauerhaft zwei Stunden mehr".
Corona in Limburg-Weilburg: Manche Eltern holen ihre Kinder nicht ab
Wenn auch das nicht mehr reicht, müsse man die AGs wohl doch wieder streichen - Unterricht geht vor. Und damit alle teilnehmen können, auch aus der Quarantäne, hält die Marienschule auch in diesen Zeiten ihre Online-Lernplattformen vor. "Wenn es pädagogisch sinnvoll ist, bieten wir allen Schülern die Möglichkeit, sich zuzuschalten." Wer krank ist, muss das natürlich nicht.
Rund zwölf Mädchen und Jungen müssen in jeder Woche mit einem positiven Schnelltest nach Hause. Die Zahlen seien seit dem Ende der Weihnachtsferien etwa gleich, sagt Nicole Scharbach. "Im Vergleich zu anderen Schulen kommen wir damit noch ganz gut weg." Auch die Skifreizeit habe an den Corona-Zahlen nichts geändert. Gerade mal eine Schülerin habe von ihren Eltern aus Oberstdorf abgeholt werden müssen, weil ihr Test positiv war. Und das sei auch kein Problem gewesen - abgesondert, im Familien-Auto.
Das ist offenbar nicht selbstverständlich. "Leider gibt es Eltern, die ihre Kinder nicht abholen können oder wollen", sagt Dirk Fredl. Es müsse schon einmal ein Krankenwagen gerufen werden, um positiv getesteten Schüler nach Hause zu schaffen. Und das Schulamt weiß, dass auch dieses Problem mit den steigenden Zahlen wächst, vom Rücktransport von Klassenfahrten ganz zu schweigen.
Corona: Luftfilter im Kreis Limburg-Weilburg sind Mangelware
Aber das Schulamt hat einen Tipp, wenn dann im Sommer wieder mehr Schulklassen unterwegs sind: "Zu empfehlen sind Ziele, die in ein bis zwei Stunden zu erreichen sind" - auch von Eltern. Denn auch wenn alle auf den Sommer hoffen und darauf, dass wenigstens die statistische Gefahr sinkt, sich mit dem Coronavirus zu infizieren: Die Gefahr bleibt, und die Aufgabe der Eltern, ihre Kinder im Notfall abzuholen, ebenfalls.
In der ersten Februarwoche waren rund 1100 infizierte Schüler im Bezirk des Schulamtes gemeldet, in der zweiten Woche waren rund 1000, in der vergangenen Woche wurden knapp 750 gezählt. Was diese Zahlen aussagen ist eine ganz andere Frage: Denn in der vergangenen Woche waren wegen des Sturms nur drei Tage Präsenzunterricht samt Tests, und bisher gilt nur die durch einen PCR-Test bestätigte Infektion als gesichert. Aber immer wieder berichten Schüler und Lehrer, dass sie von den Teststellen wieder weggeschickt werden - und damit tauchen sie in der Statistik nicht auf. "Die Datenlage ist schwierig", sagt Dirk Fredl.
Natürlich war die Corona-Lage an den Schulen im Landkreis auch Thema bei der jüngsten Kreistagssitzung. Denn je mehr Corona-Fälle, desto mehr Luftfilter werden gebraucht. Luftfilter sind längst Mangelware. Inzwischen seien alle 600 mobilen Filter im Einsatz, sagte Landrat Michael Köberle. Alle Filter, die der Kreis im vergangenen Jahr beschafft hatte, damit sie dort eingesetzt werden, wo das Lüften in den Klassenräumen nicht möglich ist oder nicht mehr reicht. Derzeit könne er keine weiteren Filter bestellen, sagte Köberle. Luftfilter seien knapp, es gebe Lieferschwierigkeiten.
Die Gaststätten im Kreis Limburg-Weilburg halten die Corona-Regeln weitgehend ein. In der Kreisstadt gab es im Januar in 19 Betrieben keinen Verstoß. (Sabine Rauch)