Supermarkt in Ahlbach: Ortsbeirat wünscht sich mehr Zeit

Stadtverordnete sollen am kommenden Montag über Grundstücksverkauf an Investor entscheiden
Ahlbach -Die einen bitten um mehr Zeit und wünschen sich mehr Verbindlichkeit. Die anderen bitten um Vertrauen und befürchten, ohne eine Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt könne der Investor abspringen, und sein Projekt woanders verwirklichen.
Das ist auf den ersten Blick der Konflikt zwischen dem Ortsbeirat Ahlbach und vielen irritierten Bürgern im Ort auf der einen Seite und der politischen Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung auf der anderen Seite.
Der Betreiber eines türkischen Supermarkts in der Limburger Brückenvorstadt plant, im neuen Gewerbegebiet "Im Mergel" eine 8500 Quadratmeter große Fläche zu erwerben, um hier einen zweiten Supermarkt mit internationalen und deutschen Produkten zu eröffnen und stellt auf dieser Fläche zugleich die Ansiedlung eines Ärztehauses, einer Apotheke, eines Pflegeheims, eines Imbisses und eines Cafés in Aussicht.
Die CDU in der Zwickmühle
Doch dieses "in Aussicht stellen" reicht dem Ortsbeirat nicht. Nach einer Sondersitzung im Bürgerhaus am Donnerstagabend sprach sich dieses politische Gremium mit fünf Ja-Stimmen und einer Enthaltung dafür aus, das Vorhaben des Investors mit einem Grundstücksverkauf weiter beraten zu dürfen. Doch schon am Montag sollen die Stadtverordneten den Grundstücksverkauf absegnen. Und wie es derzeit aussieht, werden sie es wohl auch tun - denn das Votum des Ortsbeirats ist nur eine Empfehlung.
Die CDU befindet sich dabei in einer Zwickmühle: Der Investor, Hüseyin Kaya, ist CDU-Stadtverordneter, und Ahlbach ist ein CDU-Dorf: Auf vier Christdemokraten im Ortsbeirat kommen zwei Sozialdemokraten.
Grundsätzlich begrüße der Ortsbeirat die Investitionsbereitschaft Kayas, erklärte Ortsvorsteher Jens Bender (CDU). Und sollten ein Ärztehaus und eine Apotheke, ein Pflegeheim, ein Imbiss und ein Café tatsächlich kommen, sei der Ort damit auch sehr zufrieden - aber was, wenn das alles so nicht komme? Wirklich sicher ist bislang nur, dass Kaya den auf knapp 800 Quadratmeter Verkaufsfläche begrenzten Supermarkt mit knapp 90 Parkplätzen schnell bauen möchte.
Eine Entscheidung für Generationen
Von einer "Generationen-Entscheidung" für Ahlbach sprach Harald Krämer (CDU). Grundsätzlich sehe er das vorgelegte Gesamtkonzept positiv, auch optisch sähen die geplanten Gebäude super aus. Aber ob die vorgesehene Nutzung auch wirklich so komme, sei noch nicht sicher. "Müssen wir jetzt mit Gewalt eine Entscheidung treffen?"
Die beiden Vertreter von CDU und SPD aus der Stadtverordnetenversammlung signalisierten Zustimmung zum gesamten Bauvorhaben. "Das ist grundsätzlich unterstützenswert", sagte Fraktionsvorsitzender Dr. Christopher Dietz (CDU) in der Sondersitzung des Ortsbeirats. "Der Investor ist über jeden Zweifel erhaben, das Konzept ist sehr überzeugend."
Auch SPD-Fraktionschef Peter Rompf warb für den Investor. Dessen "Bereket"-Markt am Offheimer Weg sei ein schöner, ein ordentlicher Laden. "Ahlbach bekommt einen vollwertigen Supermarkt", sagte er. "Das ist ein Limburger Investor, dem man auch trauen kann."
So sieht das auch Bürgermeister Dr. Marius Hahn (SPD). "Ein Lebensmittelmarkt in Ahlbach steht schon sehr lange auf der Wunschliste", sagte er. Und sollten ein Ärztehaus und eine Apotheke kommen, wie vom Investor angestrebt, "dann ist das für Ahlbach ein Sechser im Lotto". Dass der Investor dies zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht präsentieren könne, sei nicht ungewöhnlich. Er benötige dafür die Grundstücksfläche, um danach Vorverträge abschließen zu können.
Dass der eine oder andere Ahlbacher von einem Aldi oder einem Lidl, einem Edeka oder einem Rewe geträumt hat, wurde in der Veranstaltung im Bürgerhaus sehr deutlich. Ein Bürger sagte unmissverständlich, es gehe um das Sortiment. Ob, wie vom Investor vorgesehen, die Hälfte der Verkaufsfläche für deutsche Produkte in Kooperation mit der Rewe-Tochter Nahkauf oder der Edeka-Tochter Gutkauf bestückt werde, sei noch nicht sicher. "Was ist, wenn das nicht klappt?"
Das Problem ist die vom Regionalplan vorgegebene Begrenzung auf knapp 800 Quadratmeter - für die bekannten Discounter und deutschen Supermarktketten ist das aber viel zu klein, sie benötigen mindestens 1100 bis 1200 Quadratmeter. Darauf wiesen sowohl Bürgermeister Hahn als auch Dr. Sebastian Schaub, der Fraktionschef der Grünen, hin.
Er könne den Ortsbeirat mit seiner Kritik am Verfahrensablauf und der Bitte um Zeit auf der einen Seite sehr gut verstehen, sagte Schaub. Auf der anderen Seite appellierte er, die Chance, die sich mit diesem Investor biete, auch zu nutzen. "Wir stellen uns diesem Markt nicht in den Weg", sagte Schaub und signalisierte damit ebenfalls Zustimmung.
Harald Krämer vom Ortsbeirat bat trotzdem um mehr Zeit. Die künftige Nutzung des Geländes sei in Ahlbach schon seit Jahrzehnten im Gespräch, aber erst vor wenigen Tagen habe der Ort erfahren, welche Ansiedlungen geplant seien. "Diese Vorgehensweise spottet politisch jeder Beschreibung", sagte er.
Auch das erklärt die Aufregung in Ahlbach: Ortsvorsteher Bender betonte, er habe erst durch eine Pressemitteilung der Stadt in dieser Zeitung von dem Bauvorhaben erfahren. Offensichtlich gab es zuvor weder einen Anruf des Bürgermeisters an den Ortsvorsteher noch ein Gespräch zwischen zwei CDU-Parteifreunden. Kaya will erst zwei Wochen vor der Bekanntgabe durch die Stadt zumindest einmal versucht haben, Bender telefonisch zu erreichen, was allerdings nicht klappte.
Zwar verteidigte der Bürgermeister das Vorgehen als "ein normales politisches Verfahren", schließlich seien Grundstücksverkäufe Sache des Magistrats, bei denen Ortsbeiräte nicht gehört werden müssten. Aber Rompf, der bisher genauso argumentiert hatte, räumte zumindest ein, bei solchen Angelegenheit die Ortsbeiräte früher zu informieren.
Auch die FDP-Fraktionsvorsitzende Marion Schardt-Sauer kritisierte die Verfahrensweise. Warum sei der Investor nicht auf den Ortsbeirat und die Stadt-Fraktionen zugegangen, um sein Projekt vorzustellen und Fragen zu beantworten? "Das ist der Eingangsbereich von Ahlbach", sagte sie. "Gewerbeflächen sind wertvoll, und der Boden ist endlich." Die Liberalen wollten zumindest über das Projekt nachdenken dürfen, statt schon am Montag darüber entscheiden zu müssen.
Bürgermeister Hahn erklärte, es sei grundsätzlich möglich, den Investor mittels Kaufvertrag zu verpflichten, seine Pläne innerhalb der nächsten zwei oder spätestens drei Jahre umsetzen zu müssen und die vorgesehene Nutzung festzulegen. Das ist vermutlich auch der Weg, der beschritten wird.