Villmar droht Rückzahlung von Fördergeldern – Kultur- und Sozialzentrum wirft Fragen auf

Muss die Gemeinde Villmar dem Land Hessen Fördergelder zurückzahlen? Der Grund ist das Kultur- und Sozialzentrum und die Nutzung des Zentrums.
Aumenau - Die Gemeinde Villmar muss dem Land Hessen möglicherweise Fördergelder zurückzahlen, die für den Bau des Kultur- und Sozialzentrums (KuS) Aumenau geflossen sind. Dies geht aus einer Antwort von Bürgermeister Matthias Rubröder (CDU) auf eine CDU-Anfrage hervor. Wörtlich schreibt Rubröder: "Für das Kultur- und Sozialzentrum bestehen in der Tat Gefahren der Rückzahlung, da das KuS in erster Linie als Bürgerhaus genutzt werden sollte." Auf Nachfrage erklärte der Bürgermeister jedoch, dass er dies für unwahrscheinlich halte. Insgesamt wurde das KuS mit 192.511 Euro gefördert.
Die CDU-Fraktion hatte sich mit einem 15-teiligen Fragenkatalog an Rubröder gewandt, um Aufklärung über die aktuelle Situation des KuS zu erhalten. Zuvor hatte der ehemalige Förderverein Kultur- und Sozialzentrum Aumenau (jetzt: "Förderverein Kultur und Soziales") seinen Rückzug vom KuS beschlossen, das er 13 Jahre lang maßgeblich mit vorangetrieben hatte. Der Verein, der als Betreiber vorgesehen war, begründete seinen Rückzug damit, dass er das KuS nicht mehr so nutzen könne, wie es das Nutzungskonzept vorsehe. Demnach wollte der Verein dort eine Begegnungsstätte für alle Generationen, einen Übungsraum für örtliche Vereine sowie ein Ortsarchiv einrichten. Daraus wird nun voraussichtlich nichts.
Kultur- und Sozialzentrum: Verein in Villmar sieht Verstoß gegen frühere Zusagen
Denn die Gemeinde Villmar hat laut Rubröder bereits am 2. September 2020 einen Nutzungsvertrag mit dem Landkreis geschlossen, wonach das ehemalige Feuerwehrhaus von Montag bis Freitag zwischen 7 und 16 Uhr der Ganztagsbetreuung für die Amanaschule vorbehalten ist. Darin sieht der Verein einen Verstoß gegen frühere Zusagen, die eine schulische Nutzung an nur zwei, höchstens drei Wochentagen vorgesehen habe. Verärgert ist der Verein auch darüber, dass er über die Vertragsschließung mit dem Kreis vorab nicht informiert gewesen sei.
Rubröder räumt ein, dass das 2011 vom Förderverein erstellte Nutzungskonzept Grundlage für die Zuschusszusage des Landes gewesen sei. Allerdings, schränkt er ein, seien in dem Konzept nur Beispiele für mögliche Nutzungen genannt worden und keine konkreten Festlegungen. "Dass die Schule ebenfalls mit nutzt, war zwar unbedenklich, es kommt aber darauf an, wie das Land Hessen letztlich die Situation einschätzt", so Rubröder weiter.
Ganztagsberteuung der Grundschüler im Kultur- und Sozialzentrum in Villmar
Der Bürgermeister bestreitet, dass der Verein von dem Vertrag zwischen Landkreis und Gemeinde nichts gewusst habe. "Erste Informationen über mögliche Mieten/Nebenkosten und Verträge mit dem Kreis wurden mit dem Verein bereits im Januar 2020 schriftlich kommuniziert", so der Verwaltungschef. Auch das Bauamt habe den Verein etwa zur selben Zeit per E-Mail über erste Inhalte der anstehenden Verträge mit dem Kreis informiert. So seien zum Beispiel damals bereits die Zeiten 7 bis 16 Uhr genannt worden. Eine Angabe über die Zahl der Wochentage fehlt in dem Schreiben, das dieser Zeitung vorliegt, allerdings.
Den Vertragsschluss mit dem Kreis hatte Rubröder auf Anfrage dieser Zeitung damit begründet, dass der Gemeinde das Geld für den Neubau einer Küche im KuS gefehlt habe. Der Kreis sei in die Bresche gesprungen, habe aber verlangt, dass er das Gebäude für die Ganztagsbetreuung der Grundschüler nutzen dürfe. Bereits im Februar 2020 sei der Förderverein Kultur- und Sozialzentrum Aumenau über die Mehrkosten für die Küche informiert worden, so der Verwaltungschef in seiner Antwort. Ganz abgesehen davon, hätte sich der Verein die notwendigen Informationen auch selbst beschaffen können. Rubröder schreibt: "Es gab auch immer die Möglichkeit des Vereins, sich über die Gemeinde hinaus indirekt beim Kreis zu informieren, da die Schulleiterin im KuS-Verein Mitglied war."
Wer betreibt in Zukunft das Kultur- und Sozialzentrum in Villmar?
Der Bürgermeister räumt indes ein, dass die jetzige Nutzung durch die Schule gegen Absprachen mit dem Verein verstoße, auch wenn es keine schriftlichen Vereinbarungen gegeben habe. "Gleichwohl stand immer im Raum, dass der Förderverein die Möglichkeit haben soll, zumindest an zwei Werktagen und auch am Wochenende das Kultur- und Sozialzentrum tagsüber nutzen zu können." Auch sei ursprünglich geplant gewesen, dass der Verein das KuS von der Gemeinde mietet und es auch betreibt, räumt Rubröder ebenfalls ein. Kritik übte der Rathaus-Chef an seinem Amtsvorgänger Arnold-Richard Lenz (SPD): "Eine ordentliche Amtsübergabe seitens meines Amtsvorgängers gab es in dieser Sache nicht. Alle weiteren Informationen musste ich mir von den Mitarbeitern des Bauamtes geben lassen, sofern diese dort bekannt waren", schreibt er.
Wer nach dem Rückzug des Fördervereins nun das Aumenauer KuS betreiben wird, ist nach Rubröders Angaben bisher nicht geklärt worden. "Letztlich wird aber wahrscheinlich die Gemeinde die Aufgaben übernehmen müssen", schreibt der Bürgermeister in seiner Antwort auf die CDU-Anfrage. Derzeit steht das Gebäude an den Abenden und Wochenenden leer.
Weitere Fragen zum Kultur- und Sozialzentrum in Villmar ungeklärt
Der frühere Vorsitzende des Fördervereins Bernd Horz bestreitet, dass er und seine Vorstandskollegen über den Vertragsschluss zwischen Kreis und Gemeinde Villmar informiert gewesen seien. "Offiziell wussten wir davon gar nichts, nur hinten herum", so Horz gegenüber dieser Zeitung. Erst im Frühjahr dieses Jahres habe der Verein - und das auch nur gerüchteweise - erfahren, dass die Schule das Gebäude nun an fünf Tagen pro Woche tagsüber nutze. Die Kommunikation mit Bürgermeister Rubröder sei denkbar schlecht gewesen, bemängelt Horz. "E-Mails von mir wurden einfach nicht beantwortet", so der ehemalige Vereinschef. "Diese Situation war für mich so belastend, dass ich im September von meinem Amt als Vorsitzender zurückgetreten bin. Ich habe mich belogen und betrogen gefühlt." Auch Horz befürchtet, dass die Gemeinde Fördermittel ans Land zurückzahlen muss. "Das Geld war immer für die Dorferneuerung und nicht für den Kreis und die Schule gedacht. Das Geld wurde aus meiner Sicht zweckentfremdet."
Eine weitere noch nicht geklärte Frage ist, was mit den rund 1000 unentgeltlichen Arbeitsstunden geschieht, die der Verein ehrenamtlich in die Sanierung des Gebäudes gesteckt hat. Wie Vereinsbeisitzer Andreas Städtgen erklärt, verlangt der Verein von der Gemeinde dafür eine angemessene Vergütung. Ebenso fordere der Verein 5700 Euro zurück, die er für den Einbau einer Trennwand an die Gemeinde gezahlt habe. "Diese Zahlung bringt uns in Erklärungsnöte gegenüber dem Finanzamt, weil ja der Nutzungszweck nicht mehr gegeben ist", so Städtgen. Kassiererin Evi Seufert sieht den Verein wegen der im Juli und August 2020 geleisteten Zahlungen für die Trennwand "völlig irregeleitet". Hätte der Verein gewusst, dass die Kommune nur wenig später einen Vertrag mit dem Landkreis plant, wären diese Mittel gar nicht geflossen. (Rolf Goeckel)