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Weilmünster: "Ohne die Vertriebenen wäre die Region ärmer"

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Einige Teilnehmer des "Tags der Heimat" waren in Egerländer Trachten gekommen: (von links) Dr. Herbert Papacek, Otto Riedl, Josef Plahl, Paul Heimaerl und Albrecht Ksuschat.
Einige Teilnehmer des "Tags der Heimat" waren in Egerländer Trachten gekommen: (von links) Dr. Herbert Papacek, Otto Riedl, Josef Plahl, Paul Heimaerl und Albrecht Ksuschat. © Privat

Beim "Tag der Heimat" würdigte Festredner Hans-Peter Schick die Leistungen der Geflohenen

Weilmünster -Zum Tag der Heimat hatten der Bund der Vertriebenen, Kreisverband Limburg-Weilburg, und dessen Landsmannschaften ins Bürgerhaus Weilmünster eingeladen. Das Leitwort lautete "Vertreibungen ächten - Völkerverständigung fördern".

Kreisvorsitzender Josef Plahl betonte, dass die deutschen Heimatvertriebenen im Jahr 1950 vor dem Hintergrund des damaligen Leids auf Rache und Vergeltung verzichtet haben, um zur Versöhnung und Einigung Europas beizutragen. Angesichts von 80 Millionen Flüchtlingen in der heutigen Welt stelle sich die Frage, ob die Menschheit aus der Geschichte des letzten Jahrhunderts nichts gelernt habe.

Der Weilmünsterer Bürgermeister Mario Koschel sagte, sein Großvater sei Sudetendeutscher gewesen und habe sich ein neues Zuhause aufgebaut. Der Europaabgeordnete Michael Gahler (CDU) merkte an, dass es in vielen Ländern Terror und Verfolgungen gebe, dahinter stünden meistens Diktatoren. Europa sei von Spannungen nicht befreit, und die Beziehungen zu Polen und Ungarn seien nicht ohne Probleme. Der Erste Kreisbeigeordnete Jörg Sauer (SPD) erinnerte daran, dass eine große Zahl von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen im Kreis Limburg-Weilburg heimisch geworden sei. Die beiden heimischen Landtagsabgeordneten Tobias Eckert (SPD) und Andreas Hofmeister (CDU) berichteten, dass sie ebenfalls sudetendeutschen Vorfahren hätten, die gleichfalls vertrieben worden seien. Der emeritierte Weihbischof Gerhard Pieschl erzählte, dass sein Vater tschechoslowakischer Polizist gewesen sei und er auf einem Lastwagen 1945 aus der Heimat vertrieben wurde.

"Mauern und Zäune keine Antworten"

Die Festansprache hielt der Weilburger Bürgermeister a. D. Hans-Peter Schick. Am 4. Februar 1946 sei der erste Transport heimatvertriebener Menschen aus dem Sudetenland und am 5. Juni 1946 der erste Transport heimatvertriebener Menschen aus Ungarn am Weilburger Bahnhof angekommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe es, so Schick weiter, mehr als 150 Kriege auf dem Globus gegeben sowie Flucht und Vertreibungen, Terror und Gewalt, die die Menschenwürde missachteten. Ein weiterer Problemkreis sei, dass mehr als 800 Millionen Menschen auf der Erde hungerten und mehr als zwei Milliarden Menschen an Mangelernährung litten.

Ein aktuelles Problem sei auch der von den Menschen verursachte Klimawandel, der immer mehr Lebensräume zerstöre, mahnte Schick. Lebten 1950 2,5 Milliarden Menschen auf der Erde, so seien es aktuell 7,9 Milliarden, und 2050 dürften es sogar 9,7 Milliarden Menschen sein.

Hans-Peter Schick erinnerte daran, dass nach dem Zweiten Weltkrieg 20 Vertriebenentransporte in den Landkreis gekommen seien. Die Vertrieben leisteten seit nunmehr 75 Jahren einen wesentlichen Beitrag zum Leben in unsrer Heimat und gestalteten sie mit. Ohne die heimatvertriebenen Mitbürgerinnen und Mitbürger wäre der Kreis deutlich ärmer. Heimat, so Schick, sei ein Wert und ein hohes Gut. Doch schick warf auch einen besorgten Blick in die Zukunft: Was wird in 25 Jahren sein, 100 Jahre nach der Ankunft heimatvertriebener Menschen? Er sagte: "Verstehen wir Erinnern nicht nur als Zurückdenken, sondern, wenn wir an die Vertreibung und Flucht vor 75 Jahren denken, dann müssen wir heute gegen Vertreibung und Flucht aufstehen. Dann müssen wir offensiv eintreten für die Menschenrechte, müssen Menschen auf der Flucht an- und aufnehmen "

Der Altbürgermeister schloss mit den Worten: "Unser Grundgesetz, die Heilige Schrift und die Charta der deutschen Heimatvertriebenen lehren uns, dass nicht Mauern und Zäune die richtigen Antworten für das Leben sind, sondern Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe, Respekt und Gemeinschaft."

Die Veranstaltung wurde von den Egerländer Maderln aus Mengerskirchen unter der Leitung von Heike Schlicht mit unvergessenen Melodien aus dem Egerland umrahmt.

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