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Musste Vili Viorel Păun sterben, weil er Tobias R. stoppen wollte?

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Von: Isabel Wetzel

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Vili Viorel Păun ist eines der Opfer des Terroranschlags von Hanau. Bislang galt er als Zufallsopfer. Doch möglicherweise versuchte er den Täter zu stoppen.

Hanau –  Der rassistische Terroranschlag in Hanau ist knapp ein Vierteljahr her. Für die Angehörigen der Opfer sind immer noch viele Fragen offen. So auch für die Eltern von Vili Viorel Păun, der am 19. Februar im Alter von gerade einmal 22 Jahren sterben musste. Der junge Mann starb vor einem Hochhaus im  Stadtteil Kesselstadt in Hanau - erschossen, am zweiten Tatort in der Nacht. 

Anschlag in Hanau: Vili Viorel Păun galt bisher als „Zufallsopfer“

Bei den meisten Opfern, die der Anschlag in Hanau in der Nacht forderte, lässt sich nachvollziehen, warum sie sich an den jeweiligen Tatorten aufgehalten haben. Es handelt sich um Wirte der Shisha-Lounge und der Bar, Angestellte und regelmäßige Kunden. Doch bei Vili Viorel Păun ist das anders. Die Wohnung, in der er mit seinen Eltern lebte, lag in der Nähe des ersten Tatorts in der Innenstadt von Hanau, nach Kesselstadt hatte er eigentlich keinerlei Kontakte, erklärt sein Vater Niculescu Păun gegenüber der „Hessenschau“. Vili Viorel Păun wird aber auf einem Parkplatz vor dem Wohnblock in Kesselstadt erschossen - in seinem Auto sitzend. 

Anschlag in Hanau: Warum war Vili Viorel in Kesselstadt?

Doch warum war Vili Viorel in Hanau-Kesselstadt? Er galt in den Medien lange als Zufallsopfer. Mehrfach hieß es, er wollte sich im Kiosk in Kesselstadt nur etwas zu trinken kaufen. Aus Sicht seiner Eltern sollte er jedoch nicht nur als Anschlags- oder gar Zufallsopfer in den Medien kursieren, sondern als Held. Ihrer Ansicht nach hat Vili Viorel den rassistischen Attentäter in Hanau auf eigene Faust verfolgt – mit dem Ziel den Anschlag aufzuhalten und schlimmeres zu verhindern. Und es gibt Indizien, die diese These stützen. 

Anschlag in Hanau: Überwachungsvideo könnte Begegnung zwischen Vili Viorel und dem Täter zeigen 

Ein achtsekündiges Überwachungsvideo am Heumarkt in Hanau zeigt vermutlich, wie der Täter Tobias R. vom ersten Tatort flüchtet. Als er ins Bild tritt ist außerdem ein silberner Pkw zu sehen. Für den Bruchteil einer Sekunde ist ein Aufblitzen zu erkennen – vermutlich ein Schuss. Ein Anschlag in Richtung des Autos. Der Wagen setzt zurück und verschwindet aus dem Bildausschnitt. 

Es ist weder ein Nummernschild noch ein anderes Detail des Wagens zu erkennen, aber Niculescu Păun ist überzeugt, dass es sich um den silbernen Mercedes seines Sohnes handeln muss. Das Überwachungsvideo ist von 21.53 Uhr in der Nacht des Anschlags

Anschlag in Hanau: Notrufe kommen in der Horror-Nacht nicht bei der Polizei durch 

Ein zweites Indiz ist die Anrufliste auf Vilis Handy. Niculescu Păun erhielt erst vor wenigen Wochen das Mobiltelefon seines Sohnes zurück. Wie er der „Hessenschau“ nach dem Anschlag offenlegt, zeigt die Anrufliste am Tatabend zwischen 21.57 und 21.59 Uhr fünf Versuche, den Notruf 110 zu wählen. Zwei Mal vertippt sich Vili Viorel, drei Mal wird der Anruf nicht angenommen. 

Die Spurensicherung untersucht das beschädigte Auto, in dem Anschlagsopfer Vili Viorel Păun erschossen wurde.
Die Spurensicherung untersucht das beschädigte Auto, in dem Vili Viorel Păun bei dem Anschlag erschossen wurde. © Boris Rössler/dpa

Der genaue Ablauf der folgenden Minuten lässt sich bisher nicht rekonstruieren. Sicher ist aber, dass Vili Viorel wenig später im Stadtteil Kesselstadt in Hanau ankommt und sieben Projektile auf seinen Wagen abgefeuert werden. 

Unzureichende Aufklärung zu Anschlag in Hanau – Kaum Informationen 

Viele Fragen sind drei Monate nach dem rassistischen Anschlag in Hanau nach wie vor unbeantwortet. Warum wurden Vilis Eltern über seinen Tod erst informiert, als sie selbst bei der Polizei vorstellig wurden? Wie lange hat es gedauert, bis die Leiche ihres Sohnes vom Tatort abtransportiert wurde? Vor allem aber: War ihr Sohn ein Held? Und wenn ja, warum redet niemand darüber? 

Die Generalbundesstaatsanwaltschaft in Karlsruhe teilt jedoch auf hr-Anfrage mit, dass man aus Rücksicht auf das laufende Verfahren zu dem Anschlag in Hanau keine Details preisgeben könne. Das ist für die Familien, die mehr über die letzten Minuten im Leben ihrer Liebsten erfahren würden, nur schwer nachvollziehbar. 

Hanau: Oberbürgermeister Kaminsky unterstützt die Opferfamilien

Auch der Oberbürgermeister von Hanau Claus Kaminsky kritisiert die Aufklärung des Terroranschlags und die Konsequenzen der Behörden und Politik scharf. Die Angehörigen der Opfer von Hanau müssen mehr unterstützt werden. „Zur Trauerbewältigung gehört auch, dass vor allem die Angehörigen der Opfer Antworten auf ihre drängendsten Fragen bekommen", so Kaminsky. 

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