Bilder entrückter Heiterkeit

Auf Palmsonntag und die Karwoche schnitt Chorleiter und Organist Tobias Landsiedel das Chor- und Orgelkonzert in der katholischen Kirche St.Katharina zu. Tragende Säulen bildeten drei Sanctus-Vertonungen aus unterschiedlichen Stilepochen.
Von GERNOT ESCHENBURG
Sehr kurz fiel die Probenphase aus, dafür umso intensiver. Etwas mehr als einen Arbeitstag benötigte das Vocalconsort Frankfurt, das facettenreiche Konzert am Abend des Palmsonntags vorzubereiten, wie Dirigent Tobias Landsiedel vor der Zugabe berichtete.
Vorzügliche Qualität
Von einem Ritt über den Bodensee ließ sich indes nicht sprechen angesichts der vorzüglichen Qualität der Vorträge unter der weiten Dachwölbung der katholischen Kirche St. Katharina. Von ein, zwei leichten Unsicherheiten abgesehen, überzeugten die acht Sängerinnen und Sänger durchweg mit klarer, schwereloser Stimmführung, präziser Deklamation der Texte, feinschraffierten Zwischentönen, sicherem Stilgefühl, optimal austariertem Stimmgewicht.
Zurück ins 16.Jahrhundert
So fühlte man sich beim Erklingen des „Sanctus“, dessen Text das Hosanna des Einzugs in Jerusalem enthält, und „Benedictus“ aus der „Missa Papae Marcelli“ von Giovanni Pierluigi da Palestrina zurückversetzt in die Mitte des 16. Jahrhunderts, als dieses Wunderwerk vokaler Mehrstimmigkeit entstand. Weich fließend, beseelt, beredt bot das Ensemble diese Ausschnitte, als lebendig durchpulste, in sich schlüssige Organismen. Auf einer Stufe standen Qualität des Werks und Qualität der Deutung. Das ließ sich schon über das erste Gesangswerk feststellen, „Sanctus“ und „Agnus Dei“ aus einer Messe des 1969 geborenen schwedischen Jazzsängers und Komponisten Patrick Rydman.
Dessen spannungsreich angeschärfte Harmonik arbeitete das Sängerensemble präzise heraus. Juwelengleich funkelten das „Ehre sei dir“ von Heinrich Schütz sowie die Johann Sebastian Bach zugeschriebene Motette „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn“. Aber auch Michael Haydns „Christus factus est“ und Giacomo Antonio Pertis „Adoramus te, Christe“ besaßen dank feinsinniger Ausleuchtung starke Strahlkraft.
Den Gesangsstücken voran ging Nikolaus Bruhns’ Präludium e-moll. Das gestaltenreiche Vorspiel im „Stylus phantasticus“ fügte Landsiedel an der Orgel zu einem spannungsvollen Kaleidoskop. Die einzelnen Abschnitte dieser quasi improvisierten Phantasie färbte er treffend aus, achtete dabei auf Durchsichtigkeit und saubere Kontur. Schön verschattet stellte der als Dirigent wie als Organist gleichermaßen kompetente Interpret den Einleitungssatz der zweiten Orgelsonate c-moll opus 65/2 von Felix Mendelssohn Bartholdy in den Raum. Die beiden nachfolgenden Abschnitte, darunter die Schlussfuge, ließ er glänzen, ohne jedoch ins vordergründig Effektvolle abzugleiten.
Seraphischer Abschluss
Seraphisch schloss das etwas über einstündige Konzert. Sowohl Gabriel Faurés leises, gleichsam innerlich jubelndes „Sanctus“ aus dem Requiem als auch die Zugabe „Denn er hat seinen Engeln befohlen“ aus dem Mendelssohn-Oratorium „Elias“ riefen bei den Zuhörern Bilder entrückter paradiesischer Heiterkeit hervor. Langer, starker Beifall für den Chor und seinen exzellenten Leiter.