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Eine neue Form des Wohnens erkunden

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Heinz Krull mit der Broschüre der Wohninitiative ?geMAINsam? vor den beiden Häusern an der Bolongarostraße, die Familien, Paaren oder Singles unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Einkommen zukünftig ein gemeinsames und solidarisches Heim sein sollen ? abgesichert in einer geeigneten Rechtsform.
Heinz Krull mit der Broschüre der Wohninitiative ?geMAINsam? vor den beiden Häusern an der Bolongarostraße, die Familien, Paaren oder Singles unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Einkommen zukünftig ein gemeinsames und solidarisches Heim sein sollen ? abgesichert in einer geeigneten Rechtsform. © Maik Reuß

Zwei oder drei Zimmer, Küche, Bad – das ist der übliche Wohnungszuschnitt. Dass es auch anders geht und man bestimmte Räume gemeinsam bewohnen kann, will die Wohninitiative „geMAINsam“ in Höchst beweisen.

Tür zu, die Welt draußen lassen. Das ist für viele eine Möglichkeit, Ruhe zu finden. Andere wiederum brauchen den Austausch mit anderen, um zu entspannen; sie schätzen große Wohnküchen, die der Mittelpunkt eines Hauses sein können. Aber mit wildfremden Menschen? Fremd sind sich Heinz Krull und seine zukünftigen Nachbarn nicht, denn ihre Initiative ist seit 2013 aktiv. Vor einem Jahr haben sie gar einen Verein gegründet, um ihr Ziel umzusetzen: die Schaffung gemeinschaftlichen Wohnens in Höchst. Dafür hat die Stadt Frankfurt ihrem gemeinschaftlichen Wohnprojekt das Vorkaufsrecht auf die Bolongarostraße 112 eingeräumt.

Der Spekulation entziehen

Eine Hausnummer, zwei Häuser: Die Liegenschaft besteht aus dem früheren „Bierbrunnen“ an der Ecke zur Kasinostraße und einem schmalen angrenzenden Haus, in dem einmal ein China-Restaurant war. Beide Häuser stammen aus dem Paket früherer Henninger-Gaststätten, mit denen ein Mannheimer Immobilienverwalter Geld machen wollte, die jetzt aber sehr heruntergekommen sind. Den „Bierbrunnen“ und das Nachbarhaus hat die halb städtische Konversions-Grundstücksentwicklungsgesellschaft (KEG) gekauft und in den Liegenschaftsfonds eingebracht, mit dem die Stadt gemeinschaftliches Wohnen fördern will.

Krull und seine Mitstreiter der Wohninitiative „geMAINsam“ haben sich mit einem Konzept um die Liegenschaft beworben – und den Zuschlag erhalten. Sie haben nun das Vorkaufsrecht, um ihre Ideen umzusetzen. Mit dem Liegenschaftsfonds sollen einzelne Liegenschaften bewusst dem Markt entzogen werden – „und der Spekulation“, sagt Planungsdezernent Mike Josef (SPD). Denn spekuliert wurde mit den Häusern, die jetzt nur noch abgerissen werden können.

Für acht bis zehn Partien

Die Initiative „geMAINsam“ will neu bauen, eben gemeinsam. Das 333 Quadratmeter große Grundstück kostet 340 000 Euro; der „Anhandgabevertrag“, quasi das Vorkaufsrecht, ist unterzeichnet. Die Initiative hat ein Exposé erstellt und damit die Vergabe-Jury überzeugt: Geplant sind eine Bruttogeschossfläche von 973 Quadratmetern (ohne Keller) mit Einzelwohnungen, sogenannten „Cluster“-Wohnungen, Gemeinschaftsräumen und einer innovativen und wirtschaftlichen Gebäudetechnik. Barrierefreies Bauen wird nicht möglich sein, aber möglichst barrierearm soll der Neubau werden. Acht bis zehn Partien können sich beteiligen. Noch suchen Krull und seine Mitstreiter nach Menschen, die sich darauf einlassen möchten.

Die Bauanfrage ist bereits genehmigt, denn die Gruppe hat schon länger über der Idee gebrütet – „was nicht heißt, dass alles in Stein gemeißelt ist“, sagt Heinz Krull. Grundsätzlich gilt: Jeder, der mitmacht, bekommt eine eigene Wohnung. Doch es werden Synergieeffekte genutzt: Geplant ist etwa eine große gemeinsame Wohnküche, was aber nicht heißt, dass in den Wohnungen nicht gekocht werden kann. Auch die gemeinschaftliche Mobilität – etwa durch Car-Sharing – ist ein Thema.

Im Erdgeschoss, anstelle der ehemaligen Gaststätte, die derzeit vom „Bunten Tisch“ genutzt wird, soll ein „halböffentlicher Raum“ entstehen: „Das ist ein Raum, in dem wir oder auch andere etwas anbieten“, sagt Krull. Nicht gemeint ist damit etwa ein ständiges Gastro-Angebot, sondern eher ein Raum für Beratungs- und kulturelle Angebote, ein „Café geMAINsam“.

Die Mitglieder der Initiative „geMAINsam“ sind derzeit zwischen 52 und 71 Jahre alt und größtenteils ehrenamtlich engagiert, etwa auch im „Bunten Tisch“ oder in der Gemeinde. Sie arbeiten als Sozialarbeiter, Theologe, als Ärztin oder als Krankenschwester. „Wir sind breit aufgestellt, aber es muss passen“, sagt Krull. Wer sich interessiert, wird zuerst ins monatliche Plenum eingeladen. Die Finanzierung wird gemeinsam gestemmt – es gilt der Solidaritätsgedanke.

Die Wohnungszuschnitte sollen variabel gestaltet werden; den Teilnehmern schwebt auch eine Loggia vor. „Alles muss mit dem Architekten und der Bauaufsicht abgestimmt werden, und es muss finanzierbar sein“, sagt Krull. Sogar ein Dachgarten zur Kasinostraße hin wäre möglich. „Wir suchen Leute, die diese Ecke spannend finden und es sich vorstellen können, wie es dort einmal aussehen kann.“

Kontakt zu „geMAINsam“:

Weitere Informationen gibt es unter im Internet.

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