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Eppstein: „Das Spektrum des Lebens begleiten“

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Eulen haben für Heike Schuffenhauer eine große Bedeutung. Eine Figur steht auch vor dem Pfarrhaus.
Eulen haben für Heike Schuffenhauer eine große Bedeutung. Eine Figur steht auch vor dem Pfarrhaus. © Fürst

Heike Schuffenhauer 30 Jahre Pfarrerin in Talkirchengemeinde - getrübter Blick voraus

Eppstein. Die Eule darf am Eingang des Pfarrhauses natürlich nicht fehlen. Ein Online-Livestream zu den Uhus auf Burg Königstein habe sie nicht nur durch den ersten Corona-Lockdown, sondern überhaupt erst auf dieses Hobby gebracht, erzählt Heike Schuffenhauer, die nun genau 30 Jahre Pfarrerin der evangelischen Talkirchengemeinde ist. Inzwischen sind sie und ihre Frau begeisterte Eulen-Freundinnen. Sogar eine Wärmebildkamera zum Aufspüren der Tiere haben sie sich angeschafft. Wenn es die Zeit erlaubt, ziehen sie außerdem los, um Steine zu sammeln. „Inzwischen sind wir steinreich“, sagt Schuffenhauer und lacht. Schon als Kind habe sie sich die Taschen damit vollgestopft.

Aus einem christlichen Elternhaus stamme sie nicht, erzählt die Pfarrerin. „Meine Eltern hatten ein eher distanziertes Verhältnis zur Kirche.“ Als zunächst Ungetaufte habe ihre Mutter als Außenseiterin gegolten. Deshalb hätten sich ihre Eltern dazu entschieden, ihre Tochter taufen zu lassen. In der Waldkapelle der Martin-Luther-Gemeinde in Dietzenbach-Steinberg besuchte sie als Kind an Heiligabend erstmals einen Gottesdienst. Besonders einschneidend sei jedoch die Konfirmandenzeit gewesen. Sie lernte Kirche und Glaube näher kennen und engagierte sich als Leiterin des Blockflötenkreises in der Kirchengemeinde. Nach ihrer Konfirmation 1976 sei sie jeden Tag dort gewesen. „Es war meine zweite Heimat“, sagt Schuffenhauer. Die Entscheidung für das Theologiestudium traf sie letztlich aufgrund einer Pro-Contra-Liste. Bis heute bereue sie ihre Studienwahl nicht. Nach dem Vikariat 1987 in der Stephanusgemeinde in Hornau folgte zwei Jahre später die Ordination zur Pfarrerin in der Kronberger Johanniskirche. Nach vier Jahren in Kronberg ging es 1993 nach Eppstein, wo sie nun ein stolzes Jubiläum hat.

Großes Vertrauen sei etwas Kostbares

Zu dieser Zeit hatte die evangelische Kirche dort keinen guten Ruf, erinnert sich Schuffenhauer. „Die Talkirche war in einem schlechten Zustand und das Pfarrhaus eine Ruine - eine einzige Baustelle“, sagt sie. Ihre Einführung musste deshalb in der katholischen Kirche erfolgen. Der Anfang in Eppstein sei demnach vor allem durch Sanierungen geprägt gewesen. Eine ihrer ersten Amtshandlungen war es damals, die Talkirche auch tagsüber zu öffnen.

Darüber hinaus versteht sich Schuffenhauer aber auch noch als Putzfrau, Hausmeisterin und vor allem Eines: Managerin. Im Laufe der Jahre seien nicht nur die Aufgaben, sondern darüber hinaus das Team und der Betrieb gewachsen. Auch die Verwaltung habe stark zugenommen. „Ich verbringe 90 Prozent meines Jobs am Computer“, schätzt sie. Gerne würde sie sich noch mehr den Menschen zuwenden, doch dafür fehle ihr schlichtweg die Zeit. Sicher arbeite sie mehr als 40 Stunden in der Woche. Es sei ein sehr fordernder Beruf, doch Schuffenhauer lebt ihn mit Freude und Hingabe. „Der größte Schatz ist es, Menschen in den unterschiedlichsten Situationen zu begegnen und so das ganze Spektrum des Lebens begleiten zu können“, sagt sie. Zudem genieße sie als Pfarrerin nach wie vor großes Vertrauen. Das sei etwas sehr Kostbares.

Schuffenhauer weiß um die aktuellen Herausforderungen und Probleme der Kirche. Die Menschen in dieser schnelllebigen Zeit noch zu erreichen, werde immer schwerer. „Es geht viel verloren“, merkt sie an. Dazu kommen immer weniger Gemeindeglieder und der Personalmangel. „Auf allen Ebenen gehen die Ressourcen zurück“, stellt sie fest. Im Dekanat Kronberg seien viele Stellen unbesetzt. In der Stephanusgemeinde Hornau, ihrer Ausbildungsstelle, leistet Schuffenhauer deshalb derzeit Vakanzvertretung - eine zusätzliche Belastung.

Mit dem 2019 angestoßenen Projekt „EKHN 2030“ versucht die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), diesen Veränderungen Rechnung zu tragen. Unter anderem sollen sich Kirchengemeinden zu sogenannten „Nachbarschaftsräumen“ zusammenschließen. „Das wird uns nicht guttun“, ist Schuffenhauer mit deutlichen Worten überzeugt. Denn so gehe die Nähe zu den Menschen verloren, und es werde für die Kirchen schwieriger, ihre eigentliche Aufgabe wahrzunehmen.

Schuffenhauer glaubt, das Berufsbild des Pfarrers werde sich verändern. Für die Zukunft stellt sie sich eine Art „Kirche auf Zeit“ vor. Es werde vor allem darum gehen, die Menschen gezielt zu begleiten und ihnen in diesen unsicheren Zeiten eine Heimat für Herz und Seele zu geben. In ihrem Traumberuf hat die 60-Jährige Höhen und Tiefen erlebt. Ein dickes Fell brauchte es in der einen oder anderen Situation auch. Doch so leicht lasse sie sich nicht unterkriegen. Zum Gottesdienst in der Talkirche am Sonntag, 4. Juni, 10 Uhr, ist jeder willkommen, um gemeinsam mit Heike Schuffenhauer ihre 30 Jahre als Pfarrerin zu feiern. phf

Die junge Pfarrerin Heike Schuffenhauer bei einer Predigt.
Die junge Pfarrerin Heike Schuffenhauer bei einer Predigt. © nietner

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