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Eppstein: Nun erforscht er die eigene Historie

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Von: Manfred Becht

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Bertold Picard an einem der Lieblingsplätze - der Burg und dem Museum.
Bertold Picard an einem der Lieblingsplätze - der Burg und dem Museum. © Hans Nietner

Eppsteins ehemaliger Stadtarchivar Bertold Picard mit 90 weiter aktiv

Eppstein. Auf die Frage, wie der Nachname richtig ausgesprochen wird, gibt es keine eindeutige Antwort. Bertold Picard selbst benutzt, wie die meisten in Eppstein, sozusagen die deutsche Aussprache, betont die erste Silbe und spricht den letzten Buchstaben aus. Seine Ehefrau Hilde beispielsweise spricht den Namen französisch aus, betont also die letzte Silbe, und der letzte Buchstabe ist nicht zu hören.

Ahnen aus Wallonien nach Hessen

Picards Worten zufolge gibt es gute Gründe für beide Varianten. Seine Vorfahren kamen vor Jahrhunderten aus Wallonien nach Hessen, auf ausdrückliche Einladung der hiesigen Territorialherren. Die Neubürger hatten mit der alten Heimat nicht viel am Hut und deutschten den Namen ein. Manche, hat Picard herausgefunden, änderten gar die Schreibweise. Auf der anderen Seite wird in Wallonien weithin Französisch gesprochen. Und nicht nur das. Die Vorfahren der dort lebenden Picards waren aus der Picardie gekommen, einer Region im Norden Frankreichs, wo ebenfalls Französisch gesprochen wird. Offensichtlich hatten sie ihre Herkunft nicht etwa vergessen machen wollen, wie ihre Nachfolger beim Umzug nach Hessen. Sondern der Name ihrer Heimatregion wurde zum Familiennamen gemacht - ob durch sie selbst oder durch andere, ist unklar.

Wie zu sehen ist: Es kann spannend sein, die eigene Familiengeschichte zu erforschen. Und das ist ein Teil dessen, womit sich Eppsteins ehemaliger Stadtarchivar Bertold Picard derzeit beschäftigt. Klar, dass dieses Thema auch bei den jüngsten Feierlichkeiten zur Sprache kam, vor allem in der Familie. Picard hat jetzt seinen 90. Geburtstag gefeiert.

Immer habe er sich neben und nach der Berufstätigkeit um die Ortsgeschichte gekümmert, sagt Picard. Der Blick auf die Historie der eigenen Familie sei dabei etwas zu kurz gekommen, dies hole er jetzt nach. Fertig geworden ist er damit noch nicht, aber die Frage ist natürlich, was sich noch recherchieren lässt. Zurück bis ins 17. Jahrhundert ist er gekommen, und für viele Familienforscher war in dieser Phase Schluss. Denn ein großer Teil der Unterlagen, ist im Laufe des 30-jährigen Krieges verloren gegangen.

Veröffentlichen wird Picard die Ergebnisse der Familienforschung nicht, sondern sie nur den Verwandten zur Verfügung stellen. Dass es trotzdem viele Veröffentlichungen von Picard zur Eppsteiner Geschichte gibt, das wissen die Eppsteiner. Ein umfangreiches Buch dazu aus dem Jahr 1968 kann immer noch als das Standardwerk zur Ortsgeschichte gelten, dazu kommen zahllose weitere Veröffentlichungen. Seine Aufsätze im jährlich erscheinenden Main-Taunus-Jahrbuch gehören stets zu den lesenswertesten Beiträgen dort.

„Nicht das Hobby zum Beruf machen“

Für örtliche Geschichte interessiert er sich seit seiner Jugend. Aufgewachsen ist er in Groß-Auheim bei Hanau, die historischen Zeugnisse dort weckten sein Interesse an der Vergangenheit. 1963 zog er mit seiner Familie nach Eppstein. „Die Stadt hatte viel Geschichte und einen Bahnanschluss“, sagt Picard. Den Zug brauchte er für seinen Weg zum Arbeitsplatz, der Deutschen Bibliothek in Frankfurt. Mit Geschichte habe der Job dort gar nichts zu tun gehabt, und das sei auch seine Absicht so gewesen. „Ich wollte nicht das Hobby zum Beruf machen.“

Dafür konnte er sein Hobby in Eppstein gut ausleben, war er als promovierter Historiker und Archivar doch gut in der Lage und bereit, das Stadtarchiv zu ordnen. Dabei sortierte und erschloss er die Unterlagen nicht nur, sondern stieg in die örtliche Geschichtsforschung ein. Neben seiner Nachfolgerin im Stadtarchiv, Monika Rohde-Reith, ist er nach wie vor derjenige, der angesprochen wird, wenn es um die Eppsteiner Historie geht.

Die sich gleich zu Anfang schon entwickelte Verbundenheit zur Burgstadt blieb bestehen, als die Picards 1969 wieder nach Hanau zogen. Ehefrau Hilde engagierte sich weiter im Eppsteiner Vereinsleben, die Kinder des Paares halfen beim Burgfest mit. Klar, dass Picard später seine Enkel mit auf die Burg nahm, dem Kristallisationspunkt der Eppsteiner Geschichte schlechthin.

Seit 2005 wohnen die Picards wieder in Eppstein, in einem kleinen Fachwerkhaus in der Altstadt. Diesem Gebäude und einem weiteren in der Altstadt widmet Picard seine aktuellen Forschungen. Mehr darüber wird man in absehbarer Zeit lesen können, denn die Geschichte dieser beiden Häuser wird auch veröffentlicht.

Picard mit dem Burgmodell.
Picard mit dem Burgmodell. © Hans Nietner

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