Vockenhausen: Eis-Qualität beim Italiener, Briefmarken und Schuhe im Kiosk

Eppsteiner Unternehmen müssen kreativ und beharrlich sein
Vockenhausen. Die Kioskbesitzerin Gülnaz Can und Frederica Vincenti vom benachbarten Eiscafé „Del Corso“ sorgen für Leben in der Ortsmitte. Beide Unternehmerinnen gehören seit Jahrzehnten zu den heimischen Anbietern. Bei Vincenti ist das Eis beliebt. Sie erklärt beim Besuch von Vertretern der Industrie- und Handelskammer (IHK), der Stadt und des Gewerbevereins IHH, dass zu ihr die Kunden zum Glück immer noch gerne kommen. Auch wenn sie für ein Bällchen mittlerweile 1,60 Euro nehmen müsse. Inflation und hohe Energiekosten gehen ziehen an diesem Geschäft nicht spurlos vorbei. Doch die Eppsteiner schätzen ihr kleines, heimeliges Café. Das Eis lobt auch Bürgermeister Alexander Simon.
IHK wirbt für Aktion „Heimatshoppen“
Vor dem Kiosk Can und dem Eiscafé „Del Corso“ ist der Auflauf an diesem Mittag groß. Bürgermeister Simon, Erste Stadträtin Sabine Bergold, IHH-Chef Markus Rösmann und Ulrich Caspar, Präsident der IHK Frankfurt mit seinem Team, sind gekommen. Sie stellen die Aktion „Heimatshoppen“ vor. Ziel ist es, einen Blick auf die hiesige Einzelhandels- und Gewerbe-Welt zu werfen und für den Einkauf vor Ort zu werben. Denn wer regional kaufe, handele nachhaltig, so ein Credo. Das ist mit kurzen Wegen verbunden. Ein wesentliches Pfund für regionale Anbieter ob der hohen Spritpreise. Zudem punkten die Geschäftsleute mit Beratung. Produkte können gesehen, befühlt und oft ausprobiert werden. Dennoch: Der Internethandel boomt. Um gegenzusteuern, hat sich die IHK mit ihrer Aktion „Heimatshoppen“ eingeschaltet.
Can hat das Angebot ihres Geschäfts im Laufe der Jahre immer wieder erweitert. Längst hat sie nicht mehr nur die Postfiliale mit Lottoannahmestelle. Das sei zwar hier Hauptkundenbringer, berichtet sie. Aber auf 200 Quadratmetern Ladenfläche hat sie auch Kleider, Modeschmuck, ein paar Schuhe in gängigen Größen, eine Schneiderei und eine Reinigung.
„Wie laufen Ihre Geschäfte?“, wollen Bürgermeister und IHK-Präsident wissen. Klagen wolle sie nicht direkt, so Can. Doch es könnte besser laufen. Die Waren verkaufen sich nicht mehr so einfach und bleiben im Laden hängen. Warum? Die Kioskbetreiberin ist seit 28 Jahren Geschäftsfrau in Vockenhausen. Sie und ihr Mann Murad ziehen Vergleiche zu früher: „Der Onlinehandel setzt uns zu. Auch die Onlinefrankierungen helfen uns nicht“, sagt an. Denn gerade Letzteres führe dazu, dass die Verweildauer im Laden immer weiter sinke und es so weniger Impulskäufe gebe. Dass die IHK mit der Aktion die Medien anlockt und die Geschäfte wieder ins Zentrum rückt, loben die Geschäftsfrauen. IHK-Chef Caspar betont bei jedem Termin, wie wichtig der Einkauf an Ort und Stelle sei - und dass letztlich für Bürger darüber entscheiden, ob die Läden eine Zukunft haben.
Gute Nachrichten für Vockenhausen haben auch Bürgermeister Simon und Erste Stadträtin Bergold. Sie berichten, dass das China-Restaurant „Peking“ und der Getränkefachmarkt „Alldrink“ in direkter Nachbarschaft nun doch in Vockenhausen bleiben. Beide Geschäftsinhaber haben einen neuen, auf weitere fünf Jahre ausgelegten Mietvertrag unterzeichnet. Nach einem Eigentümerwechsel gab es zunächst Unklarheiten über die Zukunft. Die Stadtentwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft schaltete sich ein. Geschäftsführerin Sibylle Yaakov und Bürgermeister Simon führten Gespräche und vermittelten. „Wir sind froh und dankbar, dass die Betriebe in der Hauptstraße in Vockenhausen bleiben“, betont die Stadt.
Interesse an Projekt, Freude über Nachbarn
Im Kiosk und im Eiscafé ist die Freude über diese Nachricht groß. Die Geschäftsleute kennen sich, sind aufeinander angewiesen, bringen sie sich doch auch gegenseitig Kundschaft. Sorgen, dass sie ihre Mieten mal nicht mehr bezahlen können, haben die Cans und Vincenti schon. Doch sie haben kleine Ideen: Can hat vor ihrem Kiosk einen Bistrotisch stehen. Der sei ein Anreiz für die, die eine kurze Kaffeepause einlegen wollen. Die Wahrscheinlichkeit, eine Zeitung oder Süßigkeit zum Kaffee zu kaufen, steige so, sagt Can. Und nebenbei entdecke der Kunde die anderen Waren.
Vincenti lädt dann alle ein. Das Ambiente eines typischen Eissalons gibt es eben nur beim Italiener vor Ort. Und Familie Can, die türkische Wurzeln hat, ist positiv eingestellt. Sie sprechen die Projektplanung für den Parkplatz am Rathaus I an. Hier soll ein Wohn- und Geschäftskomplex entstehen. „Wenn es so weit ist, würden wir gerne dorthin umziehen“, sagen sie. Also aufgeben? Niemals!