Stefan Trauth betreibt eine rollende Fahrrad-Werkstatt
Ein ungewöhnliches Geschäftsmodell: Der Biketempel-Bus bringt den mobilen Fahrradladen im festen Wochenrhythmus an verschiedene Orte.
Der orangefarben lackierte, frühere Linienbus fällt auf, von weitem schon. Neugierige nähern sich, manche fragen dann auch direkt mal nach, was dort geschieht. Das ist eigentlich schnell erklärt, denn das ungewöhnliche Gefährt entpuppt sich beim näheren Hinsehen als mobiler Fahrradladen. Geschäftsführer Stefan Trauth erklärt: „Früher hatten wir ja mit ,Biketempel’ einen stationären Laden in Eschborn, nun aber sind wir mit dem Bus viel flexibler und noch näher an unseren Kunden dran.“ Ende 2014 hatte er das Fahrzeug um- und ausgebaut und als rollende Reparaturwerkstatt getestet. Mit Erfolg, denn schnell stieg die Nachfrage, gerade in den Gewerbegebieten, und so war das Mann-Bus-Team 2015 schon an zweieinhalb Tagen pro Woche im Einsatz. Seit diesem Jahr ist der Bus für jeden Werktag fest gebucht, im Mai neu hinzugekommen ist der Standort auf dem Festplatz in Eschborn, immer freitags von 9.30 bis 18.30 Uhr.
In der Mittagspause
„Hier an der Hauptstraße fahren halt dank des gut ausgebauten Radwegs viele mit dem Fahrrad vorbei, außerdem sind rundherum einige größere Firmen ansässig, deren Mitarbeiter mit dem Rad ins Büro kommen und ihre Mittagspause hier im Grünen verbringen“, beschreibt Trauth die Lage. „Wir brauchen den Bus nur parken, und keine zehn Minuten später steht der erste Kunde da, um seine Bremse oder was auch immer reparieren zu lassen.“ Dass die Resonanz auf den neuen, zusätzlichen Standort so groß sein würde, hat ihn gar nicht überrascht: „Der Bedarf ist ja da, daher war schnell klar, dass hier in Eschborn noch ein zweiter Tag funktioniert. Donnerstags sind wir ja bereits in der Mergenthaler Allee, gegenüber der Börse, und da können wir auch nicht gerade über Langeweile klagen.“
Das Angebot des Busses gleicht dem eines stationären Fahrradladens: Verkauf von Neurädern jeglicher Art, also auch E-Bikes oder Lastenräder, sowie Zubehör und Ersatzteilen, daneben Wartung, Reparatur und Service. „Außerdem gibt es bei uns ,Bikefitting’ und Ergonomieberatung, und die Kunden erhalten eine Mobilitätsgarantie. Darüber hinaus betreiben wir auch Fahrradleasing und vermieten E-Bikes an Einzelpersonen oder Gruppen“, ergänzt Trauth. „Dazu kommt noch ein kostenloser Hol- und Bring-Service, und für gewerbliche Kunden bieten wir auch Vor-Ort-Reparaturen.“ Firmen wie „techem“ vereinbaren beispielsweise im Rahmen von Mobilitäts- oder Gesundheitstagen gewisse Kooperationen zugunsten ihrer Mitarbeiter. „Das Thema Fahrrad spielt ja bei den meisten eine große Rolle, und da sind wir oft mit eingebunden, da wir ja auch relativ einzigartig vom Leistungsangebot sind.“ Gerade läuft – bereits zum dritten Mal – eine Ein-Tages-Aktion mit der „Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit“ (giz), so dass Mitarbeiter bei Fahrradreparaturen nur die Ersatzteile zahlen müssen, das Unternehmen aber die Arbeitszeit der Biketempel-Experten übernimmt. „Das kommt bei allen sehr gut an, zumal die einen großen Anteil an Radfahrern haben und viele Praktikanten mit schmalem Geldbeutel, die das gerne nutzen, um ein paar Euro zu sparen.“
Bis zum Feierabend
Letzteres freut auch Edgar Köpsell aus Niederhöchstadt, der seit 37 Jahren bei der giz arbeitet: „An meinem Fahrrad war die Klingel kaputt und am Tacho musste etwas neu fixiert werden, daher habe ich es heute Morgen direkt hergebracht, nachdem ich vor zwei Wochen in der Firma las, dass heute diese Aktion stattfindet. Die machen hier ja eine gute Arbeit, ich kenne die schon seit längerer Zeit.“ Später will er sein Rad noch vom ADFC codieren lassen. „Wir helfen Menschen, Zeit zu sparen, und geben ihnen ein Stück Bequemlichkeit, denn nicht jeder hat heute ein Auto, mit dem er ein defektes Fahrrad zum Händler bringen kann. Daher bieten wir unseren Service auch außerhalb normaler Öffnungszeiten an. Wir sind einfach näher dran – und immer dort, wo der Kunde beziehungsweise sein Rad uns braucht“, bekräftigt Trauth. In der Regel werden die Fahrräder taggleich repariert, also alle Räder, die morgens gebracht werden, können nach Feierabend wieder abgeholt werden, damit alle Kunden damit auch wieder nach Hause kommen. Andernfalls können wir auch ein Rad ausleihen.“ Maximal 35 bis 40 Fahrräder kann das Team – neben Stefan Trauth gehören Jörg Harrman und Florian Reus, international erfolgreicher Ultraläufer, dazu – pro Tag reparieren, „aber das ist dann schon sehr sportlich. Generell richten wir uns aber natürlich nach den Bedürfnissen der Kunden. Wer zum Beispiel eine Halbtagsstelle hat und früher weg muss, bekommt sein Rad auch entsprechend zeitiger fertiggestellt.“