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Farbleitsystem an Schulen macht die Orientierung leichter

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Wo ist das Lehrerzimmer? Wo die Aula? Gerade in Notfällen müssen sich Rettungskräfte, Feuerwehrleute und Polizei schnell orientieren können. Nach dem Amoklauf von Winnenden wurde 2009 das Farbleitsystem erfunden. An vier Schulen wurde es jetzt von Sicherheitsfachleuten überprüft.

Donnerstag, 13.20 Uhr: In der kleinen Bücherei der Anne-Frank-Schule in Kelkheim-Münster hat es sich von Polizeidirektor Peter Liebeck über den Leiter des Amtes für Rettungswesen und Brandschutz, Andreas Koppe, bis zum Geschäftsführer des Präventionsrates des Main-Taunus-Kreises, Peter Nicolay, ein halbes Dutzend hochdekorierter Sicherheitsexperten zum Mittagessen gemütlich gemacht. Den ganzen Vormittag sind sie in wechselnden Besetzungen unter der Führung von Jürgen Moog, dem ehemaligen Leiter der Polizeidirektion Main-Taunus (bis 2015) und heutigem Chef des Arbeitskreises Sicherheit an Schulen durch den Kreis gereist, um an drei Grundschulen und einer Schule mit Förderschwerpunkt Lernen das dort installierte Farbleitsystem (FLS) auf Vollständigkeit und Stimmigkeit zu überprüfen.

Schnelle Umsetzung

Da tun ein Pott Kaffee und belegte Brötchen gut, auch wenn Jürgen Moog einmal mehr mit seiner anschaulichen Art, Dinge beim Namen zu nennen, dafür sorgt, dass beim ungeschulten Personal der Bissen irgendwie spätestens bei der Schilderung des Amoklaufs von Winnenden am 11. März 2009 im Halse stecken bleibt. Die Erinnerung an den 17-jährigen Tim K., der 15 andere Menschen und zuletzt sich selbst tötete, schockiert und unterstreicht zugleich die Notwendigkeit des Farbleitsystems, das Moog und Nicolay im Sommer 2009 in nur wenigen Monaten umsetzen konnten. Ein bravuröser Parforceritt, der heute Nachahmer in der gesamten Republik und selbst in den USA findet.

Aus gutem Grund: Das Credo aller Sicherheitskräfte damals wie heute lautet: „Man muss solche Szenarien durchspielen, nicht verdrängen. Vor allem weil Vertrauen in einer Stresssituation hilft, Panik zu vermeiden“, sagt Jürgen Moog. Wie entscheidend das System für die Rettungs- und Einsatzkräfte im Notfall sein könnte, hat vor wenigen Wochen die Rettungsdienstübung an der Konrad-Adenauer-Berufsschule in Kriftel gezeigt. 250 Einsatzkräfte konnten sich dank des Farbleitsystems sehr zielorientiert im Bereich der Schule bewegen.

Natürlich: „Anfänglich gab es schon den einen oder anderen aus dem Schulbetrieb, der uns nicht mit offenen Armen empfangen hat. Aber inzwischen sind mit Ausnahme von ein paar Schulen, die noch folgen werden, alle mit dem System ausgestattet. Vielfach haben wir während des Prozesses auch auf Lücken bei den Planungen – etwa doppelt belegte Räume – hinweisen können und so zusätzlich für Verständnis gesorgt“, deutet Moog auf ein kleines Schildchen im unteren Bereich einer Tür. „Da ist sogar die Raumnummer, die im Bauplan vermerkt ist, festgehalten. Falls es nötig ist, sich anhand der Pläne ein Bild über eventuelle Installationen zu machen.“

Worin die größten Probleme bei der Ausgestaltung des Farbleitsystems lagen und liegen, beantwortet Designer Dejan Pavlovic, der für die Umsetzung zuständig ist: „Schulen, besonders Grundschulen, sind bunt und sollen ja auch nicht mit einer grauen Fassade daherkommen. Da war es nicht so leicht, ein klares Farbleitsystem umzusetzen“, unterstreicht er, dass nur die Farben der sogenannten Laschen, die alle Türen zieren, zählen.

Allerdings hat der Arbeitskreis auch erkannt, dass es Fälle gibt, „bei denen man sich farblich auch verbiegen muss“, ergänzt Jürgen Moog. Er weiß: „Das System wird ständig modifiziert und wird beispielsweise heute bei Schulneubauten integriert. Viel entscheidender war es beispielsweise, die an allen Eingangsbereichen aufgestellten Gesamtpläne immer in Laufrichtung anzulegen. „Man kann nicht verlangen, dass sich die Einsatzkräfte die Schule erst einmal im Kopf zurechtdrehen“, so Moog.

Gut vorbereitet

Wichtig ist die Abnahme nicht nur für die Sicherheitskräfte. Beispiel Max-von-Gagern-Schule in Kelkheim-Hornau: Dort nehmen Schulleiterin Christine Hartmüller-Scheibe, Schulbetreuerin Heike Philipp-Schmitt und die Sicherheitsbeauftragte Lisa Neubehler an der Abnahme teil. Aus gutem Grund: „Wir nutzen ja die schulischen Räume und sind nachmittags meist ganz allein, da ist es wichtig, das System zu kennen“, sagt Heike Philipp-Schmitt. Und Lisa Neubehler, die erst vor Kurzen als Sicherheitsbeauftragte ausgeguckt wurde, ist ebenfalls dankbar für die „höchst professionelle“ Unterstützung: „Natürlich will man ein Schreckensszenario nie erleben, aber es ist gut, auf alle möglichen Dinge vorbereitet zu sein. Von der Farbkodierung bis zu den ausgewiesenen Aufstellflächen.“

Stichwort Entwicklung: Inzwischen ist das Leitsystem auch für die Gestaltung von Raumplänen interessant. Moog: „Das FLS sorgt für ein sicheres und schnelles Finden eines Raumes. Das funktioniert natürlich nicht nur im Notfall.“

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