Fischbacher finanzieren zwei Blitzer auf eigene Kosten
4300 Euro haben die Anwohner an der Kelkheimer Straße gesammelt und sich zwei Geschwindigkeitsmessanlagen gekauft. Eigentlich ist das Aufgabe der Stadt, monieren manche Nachbarn.
Für einen Moment hat der Brummi freie Bahn. Das nutzt er gerne aus – erntet dafür aber ein rotes, trauriges Gesicht. Hat der Fahrer aufgepasst, hat er seinen Fehler gesehen: Hier auf der Kelkheimer Straße gilt Tempo 30 – und die neue Messanzeige zeigt ihm mit seiner Geschwindigkeit und einem Gesicht an, ob er sich daran gehalten hat. Passt es, lächelt der Kopf grün – ist der Fahrer zu schnell, gibt es einen hochroten, traurigen Beweis.
„Da zeigt sich genau das Dilemma. Diese Lkw nehmen immer mehr zu“, sagt Anwohner Volker Landau. Es ist kurz nach 18 Uhr, die Autos schieben sich im Feierabendverkehr wieder die Kelkheimer Straße entlang. Wie an jedem Wochentag, täglich sind es rund 20 000 Fahrzeuge. Ein beachtliche Zahl, findet Nachbarin Heike Campana und macht einen Vergleich auf: Die Schiersteiner Brücke passieren nach ihren Informationen täglich 80 000 Autos. „Da stimmt doch die Relation nicht“, findet sie mit Blick auf die vergleichsweise hohe Zahl im kleinen Fischbach.
Und deshalb haben die Anwohner schon einige Zeit mobil gemacht. Am liebsten möchten sie einen Großteil des Verkehrs hier verbannen und wünschen sich eine Umgehungsstraße – die jetzt per Machbarkeitsstudie geprüft werden soll. Doch sie ärgern sich auch über die vielen Raser. Die Einführung von Tempo 30 habe aber schon etwas gebracht.
Verlässliche Zahlen
Doch das reicht den Nachbarn keinesfalls. Deshalb haben sie selbst die Initiative ergriffen und Geld gesammelt. Knapp 2500 Euro sind zusammengekommen, mit denen die Stadt die beiden neuen Tempomessgeräte für 4300 Euro gekauft und jetzt installiert hat. Ein tolles bürgerschaftliches Engagement, findet Kündiger (siehe Info). Und auch die Bewohner sind mit dem Ergebnis zufrieden: Die Kontrollgeräte seien schon sehr gut, finden sie. Wer sich ans Tempolimit halte, der bekomme mit dem grünen Smiley auch eine „Belohnung“, betont Heike Campana. Sehr gut findet sie auch, dass die Geräte nun verlässliche Zahlen liefern, wie viele Fahrzeuge hier täglich entlang rollen. Ihr Mann Vincenzo ist wegen der Zurückhaltung der Stadt trotzdem verstimmt: „Unglaublich, dass die Bürger hier für Sicherheit sorgen müssen.“
Es muss weh tun
Was Volker Landau „kolossal“ ärgert: Für den Haushalt 2018 sind 20 000 Euro für weitere Messanzeigen in der Stadt beantragt. Und an der Kelkheimer Straße mussten erst die Bürger aktiv werden und sogar zahlen. Im Idealfall müssten die Nachbarn ihr Geld nun zurückbekommen, findet er. Landau hält die Anzeigen zwar ebenfalls für gut – doch das reiche bei weitem nicht aus. „Wir fordern, das Ganze weiter zu begleiten mit Blitzaktionen der Stadt.“ In diesem Jahr sei weniger als ein halbes Dutzend Mal hier geblitzt worden, weiß Landau, in dessen Hof die Anlage meist steht. „Hier muss jede Woche ein Mal der Blitzer hin. Bis die Leute merken, es tut weh.“ Mit den Einnahmen aus den Bußgeldern könne sich die Stadt „drei Blitzer leisten“. Vorerst ist das eine feste Blitzgerät eingetroffen, nach der Schulung und Freigabe soll es ab 2018 eingesetzt werden, so Kündiger. Der Vertrag mit einem externen Unternehmen läuft dann aus. Die Nachbarn fordern aber einen festen Blitzer – so wie an der B 455 in Eppstein und der Limesspange in Liederbach. Dem erteilt aber der Rathauschef derzeit eine Absage.
Gerade außerhalb der Stoßzeiten werde hier gerast, weiß Ingrid Flaig. Ihr Vorschlag: An der Kreuzung zur Spessartstraße einen Kreisel bauen, der bremse den Verkehr auf dem Weg in den Weg schon mal etwas ab. „Von den Motorrädern nachts, da werden sie wach“, ergänzt Ingrid Look. Und bei den Lkw da „wackeln die Sachen im Schrank“. Sie wünscht sich: „Man muss am Ball bleiben.“ Das macht die Initiative um Heike Campana und Volker Landau seit einigen Monaten. Als sie ihre fast 100 Unterschriften sammelten, da hätten sie bei den Anwohnern schon ein bisschen Resignation gespürt. Nun seien die Tempogeräte „ein Anfang, denn wir wollen nicht nur nörgeln“. So zaubert der grüne Smiley hier und da ein Lächeln ins Gesicht der Nachbarn in Fischbach.