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Flächenfraß: Jährlich noch 584 Fußballfelder

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Auf den Äckern jenseits der Zubringerstraße zur A 66 soll das zehn Hektar große neue Diedenberger Gewerbegebiet entstehen. Auch dieses Vorhaben ist nicht unumstritten, weil wertvolle landwirtschaftliche Flächen dafür geopfert werden sollen.
Auf den Äckern jenseits der Zubringerstraße zur A 66 soll das zehn Hektar große neue Diedenberger Gewerbegebiet entstehen. Auch dieses Vorhaben ist nicht unumstritten, weil wertvolle landwirtschaftliche Flächen dafür geopfert werden sollen. © kajo

Landverbrauch für Wohn- und Gewerbegebiete in Rhein-Main hat sich trotzdem fast halbiert.

Wer durch Hattersheim fährt, für den wird es besonders augenfällig: Es gibt ihn sehr wohl, den Wohnungsbau im Main-Taunus-Kreis. Und nicht nur hier, sondern an vielen Stellen im MTK und in der gesamten Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main. Der Regionalverband lässt jetzt wissen, dass zwischen 2017 und 2021 durchschnittlich 22 300 Wohnungen pro Jahr neu gebaut worden sind, in diesem Fünfjahreszeitraum also insgesamt 111 500 Wohnungen.

Einige stehen sogar leer. In Hofheim gibt es derzeit ein paar Mietangebote, deren Preis so hoch ist, dass er kaum noch Akzeptanz am Markt findet. Viele würden sich im Main-Taunus-Kreis auch gern Eigentum kaufen, doch das nötige Geld dafür verdienen längst nicht alle Menschen, die heute hier leben. Im Grunde für alle das Problem: Die Preise für Grund und Boden im begehrten Vordertaunus sind längst davongelaufen. Selbst Wohnungsbaugesellschaften können zusätzlichen preisgünstigen Wohnraum allenfalls noch auf eigenen Grundstücken schaffen.

Der Traum vom Eigenheim platzt

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine verschärft sich die Lage weiter, denn die Inflation und ihre Folgen wie höhere Löhne, immer neue Vorschriften für Baustandards und die weiter steigenden Zinsen lassen reihenweise Eigenheimträume platzen. Hinzu kommt noch, dass der Klimawandel und der Wunsch, sich verstärkt mit regional erzeugten Produkten zu ernähren, zunehmend mehr Menschen fragen lässt, ob es gut ist, immer noch mehr Flächen zu versiegeln und als Kommunen immer weiter zu wachsen, mit all den auch negativen Folgen. Nicht nur in Hofheim kennt man diesen Konflikt - Stichwort Vorderheide oder Römerwiesen.

Der Regionalverband, unter anderem zuständig für die Aufstellung des Flächennutzungsplans, beobachtet die Gesamtentwicklung mit Sorge. „Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum in der Region“, sagt Rouven Kötter (SPD), Erster Beigeordneter des Regionalverbands. Mit Blick auf bundesweit sinkende Zahlen für Baugenehmigungen sei es „weiterhin wichtig, in moderatem Umfang erschwingliche Bauflächen auszuweisen“. Hier sehe der Regionalverband „insbesondere in den Siedlungsbereichen entlang der Schienenstrecken“ Entwicklungsmöglichkeiten.

Der MTK dürfte kaum gemeint sein, denn „erschwingliche Bauflächen“ gibt es hier selbst direkt an Bahngleisen nicht (mehr). Die Preise jedenfalls für die Wohnungen, die auf dem ehemaligen Raiffeisen-Gelände am Krifteler Bahnhof entstanden sind, waren keine für kleinere Geldbeutel. Und dass auf dem Gelände von Polar Mohr in Hofheim günstiger Wohnraum entstehen wird, glaubt so recht auch niemand.

Aufstockungen und Anbauten

Bleibt der zweite Tipp des Ersten Beigeordneten. Er lautet, „Innenentwicklungspotenziale zu nutzen - durch Aufstockungen und Anbauten bestehender Wohngebäude sowie durch Neustrukturierung beispielsweise nach Abriss - und nicht zuletzt durch moderate Dichteerhöhung bei der Bebauung“. Ein Rezept, das Bauträger längst verfolgen, das aber auch nicht nur Fans hat. Eine Folge der Gesamtentwicklung: Der Flächenfraß in der Metropolregion war laut Regionalverband zuletzt nicht mehr ganz so groß, wie er schon einmal war. „Der tägliche Flächenverbrauch von 3,1 Hektar Siedlungs- und Verkehrsfläche in den Jahren 2012 bis 2016 konnte zwischen 2017 und 2021 auf 1,6 Hektar beinahe halbiert werden“, lässt Kötter wissen. Fürs bessere Vorstellungsvermögen: Das sind jedes Jahr statt 1131,5 jetzt nur noch 584 Fußballfelder. Und das ist nicht zuletzt so, weil es schwieriger geworden ist, neue Bau- und Gewerbegebiete und neue Straßen überhaupt durch- und umzusetzen.

Mit Blick auf letztere mahnt Kötter, „um die Stellung von Industrie und Gewerbe zu festigen“, sei es wichtig, „die vorhandenen Industrie- und Gewerbeflächen einer gewerblichen Nutzung vorzubehalten“. Sie könnten aufgewertet werden, „indem hier Flächenpotenziale für erweiterungs- oder ansiedlungswillige Betriebe aktiviert werden“.

Entwicklungsflächen seien zudem „notwendig, um die regionalen Unternehmen - insbesondere kleine und mittlere - zu halten und ihre Zukunft sicherstellen zu können“, sagt der Sozialdemokrat. Eine Argumentation, die auch Hofheims Bürgermeister Christian Vogt (CDU) teilt, der ja beim Regionalverband Zustimmung für die Pläne der Stadt erreichen will, in Diedenbergen ein neues Gewerbegebiet genau zu diesem Zweck zu erschließen.

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