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Damit kein Essen weggeworfen wird

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Pia Würzburger (vorne links) und die fleißigen Teilnehmer des Kochangebots lassen sich ihre nachhaltigen Gerichte schmecken.
Pia Würzburger (vorne links) und die fleißigen Teilnehmer des Kochangebots lassen sich ihre nachhaltigen Gerichte schmecken. © Sascha Kröner

Im Naturschutzhaus Weilbach zeigen die Lebensmittelretter, dass Nahrung nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch lange nicht in die Mülltonne wandern muss.

Weilbach - Grünkernbratlinge, gefüllte Eier, Gnocchi mit Gemüsesoße und jede Menge Nachtisch - die üppige Tafel im Seminarraum des Weilbacher Naturschutzhauses ließ sich kaum auf einen Blick erfassen. All die lecker duftenden Gerichte, die sich über mehrere Tische erstreckten, hatten die 18 Teilnehmer eines Kochprojektes in rund 90 Minuten zubereitet. Besonders war jedoch nicht die kulinarische Kooperation, sondern die Herkunft der Zutaten. In den Ecken des Seminarraums türmten sich Berge von Lebensmitteln auf, für die die Köche keinen Cent bezahlt hatten. Alles, was an diesem Abend auf den Teller kam, wäre ohne den Einsatz von Lebensmittelrettern im Müll gelandet.

Die Initiative Foodsharing Main-Taunus richtete das nachhaltige Kochprojekt im Naturschutzhaus aus. Bei allen Zutaten handelte es sich um abgelaufene Produkte, die die ehrenamtlichen Botschafterinnen Pia Würzburger, Svea Braak und Janina Franz teilweise noch am selben Tag bei Supermärkten abgeholt hatten. Dabei kam weit mehr zusammen, als die Teilnehmer in Weilbach an einem Abend verarbeiten konnten. Steigen voller Paprika und Bananen, Berge an Salat und 300 Eier warteten auf die Küchenhelfer. Die Lebensmittelretter hatten sich ganz bewusst nicht zurückgehalten. „Wir wollen den Überschuss zeigen“, erklärte Würzburger. Das Kochprojekt mit geretteten Lebensmitteln fand bereits zum zweiten Mal im Naturschutzhaus statt.

Bisher mehr als 645.000 Kilogramm Lebensmittel gerettet

Unter den Teilnehmern waren auch die Kelkheimer Heike und Walter Mader, die keine Berührungsängste mit abgelaufenem Essen haben. Die Eheleute berichteten, dass sie sich in der Foodsharing-Gruppe Kelkheim /Liederbach engagieren. Seither kochen sie auch zu Hause nachhaltig. „Es schmeckt immer gut“, erklärte Walter Mader. Das Paar war über den Tausch von Tomatensamen bei Facebook auf Foodsharing aufmerksam geworden. „Es setzt halt voraus, dass man das isst, was gerade gerettet wurde“, erläuterte Heike Mader, die in Weilbach eine Soße aus Tomaten, Paprika, Auberginen und Knoblauch kochte, während ihr Mann Gnocchi briet.

Dass kein Essen weggeworfen wird, habe sie schon seit ihrer Kindheit gelernt, berichtete die Kelkheimerin. Dabei müsse man manchmal flexibel sein, ergänzt ihr Mann. Rezepte könne man heutzutage ja spontan im Internet finden. An einer Kochaktion mit gerettetem Essen nahmen beide zum ersten Mal teil. „Wir waren neugierig, wie das abgeht“, sagte Walter Mader.

Naturschutzhaus-Mitarbeiterin Meike Küster freute sich derweil, dass die Küchengeräte der Bildungseinrichtung genutzt wurden. „Wir brauchen das nicht oft“, erklärte die Verantwortliche. Sonst werde nur bei Festen oder seltenen Kursen im Haus gekocht. Die ungenutzten Zutaten der Lebensmittelretter wurden nach dem Kochen übrigens nicht weggeworfen. Im Anschluss an das gemeinsame Essen verteilten die Foodsharing-Botschafterinnen alles, was noch übrig war, auf die Teilnehmer. Bei rund 30.000 Rettungseinsätzen im Main-Taunus-Kreis haben die Foodsharer bisher über 645.000 Kilogramm Lebensmittel gerettet.

Ehrenamtliche lassen Tafeln den Vortritt

Die Initiative zählt über 196 Mitglieder im Kreis und kooperiert mit 57 Betrieben. Vor neun Jahren habe alles mit einer Handvoll Foodsaver begonnen, erinnert sich Würzburger. „Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass trotz steigender Preise immer noch viele Lebensmittel weggeworfen werden“, erklärt die Initiatorin. Der Trend zeige leicht nach unten. Dies liege aber nicht daran, dass weniger Lebensmittel übrig bleiben, sondern daran, dass der Bedarf der Tafeln zugenommen habe. Würzburger betont, dass die Lebensmittelretter den Tafeln stets den Vortritt lassen.

Die Botschafterinnen suchen weitere Küchen im Kreis, in denen sie Aktionen wie im Naturschutzhaus wiederholen können. Wenn die Ehrenamtler nicht kochen, bestücken sie öffentliche Lebensmittelschränke - sogenannte „Fairteiler“ - mit abgelaufenen Produkten. Die erste dieser Abholstationen wurde in den vergangenen Jahren in Flörsheim vor dem Galluszentrum eingerichtet. Es folgten Langenhain, Hofheim, Hochheim und Kriftel. Derzeit würden Gespräche über einen „Fairteiler“ in Eschborn geführt, sagt Würzburger. (sas)

Bei Heike und Walter Mader kommen schon länger gerettete Lebensmittel auf den Tisch.
Bei Heike und Walter Mader kommen schon länger gerettete Lebensmittel auf den Tisch. © Sascha Kröner

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